Gefahren lauern im Verborgenen
Flughäfen sind komplexe technische Systeme. Nach dem Brandunglück in Düsseldorf im April 1996 haben weltweit viele Flughäfen ihr Brandschutzkonzept vermehrt auf vorbeugende Maßnahmen umgestellt. Am Düsseldorfer Flughafen leitet Stefan Bunthoff ein Team von Ingenieuren, das dafür sorgt, dass ein vergleichbares Unglück nicht wieder vorkommt.
Ganz oben unter dem lichten Dach der Abflughalle, wo man nur hinkommt, wenn man den Schlüssel zu vielen Türen hat, steht Stefan Bunthoff und schaut auf das Treiben unter ihm in der 400 m langen Abflughalle. „Es ist immer wieder schön, hier oben zu stehen“, sagt er.
Solche ruhigen Momente hat Bunthoff eher selten. Er leitet die Abteilung Vorbeugender Brandschutz am Düsseldorfer Flughafen, ein Team von fünf Ingenieuren.
Hinter Bunthoff ziehen sich 40 riesige Ventilatoren unter der Decke der Abflughalle entlang, auch von unten nicht zu übersehen. Kaum zu erkennen dagegen sind die kleinen Infrarotsender und -sensoren. In gut 5 m Höhe und im Abstand von wenigen Metern sind sie überall an den Wänden der Abflughalle installiert. Denn bei einer Halle wie dieser mit ihren 21 m Höhe würden übliche Rauchmelder viel zu spät anschlagen. Deshalb laufen durch die Halle in engem Abstand Infrarotstrahlen, die jeden Rauch sofort melden.
Geschieht das, springen die großen Ventilatoren an und ziehen den Rauch aus dem Gebäude. Dabei, erläutert Bunthoff, arbeiten nicht alle Ventilatoren, sondern gezielt nur die in unmittelbarer Nähe der Rauchquelle. Zugleich öffnen sich in diesem Abschnitt die Zugangstüren automatisch, um frische Luft in das Terminalgebäude zu lassen und eine gerichtete, möglichst wenig verwirbelte Strömung zu erzeugen.
Beim Brandschutz, erklärt Bunthoff, geht es vor allem um dreierlei: Der Brand muss früh erkannt und gemeldet werden, die Entrauchungsanlage muss schnell anspringen und über Rettungswege müssen die Passagiere und die Flughafenmitarbeiter zügig in Sicherheit gebracht werden können – was bedeutet, dass der Flughafen in 10 min bis 12 min geräumt sein muss.
Und das ist nicht ganz einfach. „Die Flughäfen von heute“, sagt Bunthoff, „werden immer komplexer.“ Da sind nicht nur die Passagiere, da gibt es Einzelhandel und Gaststätten, spezielle Events und Ausstellungen in der großen Halle. Dauernd wird umgebaut, ehemalige Mieter ziehen aus, neue ziehen ein, jeder hat noch seine eigenen Brandschutzvorrichtungen, bei jedem müssen sie überprüft werden, immer wird ein spezieller Brandschutzplan erstellt.
Und dann werden auch noch ganze Flugsteige umgebaut, trotzdem müssen Fluchtwege vorhanden sein. Und das alles, während der normale Flugbetrieb weitergeht.
Studiert hat Bunthoff Sicherheitstechnik in Wuppertal mit dem Schwerpunkt Brandschutz, nach fünf Jahren beim RWTÜV in Essen kam er im April 1997 nach Düsseldorf, um dort nach dem Brandunglück von 1996 den vorbeugenden Brandschutz aufzubauen.
Vor dem Unglück in Düsseldorf habe sich kaum jemand vorstellen können, so Bunthoff, „dass es zu solch einem Brand kommen könne“. Nach dem Unglück haben viele Flughäfen ihr Brandschutzkonzept überarbeitet, der neue Flughafen Düsseldorf hatte dabei eine gewisse Vorbildfunktion.
Die neuen Brandschutzeinrichtungen erkennt man kaum, etwa die großen Rolltore, die im Brandfall die Flugsteige abtrennen, oder die kaum sichtbaren Brandschutztore, mit denen sich die Airport Arkaden in der Abflughalle abriegeln lassen. Oder die Aufzüge, die im Brandfall vorprogrammiert nur noch auf solchen Ebenen halten, in denen kein Rauch gemeldet wird.
Die eigentlichen Gefahren, so Bunthoffs Erfahrung, lauern hinter den Kulissen. Deshalb werden die Kabeltrassen mit speziellen Brandmeldern überwacht und wenn sie in der Nähe von Fluchtwegen verlaufen, werden sie in besonderen Zwischendecken verlegt, die brandschutztechnisch abgeschottet sind.
Dazu kommen Orte, die ein Fluggast kaum jemals sieht: Unter dem Flughafengebäude verläuft eine breite Lieferstraße. Hier wird der Müll abgeholt, von hier aus werden die Läden beliefert. Hier unten in den „Katakomben“ des Flughafens befinden sich Lagerräume, Technikräume, die großen Kälte- und Lüftungszentralen.
„Das alles zu überwachen“, sagt Bunthoff, „ist unser tägliches Geschäft.“
Auch der Gefahrenabwehrplan für den Düsseldorfer Flughafen wurde unter Mitwirkung von Bunthoff entwickelt – der greift nicht nur bei Brandunfällen, sondern auch bei Flugunfällen oder Pandemien wie der Schweinegrippe.
Mindestens einmal im Jahr gibt es einen Test im laufenden Flugbetrieb. Dann werden ohne Vorwarnung Teile des Flughafen evakuiert, nicht zuletzt auch, um zu sehen, wie das Sicherheitspersonal es schafft, Passagiere und Flughafenangestellte in Sicherheit zu bringen. Für das Sicherheitspersonal haben Bunthoff und sein Team regelmäßige Schulungen ausgearbeitet.
Zudem finden nach baulichen Veränderungen Entrauchungstests statt, nach Mitternacht, wenn der Flugbetrieb ruht. Dann wabert Theaternebel durch die Abflughalle, die Ventilatoren springen an, ziehen ihn aus der Halle.
„Mit echtem Rauch ist das zwar nicht vergleichbar“, erklärt Bunthoff, „aber wir können so die Strömungsverhältnisse im Gebäude nachbilden, das Funktionieren unser Einrichtung überprüfen.“ Und das kann im Ernstfall Leben retten. WOLFGANG MOCK
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