Ruhestand 03.01.2023, 07:01 Uhr

Durchhalten bis zur Rente

Manchen der Generation 60+ wird Angst und Bange, wenn sie an ihre verbleibende Arbeitszeit bis zur Rente denken. Selbst, wenn es nur noch wenige Jahre sind, zweifeln viele, ob sie bis dahin überhaupt noch durchhalten. Hier kommen die besten Tipps.

Rentenantrag

Bei vielen Mitte- und End-Fünfzigern rückt der Gedanke an die Rente plötzlich nahe.

Foto: PantherMedia / filmfoto

Bei vielen Mitte- und End-Fünfzigern rückt der Gedanke an die Rente plötzlich nahe. Jahrzehntelang hat man Senioren und Seniorinnen als „die Alten“ betrachtet, von deren Situation man Lichtjahre entfernt war – und plötzlich rückt das Ende der regulären Lebensarbeitszeit in greifbare Nähe. Manche leiden darunter, etwa, dass sie in ihren Optionen eingeschränkt zu sein scheinen.

Ein Wechsel des Arbeitsplatzes kommt für sie offensichtlich nicht mehr infrage, selbst wenn sie Interesse daran hätten. Sie denken: Welche Firma nimmt schon einen Bewerber beziehungsweise eine Bewerberin in meinem Alter? Doch gerade angesichts des Fachkräftemangels waren die Chancen selten besser, anderswo eine Stelle zu finden. Ob eine Karriere im großen Stil noch klappt – nicht immer realistisch, aber nicht ausgeschlossen!
Zähne zusammenbeißen und irgendwie weitermachen.

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Viele resignieren und denken nur noch: Zähne zusammenbeißen, durchhalten, irgendwie weitermachen. Am Horizont leuchtet ja der Ruhestand. Doch, ist das die richtige Einstellung für die letzten Berufsjahre? Es stimmt: Nicht für jeden gibt es dazu eine Alternative. Denn früher auszusteigen ist für viele schon allein aufgrund des Verlusts von Rentenansprüchen keine Option. Und auch ein Wohnortwechsel kommt nur noch für die wenigsten infrage: Zu sehr hängen sie an der Wohnung oder am eigenen Häuschen und den Menschen in der Heimat.

Augen zu und durch?

„Durchhalten“ trifft es für viele der sogenannten Silver Ager deshalb ziemlich gut. Sie empfinden den beruflichen Druck als hoch und die eigene Zukunft als düster. Je näher die magische 55 rückt, umso düsterer. Die Vision, die nächsten zehn oder mehr Jahre bei ein und demselben Arbeitgeber zu verharren, quasi auf der gleichen Stelle zu treten, bis die Rente durch ist, wird schnell zu einer Sichtweise voller Resignation und Passivität. Viele wollen nur noch eins: sich möglichst unauffällig verhalten, sich keine Schnitzer erlauben und einfach nur so gut wie möglich die Aufgaben bewältigen. Und ruck zuck hat die tägliche Arbeit mehr mit „Aushalten“ als mit „Freude“ zu tun.

Besser Kopf hoch und Augen auf!

Denn mit der Einstellung „Was kann ich schon?“ oder „Wer will mich denn jetzt noch?“ fällt es schwer, etwas Neues zu finden. Was viele Berufserfahrene aber in dieser Situation vergessen beziehungsweise unterschätzen, ist ihre enorme Berufserfahrung, mit der sie durchaus punkten können am Arbeitsmarkt. Wenn sie bereit sind, die Vorteile, die sie gegenüber frisch gebackenen Bachelor-Absolventinnen und -absolventen haben, zu erkennen und mit dem entsprechenden Selbstbewusstsein auftreten, haben sie auch mit 55+ gute Chancen, sich neu aufzustellen.

Babyboomer kommen ins Rentenalter

Arbeiten bis zum regulären Ruhestand – auch für viele Unternehmen gewinnt dieses Thema zunehmend an Bedeutung. Zum einen, weil die „Babyboomer“ der 1960er-Jahre bald zu den Älteren auf dem Arbeitsmarkt gehören, zum anderen, weil inzwischen viele Vorruhestandsregelungen zurückgefahren wurden. Immer mehr Beschäftigte werden deshalb tatsächlich erst mit 67 Jahren in Rente gehen.

Für viele Unternehmen ist es eine besondere Herausforderung, mit dieser veränderten Altersstruktur umzugehen. Dazu gehört auch, dass sie den Älteren attraktive Angebote machen sollten: etwa flexible Arbeitszeiten, Gesundheitsschutz, regelmäßige Fortbildungen und die so genannte „Job-Rotation“, in der Arbeitnehmerinnen und -nehmer in kleineren oder größeren Abständen neue Verantwortung übernehmen. Auch altersgemischte Teams, in denen Ältere von der Energie der Jüngeren und die Jüngeren von der Erfahrung der Älteren profitieren, werden von vielen Unternehmen mittlerweile gezielt unterstützt.

Aktuelle Umfragen besagen allerdings: Drei Viertel der Berufstätigen halten sich für geistig und körperlich nicht in der Lage, bis zum Rentenalter 67 oder länger zu arbeiten. Die meisten ziehen die Grenze bei 65 und geben an, nur dann länger arbeiten zu wollen, wenn der Stress reduziert würde. Weitere Motivationsfaktoren quer durch alle Berufsfelder sind: flexiblere Arbeitszeiten, mehr Gehalt und Wertschätzung durch Vorgesetzte.

Vorzeitig in Rente? Empfindliche finanzielle Einbußen!

Gute Ausbildung, gute Gesundheit? Je besser Beschäftigte ausgebildet sind, desto wahrscheinlicher ist für sie langes Arbeiten. Rund 60 Prozent der Berufstätigen mit Hochschulabschluss gehen davon aus, bis zum Renteneintritt ihren Job ausüben zu können. Unter den un- und angelernten Kräften sind es nur um die 30 Prozent. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Arbeitsbedingungen, unter denen Beschäftigte ihren Job ausüben – je schlechter die sind und umso körperlich anstrengender die Arbeit, umso weniger können sich die Betroffenen vorstellen, bis zum gesetzlich vorgesehenen Alter zu arbeiten.

Sehen sie sich tatsächlich nicht mehr in der Lage, ihr aktuelle Tätigkeit bis zum Erreichen des Rentenalters durchhalten zu können, müssten sie allerdings empfindliche Einbußen hinnehmen: Für jeden Monat vorzeitigen Renteneintritt vermindert sich die gesetzliche Rente um 0,3 Prozent. Wer also anstatt mit 67 schon mit 63 Jahren und damit zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Rente geht, muss einen Abschlag von 14,4 Prozent in Kauf nehmen.

Wer mit seiner beruflichen Situation aber unzufrieden ist, und das über einen längeren Zeitraum, sollte sich ernsthaft Gedanken über einen Wechsel machen. Die Jahre bis zum Ruhestand werden ansonsten quälend lang und es geht viel Lebensfreude verloren. Stattdessen sollte nach Möglichkeiten gesucht werden, sich beruflich umzuorientieren und eine Tätigkeit zu finden, die den eigenen Wünschen und dem eigenen Können besser gerecht wird. Das ist auch im fortgeschrittenen Alter jenseits der fünfzig möglich.

Frühzeitig agieren

Ein Jobwechsel aber ist auch immer mit vielen Fragen und Unsicherheiten verbunden. Zunächst sollten Sie abklären, ob die eigenen Stärken und die eigene Expertise am Arbeitsmarkt aktuell gesucht werden und, wie sie am besten zum Tragen gebracht werden können. Das setzt eine Menge Zeit und Engagement voraus.

Wer den dringenden Wunsch verspürt, einen neuen Job anzunehmen, kann sich auch professionell beraten lassen. In einem Gespräch mit einem Experten oder einer Expertin können die unterschiedlichen Aspekte eines Jobwechsels beleuchtet werden, um herauszufinden, ob ein Stellenwechsel wirklich sinnvoll ist, und, wenn ja, wie dieser am besten organisiert werden sollte. Denn Zweifel haben wohl die meisten Älteren jenseits der 50 oder 60, wenn sie sich auf berufliches Neuland einlassen wollen.

Auch bei drohenden Stellenkürzungen ist es wichtig, rechtzeitig aktiv zu werden. Wer erst nach einer neuen Arbeitsstelle sucht, wenn bereits eine Kündigung ausgesprochen wurde, gerät schnell in Zeitnot und unter finanziellen Druck. Deswegen gilt: sich rechtzeitig um einen Jobwechsel bemühen, um eine größtmögliche Auswahl zu haben und sich die Zeit dafür nehmen zu können, die benötigt wird.

Die eigenen Stärken kennen und ausspielen

Und auch, wenn die Chancen derzeit nicht schlecht stehen, im fortgeschrittenen Alter, gerade als Ingenieur oder Ingenieurin, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, so gibt es doch Unternehmen, die Vorbehalte gegenüber „Älteren“ haben. Nicht zuletzt fürchten Chefs längere Krankheitszeiten und, dass die „neuen Alten“ nicht bereit sind, den gleichen Einsatz zu zeigen wie Jüngere. Doch hier zählen im Bewerbungsgespräch eben Fakten: Erfahrung, Wissen, Begeisterung, ebenso andere soft skills, die auch Teams mit überwiegend jungen Kollegen und Kolleginnen guttun können.

Von Vorteil ist sicher, wenn Sie im Gespräch deutlich machen können, was Sie besonders gut können und welche Aufgabengebiete Ihnen vorschweben. Auch mit relevanten Fort- und Weiterbildungen, an denen Sie in den letzten Jahren teilgenommen haben, können Sie punkten. Schließlich hat, wer sich auf dem aktuellen Stand hält und neuen Technologien nicht verschließt, am Arbeitsmarkt auf jeden Fall die besseren Chancen.

Neues Aufgabengebiet, anderes Team, Jobwechsel?

Auf jeden Fall sollte sich niemand bis zur Rente durch einen Job quälen müssen, der nicht erfüllend ist und zu Stress und Unbehagen führt. Stattdessen sollten Sie den mutigen Schritt wagen, entweder innerhalb des Unternehmens ein neues Aufgabengebiet oder anderes Team zu finden, oder, wenn dies nicht realisierbar ist, einen Jobwechsel anzustreben. Denn nur eine Tätigkeit, die erfüllt und menschlich weiterbringt, können die meisten auch ohne große gesundheitliche Beeinträchtigungen bis zum Renteneintritt gut meistern.

Am besten Sie machen sich bewusst, welchen Erfahrungsschatz Sie im Laufe Ihres Berufslebens schon gesammelt haben. Auf was sind Sie besonders stolz? Was würde Ihr Chef oder Ihre Chefin sagen, was Sie gut können? Wofür wurden Sie von Ihren Kolleginnen und Kollegen bisher geschätzt? Was können Sie besser als ein frisch gebackener Uni-Absolvent? Welchen Nutzen bringen Sie einem Arbeitgeber, wenn er oder sie Sie als Berufserfahrene(n) einstellt? Was möchten Sie gerne noch lernen? Lesen Sie sich Ihre Zeugnisse durch und wertschätzen Sie all das, was dort positiv über Ihre bisherige Arbeit geschrieben steht. Ja, Zeugnisse klingen häufig toll, aber glauben Sie auch ruhig ein wenig von dem, was dort über Sie steht.

Nie zu spät, das Leben in die Hand zu nehmen

Es ist Ihre Entscheidung, ob Sie die Zeit bis zur Rente aussitzen oder aktiv gestalten. Wenn Sie als sogenannter „Silverager“ beruflich etwas verändern möchten, dann haben Sie hierfür zu jedem Zeitpunkt die Chance. Mit einer wertschätzenden und selbstbewussten Grundhaltung sollten Sie Ihre besonderen Stärken und Ressourcen erkennen und für Ihren Weg zum neuen Arbeitgeber nutzen.

Leichtfüßig auf der Zielgeraden

Was also können Sie tun, um auf der Zielgeraden leichtfüßiger an der Rente anzukommen?

  1. Persönliche Reflexion
    In Gesprächen über das, was die Arbeit mit uns macht, sollten Sie sich auch mit sich selbst sowie Ihren eigenen Bedürfnisse auseinandersetzen. Denn: Bedürfnisse ändern sich. Was vor einigen Jahren noch zufrieden gestimmt hat, tut dies aktuell eventuell nicht mehr. Wenn andere Menschen zufrieden von dem erzählen, was sie an ihrer Arbeit mögen und warum, haben Sie die Chance, auch für sich selbst zu definieren, was an Ihrem eigenen Arbeitsleben gut ist – und was eventuell fehlt.
  2. Ressourcen-Tankstelle
    Wer sich verdeutlicht, wo persönliche Ressourcen stecken, also unter welchen Umständen bestimmte Situationen als „energetisch“ wahrgenommen werden, der findet diese persönlichen Ressourcen auch leichter. Am besten, Sie fragen sich also, was Sie pusht, was Sie freut und antreibt. Wann und wie haben Sie so etwas zuletzt im Berufsleben gespürt? In welcher Situation ist Ihnen die Arbeit leicht gefallen, haben Sie Freude erlebt und dabei die Zeit vergessen? Diesen Zustand nennen Experten „Arbeitsflow“: eine Zeit, in der Belastung nicht als solche empfunden wird.
  3. Zurück zu den Wurzeln
    Versetzen Sie sich zurück in die Zeit am Anfang: Was genau hat Sie seinerzeit diesen Beruf wählen lassen? Diese Frage führt Sie zurück zu dem Punkt, als Sie mit viel Engagement und Leidenschaft für den Beruf gebrannt haben. Machen Sie einen Abgleich, was davon heute noch übrig ist. So kommen Sie den Wurzeln Ihrer Motivation für Ihre Arbeit nahe und können besser erkennen, was davon aktuell noch Relevanz hat.

Der Countdown zum Renteneintritt:

Mit 60 Jahren: Erster Kontakt mit dem Rentenberater

Der 60. Geburtstag ist der richtige Zeitpunkt für eine individuelle Rentenberatung, die die Deutsche Rentenversicherung Bund ihren Versicherten kostenlos anbietet. Dann ist der tatsächliche Renteneintritt nah genug für eine konkrete Berechnung mit realistischen Zahlen. Außerdem kann man mit 60 auch die eigene gesundheitliche Situation recht gut einschätzen: Wer absolut fit ist, plant natürlich anders als jemand mit gesundheitlichen Einschränkungen, der vielleicht früher in Rente gehen will.

Mit dem Berater oder der Beraterin können die verschiedenen Optionen in Ruhe durchgerechnet werden: Mit welchen Abschlägen ist zu rechnen, so Sie beabsichtigen, vorzeitig in Rente zu gehen? Besteht Anspruch auf eine Rente für langjährig Versicherte? Wie wirkt es sich auf die Rente aus, wenn Sie in den letzten Jahren die Stunden reduzieren?

Ein Jahr vor Rentenbeginn: Den Arbeitsvertrag gründlich durchgehen

Etwa zwölf Monate vor Rentenbeginn ist ein Blick in den Arbeitsvertrag sinnvoll. Denn manche Arbeitsverhältnisse enden automatisch mit dem Renteneintritt, andere müssen ausdrücklich gekündigt werden. Und, da bei langjährigen Arbeitsverhältnissen oftmals lange Kündigungsfristen bestehen, ist es wichtig, das Kündigungsschreiben rechtzeitig loszuschicken.

Und auch, wer plant, nach dem Renteneintritt weiter im Unternehmen aktiv zu bleiben, sollte dies spätestens ein Jahr vor dem „Ende“ mit dem Arbeitgeber besprechen. Schließlich gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich einzubringen, etwa auf selbstständiger Basis, als Teilzeitkraft oder auch als Minijobber. Bevor Sie sich für eine der Optionen entscheiden, sollten Sie aber erst mit der Rentenversicherung abklären, welche Auswirkungen die gewählte Option auf die Rente hat.

Vier Monate vor Rentenbeginn: Den Rentenantrag rechtzeitig stellen

Es ist soweit: Das Ende des Arbeitslebens steht kurz bevor. Damit alle nötigen Unterlagen für den Rentenantrag rechtzeitig eingereicht werden können, sollte nun, also spätestens vier Monate vor dem Ruhestand, ein Termin mit der Deutschen Rentenversicherung vereinbart werden. Dabei wird individuell geklärt, was noch zu tun ist, und der Berater bzw. die Beraterin hilft auch beim Ausfüllen des Rentenantrags. Wer erst kurz vor dem Renteneintritt den Antrag stellt, riskiert, dass die ersten Zahlungen verzögert eingehen.

Ein Beitrag von:

  • Liane Rapp

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