Capgemini-Chef: „Viele Unternehmen hinken der Technik hinterher“
Speicher sind so günstig geworden, dass in den Unternehmen ein Digitalisierungsschub einsetzt, meint Michael Schulte, Deutschland-Chef des Technologieberaters Capgemini.
Schulte: Neu ist, dass die Umsetzung enorm an Dynamik zulegt. Es hat den Anschein, als ob viele Unternehmen erst jetzt entdecken, was sich mit dem Computer und dem Internet alles machen lässt.
Zum einen die rasant fallenden Kosten für die Speichertechnologie. Immer mehr Konsumgüter werden mit Chips ausgestattet, denken Sie nur an intelligente Waschmaschinen, Autos mit eigener Internet-Adresse und Smart Meter, die eigenständig den Energieverbrauch im Haus steuern. All das sind technologisch eingeführte Dinge. Aber diese „Connected Devices“ verarbeiten nicht nur Informationen, sondern sie senden auch Informationen an die Hersteller zurück. Das hat bei vielen die Frage aufgeworfen: Was machen wir damit?
Genauso ist es. Digitale Reife bedeutet, Innovationen intelligent zu nutzen, um auf der Geschäftsseite etwas signifikant zu verändern und damit einen betriebswirtschaftlichen Nutzen zu erzielen. Wenn etwa die von der Waschmaschine zurückgesendeten Nutzungsdaten in Hinweise für eine bessere energetische Auslastung münden, die den Kunden als Extra-Service verkauft werden können. Kundengewinnung und Kundenbindung über Kundeninformationen und Kundenerfahrung sind starke Themen, ebenso wie die Geschäftsprozessoptimierung und die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen. Hier hinken viele Firmen der Technik hinterher.
Man findet in jeder Branche Firmen, die vorne liegen, und Firmen, die hinterherlaufen. Unternehmen, die in sehr traditionellen Welten arbeiten wie die Pharmaindustrie rangieren eher hinten. In den Branchen Hightech und Telekommunikation findet man viele, die den Markt antreiben.
Die digitale Transformation verschafft mehr Transparenz und liefert zeitnahe, spezifischere Informationen. Doch wenn man die Informationen hat, dann will man damit auch etwas machen. Also müssen die Menschen schneller werden. Sie müssen schnell entscheiden, schnell reagieren, und sie müssen näher am Kunden sein. Schon heute sind viele multikulturell unterwegs und arbeiten in virtuellen Dimensionen. Der Unterschied zwischen intern und extern verschwimmt. Die Arbeitszeiten ändern sich, die Hierarchien werden flacher, der Umgang ist unhierarchisch. Das bedeutet: Führung bekommt einen anderen Kontext.
Das ist keine Sache des Alters. Nur tut sich, wer mit dem Internet aufgewachsen ist, damit leichter. Manchmal allerdings geht der Umbruch so schnell vonstatten, dass der eine oder der andere damit überfordert ist.
Die Dynamik wird weiter zunehmen. Bei vielen Dingen sind wir noch ganz am Anfang. Der Automobilindustrie stehen massive Umwälzungen bevor. Der Handel muss sich auf verstärktes Online-Shopping einstellen. Maschinenbauer, die intelligente Anlagen installieren, sollten sich fragen, wie stark die Anlagen genutzt werden. Vor allem aber: Ob sich daraus nicht ein neues Geschäftsmodell entwickeln lässt.
Ein Beitrag von: