Jetsetter: Der Traum vom Schlaf
Für die meisten Ingenieure gehören Geschäftsreisen zum Alltag. Von Europa, nach Asien, in die USA – eine Reise durch unterschiedliche Zeitzonen, die den Körper völlig aus der Bahn werfen kann. Der Vielreisende Frank Schlehuber verrät Strategien, um Müdigkeit vorzubeugen und Geschäftsreisen zum Erfolg zu führen.
Frank Schlehuber ist mal wieder in Singapur. Als er dort landet steht der Zeiger der Flughafenuhr auf der Sieben, zu Hause in Deutschland ist es mitten am Tag. Den Diplom-Ingenieur Maschinenbau erwarten die nächsten zwei Tage viele wichtige Besprechungen: Er ist Vertriebsleiter für Kraftfahrzeug-Ersatzteile im Bosch-Geschäftsbereich „Automotive Aftermarket“. Für Schlehuber heißt das früh aufstehen, für seinen Körper wird das mitten in der Nacht sein.
Sein Wach-Schlaf-Rhythmus ist auf die deutsche Zeit eingestellt. Was ihm droht, ist der sogenannte Jetlag: Bei der Reise Richtung Osten abends nicht einschlafen können und morgens müde, wenn nicht übermüdet sein.
So wie ihm geht es mittlerweile vielen Ingenieuren: Die Wirtschaft ist globalisiert, die Niederlassungen und Geschäftspartner sind auf der Welt verstreut, oft sind trotz E-Mail und Bildtelefon via Internet Besuche vor Ort nötig. Für Reisende stellt sich die Herausforderung, die Belastung des Zeitzonenwechsels möglichst gering zu halten und voll leistungsfähig zu bleiben.
Frank Schlehuber ist rund 15 mal im Jahr interkontinental unterwegs. Viele Reisen führen ihn nach Westen, nach Nord- und Südamerika, andere nach Osten wie Indien und Singapur. Er hat Erfahrung mit Jetlags – und eine Strategie, um Müdigkeit zu vermeiden: Daheim bereitet sich der 51-Jährige auf den Zeitzonenwechsel zum einen dadurch vor, dass er sich am Tag vor dem Flug viel bewegt. Zum anderen versuche er, im Flugzeug zu schlafen. „Ich überlege mir genau, in welchen Zeiten ich unterwegs schlafen kann. Ich weiß, wann ich eine Ruhephase habe und brauche.“
Am Zielort versucht Schlehuber diesen Rhythmus beizubehalten: „Ich gönne mir auch mal zehn Minuten Powernap, zum Beispiel, wenn ich im Auto zum Kunden gefahren werde. Dann bitte ich meine Kollegen darum, dass wir eine Viertelstunde nicht reden. Oft hilft der kurze Schlaf, über zwei, drei Stunden fit zu sein.“ Problematisch sei oft die zweite Nacht, da könne er meist weniger gut schlafen – „das ist typisch. Kollegen haben mir erzählt, dass es ihnen auch so geht“.
Dass er nur zwei Nächte in Singapur bleibt, ist Absicht: „Ich versuche, die Reisen kurz zu halten. Bei zwei Nächten kommt man zu Hause sofort wieder in den gewohnten Rhythmus. Das Schlimmste ist für mich, wenn ich sozusagen komplett umgestellt bin und wieder zurückfliegen muss.“ Deshalb, so betont er, seien sechs Tage dauernde Geschäftsreisen viel belastender als Kurztrips.
Ein Experte für Schlaf ist Dieter Kunz, er ist Sprecher der Arbeitsgruppe Chronobiologie der Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Die Chronobiologie untersucht die zeitliche Organisation von Organismen. Kunz ist auch Leiter der Arbeitsgemeinschaft „Schlafforschung und Klinische Chronobiologie“ am Institut für Physiologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Ist ein längerer Aufenthalt geplant, rät er dazu, sich entsprechend der Tageszeit in hellem Licht aufzuhalten: „Das taktet am schnellsten.“ Ist der Besuch nur kurz, sollte man genau dies möglichst nicht tun, um im gewohnten Tag-Nacht-Rhythmus der Heimat zu bleiben.
Es gebe unterschiedliche Typen, die auch unterschiedlich auf die Veränderungen der Zeitzonen reagieren. Wobei nach Einschätzung von Dieter Kunz ein kleines Schlafdefizit bei vielen Menschen nicht schlimm sei – es könne sogar euphorisierend wirken.
Wovon er abrät, sind rezeptfrei erhältliche Schlafmittel, wenn man kurz nach dem Schlummer geistig fit sein will. Die synthetischen Beruhigungsmittel der Benzodiazepine seien vor wichtigen Besprechungen nicht empfehlenswert: „Es gibt bei diesen Mitteln Überhangseffekte, man ist unter Umständen schlapp und nicht leistungsfähig,“ so der Psychologe Kunz. Grund für den „Hangover“: Die Medikamente werden im Körper nur langsam abgebaut. Zudem sei der Schlaf nicht natürlich.
Wenn sich jemand doch für Schlafmittel entscheidet, empfiehlt der Mediziner solche mit sogenannten Z-Substanzen wie Zolpidem. Diese Präparate haben andere Wirkstoffe, bauen sich im Körper schneller ab und haben ein geringeres Abhängigkeitspotenzial. Auch ihre Wirkung ist allerdings je nach Mensch individuell – und sie sind verschreibungspflichtig. R. SCHMELLENKAMP
Mit diesem Beitrag endet die Serie Gesundheit.
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