CSR: Ingenieure übernehmen soziale Verantwortung
Technologieorientierte Unternehmen wollen zunehmend gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Doch oft mangelt es am Wissen, wie das geht, und am Personal, das eine Corporate Social Responsibility (CSR)-Strategie entwickelt und umsetzt. Das macht es zuweilen schwer, Mitarbeiter davon zu überzeugen. Doch diese sind die Stütze eines glaubwürdigen und nachhaltigen CSR-Konzepts.
Noch vor ein paar Jahren wusste Arnold Drewer nicht mal, was Corporate Social Responsibility (CSR) überhaupt bedeutet. Heute geht ihm der Zungenbrecher flott über die Lippen. Aber nicht nur das. Der Geschäftsführer der Paderborner InnoDämm GmbH, einer Spezialfirma für Häuserdämmung, übernimmt tatsächlich gesellschaftliche Verantwortung: Ein Drittel der Beschäftigten ist älter als 50 Jahre, die Hälfte hat einen Migrationshintergrund, Alleinerziehende und Behinderte gehören zum Team.
Außerdem bildet die Firma sozial benachteiligte Jugendliche zur „Fachkraft Dämmtechnik“ weiter, um ihnen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Für ein Unternehmen mit 21 Mitarbeitern ist das eine ganze Menge.
„Hilfen für kleinere Firmen, CSR zu implementieren, gibt es nicht“
„Wir haben unsere Erfahrungen gesammelt, Fehler gemacht und viel gelernt“, sagt Drewer. Er bedauert: „Hilfen für kleinere Firmen, CSR zu implementieren, gibt es nicht.“ Doch sein Einsatz lohnt sich für die Firma und die Mitarbeiter: Drewer hat nun ein hochmotiviertes Team, das im klassischen Training on the Job für die spezielle Aufgabe ausgebildet ist. Und in diesem Klima gedeihen eindrucksvolle Karrieren, wie die eines Türken, der einst als Hilfsarbeiter bei InnoDämm begann und heute Geschäftsführer der Handwerker-Sparte des Unternehmens ist, die die Dämmungen einbaut.
Für Drewer ist gesellschaftliches Engagement ein klarer Erfolgsfaktor. Auch wenn kleinen und mittelständischen Betrieben meist nicht erst erklärt werden muss, was es bedeutet, Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, Kunden, der Umwelt und Gesellschaft zu übernehmen, scheitern gute Ansätze zuweilen an einer knappen Personaldecke, der Hektik des Alltags und daran, Mitarbeitern Sinn und Zweck von CSR zu vermitteln.
„Da kann es wie bei jedem Change-Prozess zu Widerständen kommen“, weiß Thorsten Brinkmann, CSR-Experte des Detmolder Gilde Gewerbe- und Innovationszentrums. Im Projekt „Zukunft Mittelstand!“ hilft Gilde mit Workshops, Vorträgen und Beratung, um Unternehmen zu zeigen, wie CSR implementiert und kommuniziert werden kann. „Vielen ist das Thema wohlvertraut, doch oftmals fehlt die strategische Ausrichtung der Aktivitäten, um CSR dauerhaft in Geschäftsprozesse zu integrieren“, sagt Brinkmann.
Aber nur so wird sich die Anstrengung auszahlen. „Die zentrale Herausforderung für das Management ist, Mitarbeiter zu überzeugen, denn sie tragen letztlich die CSR-Strategie“, betont der Fachmann. Schwer genug, denn dabei handelt es sich nicht um eine konkrete Maßnahme mit konkreten Kriterien wie bei einer Zertifizierung, sondern um ein eher schwer fassbares Thema, das nicht leicht zu vermitteln ist. Ganz zu schweigen davon, dass die Erfolge schwer messbar sind. Allerdings wissen gerade technologiegetriebene Unternehmen durchaus zu schätzen, wenn ihr Rating und damit Finanzierungsmöglichkeiten gut sind, weil das Unternehmen im Wortsinn sauber und verantwortlich agiert. Und: „Im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte zahlt sich CSR aus, da auch in dieser Hinsicht Kandidaten sehr anspruchsvoll geworden sind“, unterstreicht Brinkmann.
Accenture-Mitarbeiter können sich in Entwicklungsländern engagieren
Eine Erfahrung, die die Technologie-Beratung Accenture vor gut zehn Jahren machte, als Mitarbeiter von sich aus nachfragten, mit welchen Projekten das Unternehmen Verantwortung übernimmt – so wie sie es in angelsächsischen Ländern kennengelernt hatten.
Seither bietet Accenture beispielsweise Mitarbeitern in Kooperation mit dem internationalen Wohltätigkeitsverband „Voluntary Services Overseas“ (VSO) die Möglichkeit, sich in Entwicklungsländern zu engagieren. Etwa, indem wie derzeit in einem kambodschanischen Krankenhaus eine Patientendatenbank aufgebaut wird. Dafür werden Mitarbeiter für sechs bis neun Monate freigestellt. In dieser Zeit bekommen sie eine monatliche Pauschale, um laufende Kosten zu decken. „Wir wollen unser Wissen an Menschen weitergeben, die es benötigen und nicht reguläre Beratersätze bezahlen können“, sagt David Kossen, Vorstand der Accenture-Stiftung.
Darin sieht er den Schlüssel, erfolgreich CSR in einem Unternehmen zu betreiben: „Wichtig ist, dass Hilfe mit den Kernkompetenzen der Mitarbeiter verbunden wird. Denn wenn diese tun, was sie am besten können, macht es ihnen Spaß, wovon andere am meisten profitieren“, erklärt Kossen. Davon, Schecks vor laufender Kamera zu überreichen, hält er wenig: „Das kann jeder.“ Spezielles Wissen weitergeben hingegen nicht. Daher seien technologiegetriebene Unternehmen geradezu prädestiniert, sich gesellschaftlich zu engagieren. Kossen: „Deutsche Ingenieurskunst kann weltweit dabei helfen, Probleme zu lösen.“
CSR funktioniert nur, wenn das Engagement zielgerichtet ist
Doch in der Praxis stößt das nicht immer auf ungeteilte Gegenliebe. Aus CSR-Implementierungsprojekten von Accenture für andere Unternehmen und Behörden kennt Kossen Widerstände, etwa wenn Arbeitnehmervertreter um die Freizeit ihrer Mitarbeiter fürchten. Doch Skeptiker versucht Kossen damit umzustimmen, dass Mitarbeiter bei CSR-Projekten neue Fähigkeiten wie Improvisationstalent, Problemlösungskompetenz, Empathie und Teamfähigkeit erlernen oder vertiefen.
Das funktioniert nur, wenn das Engagement zielgerichtet ist und bei den Fähigkeiten der Mitarbeiter ansetzt. „Der Fehler vieler Unternehmen besteht darin, dass sie CSR nach dem Gießkannenprinzip betreiben“, sagt Kossen. Besser ist, Themen nach einem Leitmotiv zu besetzen, das zu dem Unternehmen passt – das senkt schon im Ansatz die Verzettelungsgefahr und damit die Gefahr, dass CSR scheitert.
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