Ein Dateningenieur berichtet…
Für die Poleposition braucht man einen guten Fahrer, ein schnelles Auto und eine große Festplatte. Sagt Tim Kayser, einer von 1,7 Mio. Ingenieuren in Deutschland.
Per Datenanalyse auf die Überholspur
Der Norisring in Nürnberg gilt unter Motorsportfans als das deutsche Monaco. Der Stadtkurs ist ein absolutes Highlight auf dem Kalender der Nachwuchsserie FIA Formel 3. Mit bis zu 250 km/h rasen hier die Rennboliden über die Strecke. Es geht um tausendstel Sekunden und über Sieg oder Niederlage entscheidet das kleinste Detail. Genau hier wird es für Tim Kayser richtig spannend. Als Dateningenieur bei Mücke Motorsport ist es sein Job, aus den Daten, die der Rennwagen produziert, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Funktionieren alle Systeme einwandfrei? Wie sieht es mit den Vitaldaten aus? Verhält sich der Fahrer richtig? Kayser sucht überall nach Möglichkeiten, die letzten Prozente aus Fahrer und Fahrzeug heraus zu kitzeln.
Benzin im Blut, Luft- und Raumfahrt im Kopf
Mit seinem aktuellen Job hat sich Kayser einen lang gehegten Traum erfüllt. Schon als Kind fieberte er leidenschaftlich mit Michael Schumacher mit und überlegte sich technische Lösungen, wie man einen Rennwagen noch schneller machen könnte. „Natürlich sehr naiv – und noch utopischer war für mich der Gedanke, wirklich einmal im Motorsport zu arbeiten”, sagt Kayser rückblickend. Ein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik verwandelte die Utopie des kleinen Jungen schließlich in die Wirklichkeit des jungen Mannes. Denn Themen wie Aerodynamik, Leichtbau und Sicherheit sind auch im Motorsport von großer Bedeutung.
Das Know-how für die Fahrzeugtechnik hat sich Kayser teilweise während seines Masterstudiums an der TU Braunschweig angeeignet. Dort gibt es ein Team, das seit 2011 beim jährlichen Konstruktionswettbewerb Formula Student Germany am Hockenheimring antritt. Gemeinsam mit Gleichgesinnten entwickelte Kayser so einen Rennboliden, der gegen Teams aus aller Welt antrat. Was ihm dennoch an Wissen im Bereich der Fahrzeugtechnik fehlt, holt sich Kayser jetzt „on-the-job”. Eine Herausforderung, die er gerne annimmt.
Ingenieure geben nicht auf
Für Kayser sind Ingenieure Problemlöser und stehen als solche immer wieder vor neuen Herausforderungen. „Es gibt sehr viele frustrierende Momente, aber auch umso schönere, wenn man ein Problem gelöst hat”, sagt der Dateningenieur. Solange man ruhig bleibe und offen sei für neue Lösungsansätze, könne man sich sicher sein, dass sich alles bewältigen lässt. Gerade im Motorsport ist man schließlich in einem ständigen Kreislauf aus Testen, Analysieren und Verbessern und Testen, Analysieren und Verbessern und Testen,…
Innovationen, die am Rande der Rennstrecken entstehen, kommen oft der Autobranche als Ganzes zugute. Anstatt Benziner weiterzuentwickeln, könnte der Rennsport beispielsweise schon bald für bessere Elektroautos sorgen. E-Rennserien wie die Formula E gewinnen immer mehr an Bedeutung. Kayser möchte jedenfalls weiterhin Teil der großen Motorsportfamilie bleiben, denn nirgendwo ist die Entwicklung so schnell und so spannend: „Im Motorsport hast du immer wieder aufs Neue die Möglichkeit, deine Ideen zu überprüfen. Alle 14 Tage ist wieder ein Rennen und eine neue Chance, es besser zu machen.”
VDI-Ingenieurgeschichten
Seit 2014 sammelt der VDI Ingenieurgeschichten, die er auf einer eigenen Webseite vorstellt. Dabei werden Ingenieure und Ingenieurinnen in ihren aktuellen Arbeitsgebieten vorgestellt – vom Unternehmenslenker, der sich mit Intralogistik beschäftigt, bis zur Mikrosystemingenieurin, die an einem Miniaturlabor bastelt, sind bereits einige spannende Porträts erschienen. Sie alle zeugen von der Vielfältigkeit des Ingenieurberufs und zeigen, wo Ingenieure auch in Ihrem Alltag ihre Finger mit im Spiel haben.
Wer selbst eine Geschichte zu erzählen hat oder eine/n Ingenieur/in kennt, deren/dessen Beruf außergewöhnlich ist, kann sich direkt an den VDI wenden. Das Team der VDI-Ingenieurgeschichten nimmt noch bis Anfang November 2015 Themenvorschläge entgegen.
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