Licht im Fahrerhaus sorgt für bessere Stimmung bei Lkw-Fahrern
Der Job am Steuer eines Trucks ist stupide. Anstrengend. Und oft ist es ziemlich dunkel in der Fahrerkabine. Hat das Auswirkung auf das Wohlbefinden des Fahrers? Ja, hat es. Und mit künstlichem Licht kann man die Laune des Truckers stark verbessern, haben Tests von Daimler im hohen Norden ergeben.
Winternacht am Polarkreis: Hier wird es einfach gar nicht hell. Die Dunkelheit scheint undurchdringlich, sie trübt nicht nur die Stimmung, sondern mindert auch die Leistungsfähigkeit – so jedenfalls die Annahme eines Forschungsteams von Daimler, das im vergangenen Winter acht Testfahrer für zwei Wochen auf Reise durch die Nacht schickte.
Jeweils eine Woche lang waren sie in einem normalen Truck unterwegs, die anderen in der „Top Fit“-Version, deren Fahrerkabine mit Tageslichtlampen ausgestattet war. Die Kernfrage: Ist dieses Licht „biologisch wirksam“, steigert es also das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit?
Die vorläufige Antwort überrascht nicht wirklich: Ja, tut es. In Befragungen zeigten sich die Testfahrer laut Daimler durchweg begeistert und gaben an, dass sie sich mit dem Licht viel besser fühlten, und zwar unabhängig von der Tageszeit, zu der sie fuhren. Hinzu kam die unerwartete Erkenntnis, dass sie den Raum um sich herum als viel angenehmer wahrnahmen – so, als wäre er virtuell vergrößert.
Typische Arbeitswochen simuliert
Das Forschungsteam um Projektleiter Siegfried Rothe simulierte im finnischen Rovaniemi zwei typische Arbeitswochen eines Truckers. Sie gingen davon aus, dass einem Fahrer im gewöhnlichen Fahrzeug nicht nur auf nächtlicher Tour das Tageslicht fehlt, sondern auch tagsüber, weil die Kabine so konstruiert ist, dass sie das meiste Licht abhält. Schon erste Versuche mit Ingenieuren aus der Testabteilung hatten gezeigt, dass die Wirkung des Lichtes enorm zu sein scheint – jedenfalls die subjektiv empfundene.
Für Unternehmen entscheidend werden aber die objektiven Ergebnisse sein. Die ganze Logistikbranche steckt ja ohnehin in einem gewaltigen Umbruch. Bosch zum Beispiel stellt sich die Steuerung eines Trucks ja bereits als eine Art Touchpad vor, und wie lange Lkw-Fahrer überhaupt noch etwas zu tun haben auf ihrem Sessel, das wird die weitere Entwicklung von autonomen Lastern zeigen, die vielleicht irgendwann auch unter Oberleitungen wie bei Straßenbahnen vorwärtskommen.
Licht als Dusche oder Liege
Noch aber steht der Fahrer im Mittelpunkt. Und um wirklich objektive Ergebnisse über sein Befinden zu bekommen, hat das Daimler-Team in der Polarnacht so ziemlich alles aufgeboten, was die medizinische Diagnostik hergibt: Hirnströme wurden per EEG, die Herzaktivität mittels EKG und die Bewegung der Augen mithilfe der weniger bekannten Elektrookulografie (EOG) aufgezeichnet. In Speichelproben wurde außerdem die Konzentration des Schlafhormons Melatonin gemessen. Und um die mentalen Faktoren objektivieren zu können, durchliefen die Fahrer noch Reaktions- und andere Tests am Computer.
Dabei schalteten die Forscher nicht einfach nur das Licht an oder aus, sondern boten die Lichtdosis in drei Varianten an: Als Dauerlicht während der Fahrt, als intensive Lichtdusche vor und nach der Fahrt oder als Lichtliege während der Pausen. In den Nachtstunden schliefen die Fahrer so wie sonst auch: Hinter dem Sitz, Gardine zu.
Beim Sprit sparen hilft es auf jeden Fall
Um all die objektiven Ergebnisse zu analysieren, werden Rothe und seine Kollegen noch Monate brauchen. „Erst dann können wir eine Empfehlung abgeben, ob die Ergebnisse der Testreihe sinnvollerweise in eine veränderte Konzeption der Kabinenbeleuchtung münden sollten“, sagt der Projektleiter. Es sieht aber ganz danach aus. Denn eines stehe schon jetzt fest: „Die Trucker fahren unter dem Lichteinfluss wirtschaftlicher.“ Wer sich wohl fühlt, drückt eben sanfter auf Gas und Bremse.
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