Humanoide Roboter in der Pflege: Eine Lösung für Scham bei intimen Tätigkeiten?
Der Fachkräftemangel in der Pflege ist enorm, und die Suche nach Lösungen gestaltet sich als schwierig. Was wäre, wenn Roboter Pflegekräfte unterstützen könnten? Diese Frage rückt zunehmend in den Fokus der Forschung.
Immer mehr ältere Menschen wünschen sich, auch in Zukunft gut betreut zu werden. Allerdings sind die Pflegeberufe in ihrer aktuellen Form wenig attraktiv: Sie sind von hohem Stress, langen Arbeitszeiten und unzureichender Bezahlung geprägt. Daher wird viel Hoffnung in künstliche Intelligenz und Robotik gesetzt. Ja, in der Pflege gibt es einen Personalmangel und neue Technologien könnten die Arbeit etwas erleichtern.
In der Pflege werden humanoide Roboter allerdings noch nicht eingesetzt, weil sie oft Fehler machen und nicht überall ein stabiles WLAN zur Verfügung steht, erklärt Ana Nanette Tibubos. Sie ist Professorin für Pflegewissenschaft an der Universität Trier und hat zusammen mit Anna-Sophie Ulfert-Blank, Assistenzprofessorin für Organizational Behavior and Artificial Intelligence an der Eindhoven University of Technology, ein neues Forschungsprojekt gestartet. Dabei schauen die Wissenschaftlerinnen, wie Pflegekräfte zu robotischer Unterstützung stehen.
Vertrauen und Emotionen sind wichtig
„Wir betreiben Grundlagenforschung. Unsere Ergebnisse könnten in die Entwicklung der Roboter einfließen, um die Akzeptanz bei Pflegekräften wie Gepflegten zu erhöhen“, erklärt Ana Nanette Tibubos, was sie mit dem Projekt erreichen möchten. Die beiden Forscherinnen möchten einen Rahmen schaffen, der zeigt, wie Menschen in der Alten- und Krankenpflege miteinander umgehen. Aus anderen Bereichen wie der Industrie wissen wir, dass Vertrauen und Emotionen wichtig sind, damit Roboter gut eingesetzt werden können. In der Pflege gibt es darüber jedoch wenig Informationen. Das wollen die beiden ändern.
In einigen bisherigen Pilotprojekten helfen Roboter den Patientinnen und Patienten, aktuelle Informationen zu erhalten, oder sie unterhalten im Altenheim bei Musik- oder Märchenstunden. Weitere Aufgaben könnten das Servieren von Essen oder die Ausgabe von Medikamenten sein. Doch besonders bei der Medikamentenausgabe gibt es Herausforderungen: Wie sicher können Roboter das machen? Was passiert, wenn der Roboter die falschen Medikamente gibt? Und wenn jemand die Medikamente nicht nehmen möchte?
Überwindung von Scham bei intimen Aufgaben
Ana Nanette Tibubos glaubt, dass Roboter eine große Hilfe für Pflegekräfte und Patientinnen sowie Patienten sein könnten. Sie könnten bei Aufgaben unterstützen, die oft mit Scham verbunden sind, wie zum Beispiel beim Gang zur Toilette oder bei der Intimwäsche. Diese Tätigkeiten sind für viele Betroffene unangenehm.
Die Forscherinnen planen, Pflegekräfte aus vier verschiedenen Ländern in Interviews zu befragen. Diese Pflegekräfte arbeiten in unterschiedlichen Bereichen. Ana Nanette Tibubos, die Professorin aus Trier, denkt, dass bei den ersten Begegnungen mit humanoiden Robotern vor allem negative Gefühle auftreten könnten. „Negative Gefühle sind einfacher zu erzeugen als positive. Es kommt nicht von ungefähr, dass humanoide Roboter oft so gestaltet sind, dass wir sie niedlich finden. Wenn Roboter zu sehr Menschen ähneln, wirkt das eher unheimlich auf uns.“
Im nächsten Schritt möchten die Forscherinnen weitere Befragungen durchführen. Dabei wollen sie auch Patientinnen und Patienten, Angehörige sowie andere Gesundheitsfachkräfte wie Physiotherapeutinnen und -therapeuten einbeziehen, die mit Pflegekräften zusammenarbeiten. Zudem planen sie, konkrete Interaktionen zwischen Menschen und Robotern in der Pflege zu analysieren.
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