Management 26.11.2010, 19:50 Uhr

Ein Maler mit Managergeschick

Wussten Sie das der Maler Kristian Rademacher-Dubbick ein erfolgreicher Manager war? Wir haben sein Leben und Werk beleuchtet.

Foto: panthermedia/AndrewLozovyi

Foto: panthermedia/AndrewLozovyi

Das Leben des Malers Kristian Rademacher-Dubbick versprach alles andere, nur nicht das eines erfolgreichen Firmenmanagers. 1949 kam für den 28-Jährigen die Wende. Aus dem zehnköpfigen Duisburger Betrieb Krohne Messtechnik formte der eigenwillige Künstler den international führenden Anbieter in der Prozessmesstechnik. Seine Künstlerkarriere war beendet, von dem Sammler Kristian Rademacher-Dubbick profitiert Krohne noch heute. Ein Bildband dokumentiert jetzt Leben und Werk von Rademacher-Dubbick.

American Dream nur in romantisch

Vom Tellerwäscher zum Millionär. Das ist die hinlänglich bekannte US-amerikanische Variante vom Aufstieg des Armen zum Erfolgreichen. Die deutsche Variante ist romantischer: Ein junger Künstler hat sich in die Einsamkeit zurückgezogen, um sich ganz seiner Leidenschaft, dem Malen, zu widmen. Seine Begleiter beim Wildern und Schmuggeln, womit sich der Aussteiger über Wasser hält, sind ein Hund und ein zahmes Wildschwein.

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Zugang zur Düsseldorfer Künstlerszene

Das Ende des verhassten „Tausendjährigen Reiches“ eröffnet dem begabten Maler Zugang zur Düsseldorfer Künstlerszene und zum Ausland. In Paris landet der junge Mann zunächst im Knast, verbunden mit der Auflage, alsbald eine feste Adresse nachzuweisen.

Das Asyl einer schönen Pariserin nimmt er nur kurzzeitig in Anspruch, da der Bohemien wenig später von seiner Großmutter ins heimische Duisburg gerufen wird. Dort soll er im kleinen Familienbetrieb aushelfen, dessen 10 Mitarbeiter sich auf Schwebekörpermessgeräte spezialisiert haben. Als Künstler verfüge er doch über genügend Ideenreichtum, erfolgreich die Werbetrommel zu rühren, meint die Oma.

Es vergehen 5 Jahre. Während einer Geschäftsreise nach Frankreich erinnert sich der junge Mann an die Pariserin. Sie treffen sich, verlieben sich, heiraten. Die Schöne schenkt 2 Jungs, Zwillingen, und 2 Töchtern das Leben. Der junge Mann könnte nicht glücklicher sein. Auch das Geschäft blüht und gedeiht. Im Ausland entstehen Niederlassungen, ein weltweites Netz wird geknüpft.

Die Geschichte ist kein modernes Märchen, sondern gelebte Realität. Die Rede ist vom Leben des Kristian Rademacher-Dubbick, der das Erbe seines Großvaters, die nach dem Gründer benannte Ludwig Krohne GmbH, mit kreativem Geschick zu internationalem Format formte.

Manager-Kompetenzen mussten erst aufgebaut werden

Der damals 28-Jährige, der 1949 die Geschicke des Unternehmens übernahm, profitierte nicht allein von seiner künstlerischen Kreativität. Kristian Rademacher-Dubbick wusste sehr wohl, wo seine Grenzen liegen. „Mein Vater hatte weder Management-, Technik- noch BWL-Vorkenntnisse“, erzählt Michael Dubbick, einer der beiden Zwillinge und Geschäftsführender Gesellschafter der Ludwig Krohne GmbH. Die nötigen Kompetenzen holte sich der gewiefte Manager-Novize von außen. „Er hatte ein Händchen dafür, sich mit geeigneten Leuten zu umgeben. Insofern war Vater ein Avantgardist der heutigen Wissensgesellschaft: Die Kunst ist nicht, alles zu wissen, sondern zu wissen, wo man die nötigen Informationen auftreibt.“

Dabei ließ sich Kristian Rademacher-Dubbick aber nie das Heft aus der Hand nehmen. „Vater hat sich mit seinen Ideen auch gegenüber den Fachleuten im Unternehmen durchgesetzt. Er war im besten Sinne ein Patriarch“, sagt Sohn Michael. Leiten ließ sich der Geschäftsmann ohne klassische Ausbildung von seinem künstlerischen Gespür. Das Ziel war eine Vision, der Weg handfeste Arbeit und eiserner Wille. „Er hatte sich in den Kopf gesetzt, ein Messgerät aus Keramik zu entwickeln, das bei allen Anwendungen funktioniert. Beratende Physiker hielten das für unmöglich.“ Das Prinzip funktionierte aber doch und ist bis heute eines der Erfolgsrezepte des Unternehmens.

Pinsel für immer beiseite gelegt

Heute taucht der 89-Jährige nur noch selten in den Büros in Duisburg-Duissern auf, höchstens um sich über den Auftragseingang zu informieren. Mit Eintritt ins Unternehmen legte Rademacher-Dubbick den Pinsel für immer weg. Sohn Kristian junior, selbst Maler und Gesellschafter des Unternehmens, findet das nur konsequent: „,Ich bin kein Hobbymaler“, hat er gesagt. Wenn man ein Geschäft führen wolle, könne man nicht nebenbei malen.“

Die Autorität des „Patriarchen“ habe die Gestaltungskräfte seiner Mitarbeiter nie erdrückt. „Mein Vater hat den Leuten viele kreative Freiräume gelassen. Sie sollten ihre eigenen Ideen einbringen“, meint Michael Dubbick. „Die Philosophie des ,offenen Gedankens““, da sind sich die Dubbick-Brüder einig, habe wesentlich zum Erfolg des Unternehmens beigetragen, das heute weltweit mehr als 2200 Mitarbeiter zählt, darunter etwa 500 Ingenieure.

Exponate befinden sich im Unternehmen

Leben und Werke der Wegbegleiter von Kristian Rademacher-Dubbick sind an der Ludwig-Krohne-Straße 5 in Duissern allgegenwärtig. „Die Künstler haben mit ihren Werken das Innere der Firma geradezu durchdrungen“, heißt es in dem jüngst erschienenen Buch zur Kunstsammlung, deren Grundstock Rademacher-Dubbick vor 6 Jahrzehnten legte und die nun Sohn Kristian fortführt. Die meisten der rund 2000 Exponate national und international renommierter Künstler befinden sich im Unternehmen.

Das bleibt nicht ohne Folgen. Nicht jeder, aber viele Mitarbeiter haben im Laufe der Zeit Kunstinteresse entwickelt. „Vor einiger Zeit wurde aus Halle 4 ein großformatiges Bild entfernt und in den Eingangsbereich umgehängt“, erzählt Ingenieur Michael Daheim, Leiter Betriebsphysik. „Die Mitarbeiter fanden das gar nicht gut und wollten das Bild zurück an ihrem Arbeitsplatz haben. Sie hatten das Bild vermisst.“

Wo in anderen Unternehmen Pin-ups hängen, zieren Bilder von Peter Royen und Fujio Akai die Werkshallen der Krohne Messtechnik GmbH. „Wenn man hier anfängt, merkt man schon, dass man in einem anders gearteten Unternehmen ist“, sagt Ingenieur und Product Manager Marcus Conein, der seit gut zwei Jahren für Krohne tätig ist. „Man kann sich ein Bild für sein Büro aussuchen. Das ist weltweit so, ob in der Duisburger Zentrale oder an Standorten in Mexiko und Norwegen.“

Wert des Ganzen immer im Blick

Kristian Rademacher-Dubbick war und ist eigen, was aber nie seinen Blick für den Wert des Ganzen verschleierte. Der Erfolg des Unternehmens und die außergewöhnliche Kunststammlung zeigten, so heißt es im Buch, „was es bedeutet, als Künstler zu überleben und wie sehr das Gelingen des eigenen Lebens auch von denen abhängig ist, die einen begleiten“.

Das Buch „Kunstsammlung Krohne“ ist erhältlich über: Karin Hamblock, Krohne Messtechnik GmbH, Tel. 0203/3014205 (k.hamblock@krohne.com), Preis: 35 €.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Schmitz

    Wolfgang Schmitz

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Bildung, Karriere, Management, Gesellschaft

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