Die Branchenlieblinge der Ingenieure
Welches sind die Branchen, in die es gestandene Ingenieure und Absolventen nach dem Studium hauptsächlich zieht? Gibt es in den letzten Jahren entscheidende Veränderungen bei den Ingenieuren, was die Wunschbranchen angeht?
Haben jüngere und ältere Ingenieure die gleichen Präferenzen oder gibt es da doch gravierende Unterschiede oder auffällige Zeittrends? Aufschluss darüber soll uns eine Auswertung der Wunschbranchen geben, die rund 5.000 Ingenieure genannt haben. Diese Ingenieure stehen allesamt als aktiv stellensuchende Kandidaten in der Bewerberdatenbank von ingenieurkarriere.de. Die Ingenieure können hier mehrere von ihnen bevorzugte Branchen eintragen. Für die großen Branchen kann zum Vergleich eine ähnliche Auswertung der Datenbank aus dem Jahre 2005 herangezogen werden.
Maschinen- und Anlagenbau
Um das Ergebnis vorwegzunehmen, über die Jahre zeigt sich ein sehr eindeutiges Bild: Ingenieure möchten beim Stellenwechsel oder Eintritt in das Berufsleben am liebsten im Maschinen- und Anlagenbau tätig werden. Rund 17% der Nennungen gingen in diese Richtung. Aus der Auswertung von 2005 ergibt sich ein Vergleichswert von 20%. An sich sind diese Spitzenwerte keine Überraschung. Der Maschinen- und Anlagenbau gehört zu den größten deutschen Wirtschaftsbranchen und liegt mit über eine Millionen Beschäftigten auf dem ersten Platz der technologiezentrierten Branchen. Eine entsprechende Bedeutung für den Ingenieurarbeitsmarkt liegt auf der Hand. Das schöne aus meiner Sicht ist auch die Tatsache, dass offensichtlich diese mittelständisch geprägte Branche bei den jüngeren Ingenieuren voll im Trend liegt. Da lässt man sich nicht vom Klappern, den vielen Imagekampagnen und Medienpräsenz mancher Großunternehmen anderer Branchen täuschen. Die aktuell positive wirtschaftliche Entwicklung der Branche spielt natürlich im Kalkül der analytischen Ingenieure gleichfalls eine gewisse Rolle.
Gehalt im Maschinen- und Anlagenbau
Technische Dienstleistung
Wenn es beim Beliebtheitsgrad der Ingenieure einen Shootingstar gibt, so ist es die Branche, die mannigfache technische Dienstleistungen anbietet. Fast man hier Ingenieurdienstleister, Technischen Berater und Ingenieurbüros zusammen, so addieren sich die Nennungen auf 15%. Gegenüber dem Jahre 2005 gab es mithin den Quantensprung. Diese Branche, der einst mit viel Skepsis begegnet wurde, hat wohl stark an Attraktivität für Ingenieure gewonnen. Sicherlich wurde gute Imagearbeit geleistet, die dazu führte, dass sich die gesamte Einstellung der Branche gegenüber verändert hat. Zumindest bei den jungen Ingenieuren gibt es nur noch wenige Vorbehalte. Die Vorteile des Engagements scheinen die vermeintlichen Nachteile aufzuwiegen. Einsätze in unterschiedlichen Projekten und bei verschiedenen Unternehmen bringen zählbare Berufserfahrungen. Andererseits deckt sich die Industrie im Sinne einer höheren Flexibilität vielfach lieber mit Ingenieuren der Dienstleister ein, weshalb so mancher Kandidat bei Stellenantritt oder -veränderung nicht um diese Branche herumkommt.
Fahrzeugbau
Auch der Fahrzeugbau spielt mit insgesamt 11% der Nennungen eine nicht unerhebliche Rolle in den Berufsüberlegungen der Ingenieure, wobei gerade die jüngeren Kandidaten die Branche auf ihrem Wunschzettel weit vorne stehen haben. Ältere Ingenieure halten sich bei der Branche möglicherweise aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen oder Beobachtungen der Volatilität der Branche etwas zurück. Dies ist wohl mit Grund dafür, dass über die Zeit trotz rasanter technologischer Entwicklung im Automobilbau, das Ingenieurinteresse nicht wesentlich gestiegen ist (5%). Je jünger die Ingenieure, desto größer allerdings das Interesse am Automobil-, Nutzfahrzeug- und Schiffsbau. Lediglich die Branche Luft- und Raumfahrt verliert (nicht gerade zufällig) an Boden.
Elektrotechnischen/Elektronische Industrie
Wirtschaftlich sehr erfolgreich waren in der jüngsten Vergangenheit neben den Maschinen- und Anlagenbauer die Arbeitgeber der elektrotechnischen/elektronischen Industrie. Hier zeigt sich ein Anstieg der Nennungen von 9% (in 2005 konnten 6% gezählt werden). Zunehmendes Interesse haben Ingenieure zudem an Unternehmern der Energieerzeugung/Energieversorgung und des Umweltschutzes. Einen gewissen Sprung nach vorne hat in der Gunst der Ingenieure die chemische und pharmazeutische Industrie gemacht. Hier spiegelt sich der Vormarsch der Ingenieure wieder, der seit einigen Jahren in dieser ansonsten von Chemikern geprägten Branche zu beobachten ist.
Wie viel Elektroingenieure verdienen
Bauingenieurwesen
Grund zum Nachdenken liefert die Branche Architektur/Bau/Bauindustrie/Gebäudetechnik. Sie sucht im wahrsten Sinne der Wortes „händeringend“ nach Ingenieuren der Versorgungstechnik (Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär) und des Bauingenieurwesens. Die Beliebtheit der Branche bei den Ingenieuren ist allerdings trotz hoher Nachfrage und offensichtlich guter wirtschaftlicher Entwicklung der Bauindustrie nicht gerade groß. Hier muss man sich wahrscheinlich einmal Gedanken zu Gehältern und Arbeitsbedingungen von Ingenieuren machen. Was nützt es, wenn man an einem Ende mit viel Aufwand Ingenieure einstellt und am anderen Ende die Ingenieure davonlaufen.
Hochschulen und Forschungseinrichtungen
Eine gewisse Sonderrolle spielen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Immerhin fast 5% der Ingenieure im Alter von 26 bis 40 Jahren würden hier gerne einen Arbeitsplatz finden. Der Öffentliche Dienst ist dagegen insbesondere bei den Ingenieuren der Altersklasse 41 bis 55 Jahre gefragt.
Fazit:
Was die Auswahl von Branchen beim Stellenantritt und beim Stellenwechsel angeht, so scheinen Ingenieure sehr analytisch und wählerisch vorzugehen. Sie haben offensichtlich ein sehr gutes Gespür, in welchen Branchen ihr Ingenieurwissen benötigt und entsprechend gewürdigt wird. Meine Auswertung der Datenbank von ingenieurkarriere.de mag möglicherweise nicht ganz repräsentativ sein, sie zeigt meiner Meinung nach aber die entscheidenden Trends in der Branchen-Priorisierung von Ingenieuren auf.
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