An der Spitze winkt der höchste Bonus
Die Funktion der zielabhängigen Einkommen verschiebt sich vom Motivations- zum Steuerungsinstrument. Das geht aus einer aktuellen Vergütungsstudie hervor. Profitieren werden demnach in erster Linie diejenigen, die die Unternehmensziele festlegen. Und das sind die Führungskräfte aus dem Top-Management.
Während der Finanzkrise gerieten die von Unternehmen an Mitarbeiter gezahlten Boni in der öffentlichen Debatte heftig unter Beschuss. Zwei Jahre später ist davon nichts mehr zu hören. Im Gegenteil: Nach wie vor ist der Bonus die beliebteste Variante der variablen Vergütung für das Führungspersonal – bei Mitarbeitern wie bei den Firmen.
Nach einer Studie der Hay Group in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung und der Wiesbaden Business School belohnen vier von fünf Unternehmen damit ihr Top-Management und ihre leitenden Angestellten, wenn sie die vereinbarten Ziele erreicht haben. Allerdings hat sich der Zuschnitt der variablen Vergütungssysteme geändert. Größere Unternehmen ergänzen die an kurze Zeithorizonte gebundenen Zahlungen zunehmend mit „Long Term Incentive Systemen“ (LTI), bei denen auf den mehrjährigen Erfolg geachtet wird. Die Zielhöhe der variablen Vergütung beträgt im Durchschnitt 35 % (ohne LTI) und bis zu 60 % (mit LTI) des Grundgehaltes für das Top-Management und 25 % (ohne LTI) beziehungsweise 45 % (mit LTI) für leitende Angestellte.
Ob das Extra-Einkommen gezahlt wird, hängt vom Erreichen der Unternehmensziele ab, was anhand betriebs- und finanzwirtschaftlicher Kennzahlen gemessen wird.
Für Mitarbeiter des außertariflich vergüteten Bereichs (AT) werden ebenfalls überwiegend Bonussysteme eingesetzt, gelegentlich ergänzt mit Gewinnbeteiligungssystemen. Mit einem Anteil von 13 % bis 20 % am Grundgehalt liegt der variable Teil deutlich unter dem für die oberste Führungsebene.
Die veränderliche Vergütung von Tarifmitarbeitern orientiert sich an Bonus- und/oder Leistungsbeurteilungssystemen und beträgt noch weniger, im Schnitt 7 % bis 10 %. Für alle Mitarbeitergruppen aber gilt: Die Systeme werden permanent verändert, um den Unternehmen größere Flexibilität und Chancen auf Kosteneinsparungen zu geben und um den Forderungen des Gesetzgebers nach Nachhaltigkeit und größerer Transparenz zu genügen.
„Immer mehr Unternehmen knüpfen den variablen Teil der Vergütung stärker an das Erreichen der Unternehmensziele und weniger an das der individuell mit den Mitarbeitern vereinbarten Ziele“, macht Thorsten Petry von der Wiesbaden Business School auf einen Trend aufmerksam. „Damit will man offenbar verhindern, dass einzelne Mitarbeiter auch dann einen Bonus einstreichen, wenn das Unternehmen einen Verlust erzielt.“
Das sei für die Topebene der Führungskräfte auch völlig in Ordnung, meint der Wissenschaftler. „Auf den mittleren und unteren Führungsebenen jedoch wird das für schlechte Stimmung sorgen“, befürchtet Petry, „weil die Mitarbeiter diese Ziele kaum beeinflussen können.“ Langfristig beeinträchtige das die Funktion der variablen Vergütung als Motivationsinstrument. „Stattdessen setzen die Unternehmen den erfolgsabhängigen Teil der Vergütung primär als Steuerungshebel ein, um die Anstrengungen der Mitarbeiter auf die strategisch angesehenen Unternehmensziele zu lenken.“
Die Schlussfolgerung, die man aus der Studie ziehen kann, überrascht nicht wirklich. Sie lautet in der Kurzform: Am besten bezahlt werden diejenigen, die die Unternehmensziele festlegen. CHRISTINE DEMMER
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