Die Generation Y ist anspruchsvoll
Hervorragend ausgebildet und im sicheren Bewusstsein, begehrt zu sein, stellt die junge Generation hohe Forderungen an die Arbeitgeber. Vor allem das Interesse an Freizeit wächst. Vor ein paar Jahren noch hätten sich junge Bewerber damit aus der Karriere gekickt.
Die „Generation Y“ ist die Liga der zwischen 1980 und 1990 Geborenen, und das Y spricht sich aus wie das englische „why“ – warum. Der Name ist Programm. Denn meist kommt nach dem „Warum“ ein „soll ich“, und im Grunde ist die Frage nur rhetorisch gemeint, denn die Antwort lautet stets: Ich will etwas anderes, als ich soll. Warum soll ich an einem schönen Sommernachmittag nicht schwimmen gehen? Ich kann meine Arbeit abends erledigen. Warum soll ich mit der Weltreise warten, bis ich in Rente bin? Ich will jetzt reisen und meinen Horizont erweitern.
Auf solche Wünsche werden die Arbeitgeber eingehen müssen, wenn sie die begehrten Youngster vertraglich binden wollen. Eine ausgewogene Work-Life-Balance steht in höherer Gunst als Geld oder Karriere.
Eine ausgewogene Work-Life-Balance ist für die Generation Y wichtig
Und es ist immer der Kandidat, der das Thema anschneidet, nicht der Personaler. Hier zeigt sich die Macht der jungen Arbeitnehmer: Sie können es sich leisten, anspruchsvoll zu sein. „Das hat nichts mit Hedonismus zu tun, sondern mit gestiegenen Ansprüchen an ein gutes Leben“, glaubt Rudolf Kast, HR-Berater aus Freiburg. Als ehemaliger Personalchef bei der Sick AG sieht er die Unternehmen in der Pflicht: „Arbeitszeitgestaltung und Lebensarbeitsgestaltung werden zum herausragenden Merkmal des Arbeitgebers, dem kann er nicht ausweichen.“
In den Lehrerzimmern der 90er-Jahre hieß die Generation Y die „Wunschkind-Generation“: Verwöhnte Einzelkinder, deren Leben vom Babyschwimmen über musikalische Früherziehung bis hin zum Fußballturnier und dem Austauschschuljahr in Colorado allein aus Lob und Verzärtelung bestand. Der Nachwuchs des Bürgertums wurde in seiner Jugend so umfassend gefördert wie keine Generation zuvor. Für ihre Eltern waren sie ein Projekt, das es erfolgreich zu vollenden galt. Perfekt ausgebildet und selbstbewusst starten diese Menschen ins Berufsleben.
Manche landen hart. Plötzlich sind sie nichts Besonderes mehr, sondern sollen sich glatt in bestehende Strukturen einfügen, und sie sollen hart arbeiten. Dabei wurden sie doch in dem Glauben groß, wertvolle Unikate zu sein. Jetzt, endlich frei vom Ausbildungsstress, wollen sie erst mal Luft schnappen. „In ihren Augen waren die Schule, die Universität und die Praktika anstrengend“, übersetzt Lothar Helger von der Personalberatung Mercuri Urval in Wiesbaden die Wünsche der Wunschkinder. „Dafür erwarten die Ypsiloner jetzt ihre Belohnung, und die wollen sie nicht länger aufschieben.“ Vielleicht ist das der Hauptunterschied zu den vorangegangenen Generationen. Die in den 1950er-Jahren geborenen Babyboomer setzten ihre Hoffnungen in ein sorgenfreies Alter, die nach 1970 geborene Generation X gab alles für die Karriere.
Generation Y ist bereit, hart und viel zu arbeiten
Doch wer heute zwischen 20 und 30 Jahre jung ist, dem hat die Finanzkrise gezeigt, wie schnell Jobs, Konten und Träume platzen können. „Sie wollen durchaus hart und viel arbeiten“, versichert Berater Helger, „die Kompensation soll aber nicht nur im Gehalt liegen.“
Und der Ausgleich soll schneller kommen – heute die Nachtschicht, morgen der Tag zur freien Verfügung. Ökonomen nennen das „fristenkongruent“ und halten das Streben danach für vernünftig. Arbeitgeber jedoch müssen erst mal tief schlucken.
Dass schon beim ersten Gespräch offensiv die Work-Life-Balance abgecheckt wird, stellt auch Torsten Alfes aus dem Frankfurter Büro von Rochus Mummert fest. Das liege allerdings weniger an der behüteten Junggeneration als an den neuen Rahmenbedingungen der Arbeit. „Man kann nicht pauschal sagen, dass diese Generation weniger leistungsbereit sei“, nimmt er die Jungen in Schutz. Anders als früher könne man heute die Arbeit rund um die Uhr organisieren. „Arbeitnehmer glauben: Wenn sie da nicht anfangen, Grenzen zu ziehen, dann gingen sie unter“, erklärt der Personalberater.
Allein an Beratungsgesellschaften, die sich stolz ihrer Rund-um-die-Uhr-Arbeiter rühmen, scheint der Trend vorüberzugehen. „Die Bewerber wissen, dass sie bei uns die Extra-Meile gehen müssen“, sagt Bernd Wöllner, Chief Operating Officer und oberster Personal-Verantwortlicher bei Capgemini Consulting in München. „Wenn nach der Work-Life-Balance gefragt wird, dann von Kandidaten, die sich anschließend nicht für die Arbeit in einer Unternehmensberatung entscheiden.“
„Wir müssen eine Antwort für die Generation Y entwickeln“
Doch die Berater ahnen, dass sich das ändern wird. „Wir müssen eine Antwort für die Generation Y entwickeln“, räumt Wöllner ein. „Bei jüngeren Mitarbeitern sehen wir schon heute, dass sie der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben größere Bedeutung beimessen, besonders dann, wenn sie nach den ersten Berufsjahren eine Familie gründen.“
Unlängst hat Wöllner eine interne Arbeitsgruppe zum Thema Work-Life-Balance einberufen. Sie soll Ideen und Vorschläge entwickeln, kann aber am Wesen der Beratertätigkeit nichts ändern: „Für Kundenprojekte gibt es nun mal keinen festen Standort. Natürlich würden wir die Projekte gern nur mit am Ort wohnenden Mitarbeitern besetzen. Aber das lassen die fachlichen Anforderungen an die Spezialisierung oder Erfahrung des Beraters nicht immer zu.“
Mit demselben Argument könnten vermutlich auch Energieversorger und Mobilfunkunternehmen die Forderung nach Heimschlaf und fixem Freizeitausgleich kontern. Nur gelten sie nicht als so sexy wie Beratungsgesellschaften und müssen darum andere Trümpfe ziehen.
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