Burnout: Wenn Stress krank macht
Dauerbelastung sorgt dafür, dass ein Burnout durch psychische Überforderung heute der dritthäufigste Grund für Fehltage bei der Arbeit ist. Ingenieure und Informatiker sind von dieser Entwicklung ebenso betroffen wie jeder andere.
Inhalte dieses Artikels
- gefährdete Berufsgruppen
- Symptome eines Burnouts
- Behandlung bei Burnout
- Überlastung vorbeugen
- Stressmanagement
- Was Arbeitgeber tun können
In der Arbeitswelt wird heutzutage auch von Ingenieuren immer mehr verlangt: Noch mehr Leistung, noch mehr Flexibilität, noch mehr Einsatz. Ein Burnout droht. Allein in Deutschland gingen aufgrund seelischer Erkrankungen im Jahr 2016 etwa 75.000 Beschäftigte in die Frührente. Besonders gefährdet sind Menschen mit hohem Leistungsanspruch. Wer immer 120 Prozent geben will, der verschließt den Blick für die eigenen (Belastungs-)grenzen.
Ingenieure, die nach einem harten Arbeitstag in ein ruhiges Zuhause kommen, können sich regenerieren. Wer aber auch zu Hause unter Leistungsdruck leidet, etwa weil er Beziehungsprobleme hat oder kranke Angehörigen pflegt, der kommt gar nicht mehr zur Ruhe. Stressbedingte Erschöpfung macht vom Verkäufer über den Ingenieur bis in die Chefetage vor niemandem Halt.
Burnout – diese Berufsgruppen sind besonders gefährdet
Gefährdet sind zum Beispiel Arbeitnehmer in Leitungspositionen. Bei ihnen kommen drei Faktoren zusammen, die Burnout begünstigen: Große Verantwortung, großes Arbeitspensum und hoher Leistungsdruck.
Selbstständige, bei denen die gesamte Verantwortung für den Erfolg auf den eigenen Schultern lastet, sind ebenfalls gefährdet. Gleiches gilt für berufstätige Frauen, die oftmals unter der Doppelbelastung leiden, Beruf und Privates unter einen Hut bringen zu müssen. Sie sind 1,5 Mal häufiger von einem Burnout betroffen als Männer.
Hinzu kommt eine zunehmende Reizüberflutung im Alltag: Nicht nur durch Fernseher und Computer, sondern auch durch Handys oder Tablets. Das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen, geht einem irgendwann im wahrsten Sinn des Wortes „auf die Nerven“. Nervliche Anspannung macht sich nicht nur physisch bemerkbar, sondern auch psychisch. Eine dauerhaft hohe körperliche und emotionale Belastung führt immer häufiger zum sogenannten Burnout-Syndrom.
Ein Burnout ist meist eine leichte Depression
Was üblicherweise als Burnout bezeichnet wird, ist meist schon eine leichte Depression. Es treten jedoch auch körperliche Symptome wie Kopfschmerz oder Bluthochdruck auf. Dass sich der Begriff Burnout durchgesetzt hat, liegt daran, dass es vor allem Leistungsträgern leichter fällt zu sagen ,ich bin ausgebrannt‘ als ,ich bin depressiv‘. Ersteres wird auch gesellschaftlich leichter akzeptiert. Wer sich krank arbeitet, hat zuvor Leistung erbracht. Bei „Depression“ gibt es meist negative Vorurteile, zum Beispiel Passivität, Rückzug oder Verweichlichung. Von solchen Vorurteilen sollte man sich nicht leiten lassen.
Burnout ist jedoch keine medizinische Diagnose. Es gibt, wie bei vielen psychischen Erkrankungen, keine Krankheitszeichen, mit denen sich ein Burnout sicher nachweisen lässt. Burnout ist eher ein Zusammenspiel verschiedener Anzeichen, die von einem Spezialisten als „ausgebrannt sein“ erkannt werden können. Manche Symptome gleichen den Beschwerden bei einer Depression. Auch nach medizinischen Kriterien gilt fast jeder sechste Mensch, der sich ausgebrannt fühlt, als depressiv.
Symptome eines Burnouts, aber auch einer Depression können sein:
- Antriebslosigkeit
- Mutlosigkeit
- Müdigkeit
- ein Gefühl der Leere
- nachlassende Leistungsfähigkeit
- Versagensängste
- Körperliche Beschwerden wie Verspannungen, Kopfschmerz, Bluthochdruck und Schlafstörungen
Erster Ansprechpartner bei Verdacht auf ein Burnout-Syndrom ist der Hausarzt. Er entscheidet, wie es weitergeht. Bei einer leichten Depression überweist er an einen Facharzt für Psychiatrie oder einen Psychotherapeuten. Da jeder Betroffene individuelle Symptome hat, muss auch die Behandlung von Burnout auf den Einzelnen zugeschnitten werden. Es gibt nicht die eine Therapie.
Bei leichten Formen schlagen sowohl Medikamente als auch die Psychotherapie gleichermaßen gut an. Bei schwereren Fällen mit ausgeprägter Depression werden meist beide Therapieformen kombiniert angewandt. Als Medikamente kommen auch bei Burnout sogenannte Antidepressiva zum Einsatz, zum Beispiel aus der Gruppe der Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer. Sie verstärken den Effekt des Botenstoffes Serotonin, das auch als Glückshormon bezeichnet wird.
In der Psychotherapie lernt der Patient zum Beispiel, trotz Antriebslosigkeit in kleinen Schritten positive Aktivitäten aufzunehmen. In erster Linie ist es jedoch wichtig, sich mental umzustellen. Das bedeutet, der Burnout-Patient muss lernen, Stress, den er nicht vermeiden kann, anzunehmen und richtig damit umzugehen. Ziel ist es, Strategien im Umgang mit Leistungsdruck zu erlernen.
Als Leitsatz beim Burnout-Syndrom gilt: Gesund werden dauert in etwa so lange, wie es gedauert hat, völlig erschöpft zu werden – meist mehrere Monate. Der Wiedereinstieg in den Alltag kostet die Betroffenen viel Kraft. Auf dem Weg der Therapie erleben Burnout-Patienten viele Hochs und Tiefs. Manche finden dagegen einfacher in den Beruf zurück, wenn sie nicht zu lange damit warten.
Vor dem Burnout: Stress reduzieren oder vermeiden
Beruflichem Leistungsdruck können gerade Ingenieure nicht immer entgehen. Zwar haben viele größere Unternehmen Anti-Stress-Programme entwickelt, aber vor allem kleinere Betriebe sind mit dem Burnout-Problem überfordert. Nach einer Umfrage des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) sind 7 von 10 Berufstätigen nicht nur außerhalb ihrer Arbeitszeit, sondern auch im Urlaub für Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden ansprechbar.
Erste Firmen haben darauf reagiert: Die Telekom fordert ihre Mitarbeiter auf, in der Freizeit berufliche Telefonate zu unterlassen und bei Eon sollen nach 20 Uhr keine Dienstmails bearbeitet werden. BMW, VW und Puma haben ebenfalls Beschränkungen eingeführt.
Auch für Ingenieure gilt es, ihre Freizeit erholsam und ohne Belastung zu gestalten. Vielen Menschen fehlt jedoch das Gefühl dafür, was sie entspannt und was belastet. So kann selbst ein Abend mit Freunden in Überlastung ausarten, wenn der Gastgeber ein Fünf-Gang-Menü auf Profiniveau servieren will. Auch empfiehlt es sich, nicht immer das ganze Wochenende im Voraus zu verplanen, sonst ist Freizeitstress programmiert.
Bei der Auswahl der Aktivitäten sollte man darauf achten, dass man Spaß daran hat und sich erholt. Nur wer sich regelmäßig Auszeiten gönnt, kann seine Akkus aufladen. Dabei können auch Entspannungstechniken (s.u.) helfen. Wer bereits unter dem Burnout-Syndrom und nicht „nur“ unter kurzzeitiger beruflicher Belastung leidet, dem helfen solche Übungen allerdings nicht mehr. Betroffene haben dazu weder den Antrieb noch die Kraft. Dann ist die professionelle Hilfe eines Arztes erforderlich.
Bei leichter Überlastung hingegen sind Sport und eine kleine Auszeit effektive Mittel:
Sport: So simpel es klingt, so effektiv ist es: Bei Überlastung hilft Bewegung. Leistungssport muss es nicht sein, schon ein 30-minütiger Spaziergang reicht. Eine Runde nach dem Abendessen im flotten Tempo hilft, den Kopf wieder freizubekommen. Dabei sollte das Tempo schon ein bisschen über dem eines gemütlichen Spaziergangs liegen. Die Erfolgsformel ist einfach: Sport kurbelt die Produktion des Glückshormons Serotonin an. Gleichzeitig werden die Stresshormone Adrenalin und Cortisol abgebaut.
Yoga & Co.: Entspannungsübungen wie Yoga, Autogenes Training oder progressive Muskelentspannung helfen sowohl bei Akutstress, als auch dabei, den Pegel dauerhaft zu senken. Wer diese Methoden favorisiert, muss sich aber auf diese Übungen konzentrieren und einlassen, sonst ist der Erfolg nicht ausreichend. Eine positive Grundhaltung zu den genannten Übungen gehört ebenso dazu, damit eine Wirkung eintreten kann.
Für Neulinge ist es empfehlenswert, die ersten Schritte in einem Kurs zu erlernen. Danach können die Übungen daheim angewendet und ergänzt werden. Es gibt zum Beispiel angeleitete Übungseinheiten auf CD oder DVD, die man nutzen kann, bis man ein Entspannungsprogramm komplett selbstständig durchführen kann.
Auszeit: Stressphasen hat jeder, auch Ingenieure und Informatiker. Doch bevor es zu viel wird, helfen schon kleine Auszeiten, den Pegel etwas herunterzuschrauben. Dabei sollte jeder sein eigenes Rezept finden. Abschalten bei einer Tasse Tee oder ein gutes Buch. Es sind die kleinen Dinge, die helfen können – manchmal reicht auch einfach die Lieblingsmusik, um die Hektik des Alltags zu vergessen.
Gutes Stressmanagement kann einem Burnout vorbeugen
Damit es gar nicht zum Burnout-Syndrom kommt, lässt sich einiges vorbeugend unternehmen. Insbesondere wenn es sich um eine frühe Vorstufe oder um eine noch leichte Ausprägung durch kurzzeitigen Dauerstress handelt, kann man gegensteuern. Aus beruflicher Sicht gibt es verschiedene Auslöser für die Überlastung: Überforderung, Leistungsdruck oder nicht „Nein“ sagen zu können. Betroffen von einem Burnout sind vor allem Menschen, die einen ausgeprägten Perfektionsdrang sowie starken Ehrgeiz und Verantwortungsbewusstsein haben.
Auch der Drang, alles allein managen zu wollen, ist typisch. Ein gutes Stressmanagement kann hilfreich sein, um nicht vor Überlastung krank zu werden. So ist es sinnvoll, die Arbeiten zu priorisieren, zum Beispiel sortiert nach täglichem beziehungsweise wöchentlichem Rhythmus oder anstehenden Deadlines. Im beruflichen Umfeld hilft diese Liste, den Überblick zu behalten. Und im Privatleben lässt sich durch konsequentes Abarbeiten der Pflichten mehr Freizeit gewinnen.
Es gibt jedoch Fälle, die sich nicht so einfach lösen lassen. Etwa wenn das Burnout durch Mobbing ausgelöst wurde. Dann ist ein Arbeitsplatzwechsel oft die letzte Möglichkeit, die eigene Gesundheit zu schützen. Viele scheuen diesen Schritt, aus Angst, bei einer selbst verursachten Kündigung vom Arbeitsamt kein Arbeitslosengeld zu bekommen.
Jedoch gilt: Wer ein medizinisches Gutachten vorlegt, das nachweist, dass der Wechsel aus medizinischer Sicht erforderlich ist, der muss keine Kürzungen seiner Leistungen befürchten. Sogar die Kosten für das Gutachten übernimmt das Arbeitsamt. Allerdings müssen vorher alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sein.
Burnout: Das können Arbeitgeber tun
Für Arbeitgeber ist der Umgang mit betroffenen Mitarbeitern nicht immer einfach. Denn Arbeitnehmer mit Burnout fallen oft lange aus und sind auch nach dem Wiedereinstieg in den Job nicht sofort voll belastbar. Doch für Arbeitgeber sollte das Auftreten von Burnout ein klares Alarmzeichen dafür sein, dass im Unternehmen übermäßige Belastungen vorhanden sind und Veränderungsbedarf besteht.
Am wichtigsten für die betroffenen Mitarbeiter ist es, dass die Themen Burnout-Syndrom, zu hohe Belastung, Leistungsdruck und Überforderung im Unternehmen enttabuisiert werden. Mitarbeiter sollten erkennen, dass sie Hilfe durch den Arbeitgeber erhalten. Sie sollten ermutigt werden, offen Probleme und Belastungen im Arbeitsalltag anzusprechen. Das steigert die Arbeitszufriedenheit, weil es das Gefühl vermittelt, an Entscheidungsprozessen teilhaben zu können und eine Transparenz der Arbeitsabläufe aufzeigt.
Wer seinen Mitarbeitern Freiräume einräumt, die eigenständiges Planen und Entscheiden fördern, sorgt für Selbstbewusstsein und Motivation. Strenge hierarchische Strukturen begünstigen dagegen Burnout-Erkrankungen und mindern die Kreativität der Mitarbeiter. Zu solchen Freiräumen für die Angestellten können auch die Vorteile von Home Office, flexible Arbeitszeiten sowie Vertrauensarbeitszeit gehören. Diese Modelle können Stress, Belastungen und Überforderung durch abbauen.
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