Agiles Arbeiten: Abschied von alten Führungsformeln
Agilität lautet das neue Zauberwort im Management: Flink, beweglich und wendig sollen Menschen und Unternehmen auf die Herausforderungen unserer komplexen Welt reagieren.
Wer agil ist, ist flexibel und robust gegenüber Komplexität, Veränderungstempo und Ungewissheit. Verabschiedet man sich von der Vorstellung, die Dinge vollständig vorhersehen, beherrschen und steuern zu können, hat man geistig einen wichtigen Schritt hin in ein erfülltes agiles Arbeitsleben gemacht.
Agile Führung schafft Freiräume für Entwicklung
Die digitale Transformation zwingt Organisationen und die beteiligten Menschen, ihre Prozesse und Strukturen konsequenter denn je vom Kunden her zu denken. Das hat gravierende Auswirkungen auf das Führungsgeschehen: Kundenorientierung, Geschwindigkeit und Innovationskraft erfordern immer mehr laterale Kooperationsformen. Herkömmliche Top-Down-Steuerungsmechanismen, die Volatilität und Dynamik durch Planung und Kontrolle zu beherrschen versuchen, müssen angesichts komplexer Rahmenbedingungen und umfassender Herausforderungen scheitern. Wer die Einhaltung von Plänen in den Fokus seines Tuns stellt, verhindert Veränderung und ächtet Entwicklungsgeschehen. Zudem verengen ausgefeilte Arbeitsanweisungen jegliche Spielräume, die für die Entfaltung von Kreativität und Gestaltungsfreude unverzichtbar sind.
Was bedeutet das alles für Führung? In Führungsprozessen und –instrumenten spiegelt sich das Menschenbild in einer Organisation wider. Führungsverhalten bestimmt maßgeblich das gelebte Wertesystem. Im Fokus agiler Führung stehen Menschen und ihr Zusammenwirken. Fachliche und administrative Kompetenz rücken gegenüber der Fähigkeit, Führung als sozialen Prozess zu gestalten, in den Hintergrund. Die Autorität agiler Führung gründet sich auf Respekt gegenüber kollaborativen Prinzipien und einer Begegnung auf Augenhöhe. Das bedeutet nicht, auf autoritäre Prinzipien komplett zu verzichten, sondern diese sinnvoll und dosiert einzusetzen.
Neues Denken im „Sowohl als auch“-Schema
Um die allgegenwärtige Komplexität zu bewältigen, müssen Mitarbeiter und Führungskräfte anders denken:„Sowohl aus auch“ statt binärem „richtig oder falsch“ sind angesagt. Lösungen müssen häufig zeitnah, direkt vor Ort und disziplinübergreifend erarbeitet werden. Dabei sind die heute so typischen Expertenorganisationen mit ihren hierarchischen Führungspraktiken oft überfordert, im schlimmsten Fall verhindern sie die überlebenswichtige Weiterentwicklung. Es braucht neue Formen der Zusammenarbeit, die sich in agilen Methoden wie Scrum und Design Thinking oder beispielsweise Prinzipien der Selbstorganisation finden lassen.
Agile Führung ist auf Teams ausgerichtet, denn in unplanbaren, komplexen Situationen sind diese erfahrungsgemäß erfolgreicher als Einzelkämpfer. Um dies entsprechend zu begleiten, braucht eine Führungskraft einen wachen systemischen Blick, gruppendynamisches Wissen und vertiefte Kompetenzen in Sachen Teamentwicklung. In agilen Kontexten entstehen Beziehungsnetzwerke, die die Wertschöpfungsstrukturen eines Unternehmens sichtbar machen.
Die Frage nach dem Sinn
Neue Formen der Zusammenarbeit werden nicht zuletzt von einer neuen Generation an Mitarbeitenden eingefordert, die im Kontext ihrer Arbeit mehr nach dem Sinn fragen als ihre Vorgänger. Tatsächlich zeigen sich in agilen Kontexten Sinn, Vertrauen und Verantwortung als zentrale Werte. Die Suche nach dem „Purpose“ hilft nicht zuletzt, brauchbare Leitplanken für das konkrete Tagesgeschehen zu setzen.
Agile Führungsansätze kalkulieren die stete Veränderung von Rahmenbedingungen, Erwartungen und Anforderungen mit ein. Gleichzeitig schaffen sie geschützte Räume, in denen neue Ideen entwickelt werden. Notwendig ist dafür ein enges Zusammenspiel aller relevanten Akteure, auch und insbesondere in interdisziplinären Settings. Kommunikations-Skills und Kontaktstärke sind in agilen Zeiten ganz besonders gefragt, z.B. als Handwerkszeug für regelmäßige Reflexion und Feedback in der Zusammenarbeit.
Karriere auf neuen Pfaden
Führung in agilen Zeiten ist im Vergleich zu früher weit weniger auf einen Aufstieg von Dauer ausgerichtet. Denn Führungsverantwortung wird immer mehr über zeitlich begrenzte Rollen wahrgenommen. Je nach Rolle sind unterschiedliche Kompetenzen gefordert, die situativ abgerufen werden. Sicher ist eines: Selbstorganisation und Agilität brauchen kompetente und engagierte Führungskräfte und Mitarbeitende. Die wirken in vernetzten, selbstorganisierten Teams und verändern so kontinuierlich die Rolle von Führung in der neuen Arbeitswelt.
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