Gesundheit oder Geld? Maschmeyer kritisiert Teslas Bonusmodell
Kontroverse um Teslas Anwesenheitsprämie: Der Konzern belohnt Mitarbeiter in Grünheide für seltene Krankmeldungen mit bis zu 1.000 Euro, was Kritik und Diskussionen über Gesundheitsanreize am Arbeitsplatz auslöst.
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Kontroverse um Anwesenheitsprämie: Gesundheit oder Geld?
Foto: PantherMedia / IgorVetushko
Bonus von bis zu 1.000 Euro
Um die hohe Anzahl an Krankmeldungen zu verringern, hat Tesla am Standort Grünheide beschlossen, die Anwesenheit der Mitarbeiter zusätzlich zu belohnen. Wer selten fehlt, kann am Ende des Jahres mit einer finanziellen Prämie rechnen. So plant Tesla, Mitarbeitern, die selten krank sind, einen Bonus von bis zu 1.000 Euro zu gewähren.
„Ich muss ehrlich sagen, wir haben mit uns gerungen. Warum soll man jemanden für Anwesenheit belohnen?“, zitiert das Handelsblatt Worte des Werksleiters André Thierig. Thierig sagte, dass es auch Mitarbeiter gebe, die sehr selten fehlen und dafür belohnt würden.
Das Programm solle laut Thierig zunächst ein Jahr getestet werden. In der Pilotphase würden sie mit hundert Mitarbeitern starten und das Programm einen Monat lang ausprobieren. Wenn es gut funktioniere, werde es auf alle Angestellten ausgeweitet.
Die Teilnahme soll freiwillig sein. Wer mitmacht, kann durch lange Anwesenheitszyklen verschiedene Statusstufen erreichen. An jede Statusstufe ist am Jahresende ein Anwesenheitsbonus gekoppelt. Laut Thierig erhält derjenige, der den Gold-Status erreicht, eine Prämie von 1.000 Euro.
„Wer krank ist, kriegt nichts“
„Als ich diesen fragwürdigen Ansatz letztens über das Tesla-Werk in Grünheide gelesen habe, war ich schockiert“, schreibt Carsten Maschmeyer, Startup-Investor in einem Post bei Linkedin. Und wahrscheinlich ist er nicht alleine damit. Denn dreht man die Nachricht um – bekommt man eine ganz andere Aussage. Frauen und ältere Mitarbeiter werden dadurch diskriminiert. Dabei geht Maschmeyer noch weiter: „Kranksein wird damit sanktioniert. Wer krank ist, kriegt nichts“, stellt er fest. Die Folgen für solch eine Entscheidung liegen dabei auf der Hand. „Für mich steht aber fest: Mit dieser Prämienpolitik wird das genaue Gegenteil erreicht. So werden sich Mitarbeitende trotz Krankheit zur Arbeit schleppen. Die Folgen? Mehr Ansteckungen, sinkende Arbeitsqualität, weniger Produktivität. Langfristig gesehen werden Mitarbeitende sogar schneller wieder erkranken, wenn sie sich nicht auskurieren“.
Gesundheit dürfe nicht durch monetäre Anreize gefährdet werden. Unternehmen sollten stattdessen auf präventive Gesundheitsmaßnahmen setzen, wie flexible Arbeitszeiten, Home-Office-Möglichkeiten und Sportangebote. Der Starinvestor betonte, dass auch im Home-Office nicht krank gearbeitet werden dürfe, da krank eben krank bedeute und die Gesundheit Vorrang habe – für alle Mitarbeitenden, egal wo und wann.
Glück haben, nicht krank zu werden
Mit seinem Post hat Maschmeyer viel Unterstützung bekommen. Andere Nutzer haben ebenfalls Kritikpunkte hervorgehoben. Sie bemängelten, dass durch diese Prämie implizit suggeriert werde, kranke Mitarbeiter würden sich vor der Arbeit drücken. Die Auszahlung einer Prämie solle die Mitarbeiter offenbar dazu bewegen, sich trotz Krankheit zur Arbeit zu begeben. Dies unterstelle generell Unehrlichkeit. Wenn die Geschäftsleitung von Tesla davon ausginge, dass Krankheiten zufällig auftreten, wäre es unlogisch, den Mitarbeitern eine Prämie dafür zu zahlen, dass sie einfach nur Glück gehabt haben und nicht krank geworden sind.
Gesundheit fördern
In der Diskussion werden auch andere Vorteile genannt, die dazu beitragen könnten, die Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern. Es wird vorgeschlagen, dass Unternehmen lieber in Fitness-Center-Mitgliedschaften, Sportkurse oder Eintrittskarten für Schwimmbäder investieren sollten. Außerdem könnten Anreize geschaffen werden, damit Mitarbeiter mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, oder kostenlose Fortbildungen zum Thema Ernährung und Kochen angeboten werden. „Prämien für seltenes Kranksein sind für mich der falsche Weg. Vielmehr sollten Unternehmen auf ein gesundes Arbeitsumfeld achten und ihre Mitarbeitenden unterstützen, gesund zu bleiben – ohne falsche Anreize zu setzen und Druck auszuüben“, resümiert der Investor in einem Kommentar.
Krankheitsausfälle im Jahr 2023
Nach einer Analyse der Krankenkasse DAK-Gesundheit lagen die Krankheitsausfälle bei der Arbeit im Jahr 2023 zum zweiten Mal in Folge auf einem stark erhöhten Niveau. Laut den eigenen Daten der Krankenkasse fehlten Beschäftigte durchschnittlich 20 Tage im Job. Der Krankenstand erreichte erneut einen Rekordwert von 5,5 Prozent, wie bereits im Jahr 2022. Das bedeutet, dass im Schnitt an jedem Tag des vergangenen Jahres 55 von 1000 Beschäftigten krankgeschrieben waren.
Kassenchef Andreas Storm kommentierte noch im Januar der Deutschen Presse-Agentur: „Auch wenn das Ergebnis nach den Erkältungswellen im Frühjahr und Herbst nicht überraschend kommt, ist es für die Wirtschaft alarmierend.“
Die starken Abwesenheiten haben die Arbeitsabläufe vieler Unternehmen und Behörden erheblich beeinträchtigt, besonders in Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels, der die Personalressourcen immer weiter belastet. Insbesondere Langzeitkrankheitsfälle stellen dabei das größte Problem dar. Es brauche eine „Offensive für das betriebliche Gesundheitsmanagement“.
Doch so oder so „Kranksein darf nicht bestraft werden“, und mit seinem Post hat Carsten Maschmeyer genau diesen Punkt getroffen.
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