Interview 03.02.2025, 08:00 Uhr

Experte warnt: Diese Anzeichen entlarven toxische Chefs sofort!

Kontrolle, Angst und Manipulation bestimmen den Arbeitsalltag – und plötzlich macht der Job keinen Spaß mehr. Morgens quält man sich zur Arbeit, Krankenstände steigen, die Stimmung im Unternehmen kippt. Solche Anzeichen deuten oft auf eine toxische Atmosphäre hin, die ihren Ursprung in schlechter Führung hat.

Oliver Kempkens, Mitgründer und Managing Partner der Kempkens x Kohler GmbH, teilt als renommierter Experte wertvolle Einblicke zur toxischen Führung und deren Auswirkungen auf Unternehmen. Foto: Oliver Kempkens

Oliver Kempkens, Mitgründer und Managing Partner der Kempkens x Kohler GmbH, teilt als renommierter Experte wertvolle Einblicke zur toxischen Führung und deren Auswirkungen auf Unternehmen.

Foto: Oliver Kempkens

In unserem Gespräch mit Oliver Kempkens erfahren Sie, welche verheerenden Auswirkungen eine toxische Führungskultur auf ein Unternehmen haben kann und wie man diese frühzeitig erkennt. Oliver Kempkens teilt auch wertvolle Einblicke, welche Schritte Führungskräfte unternehmen können, um diese schädlichen Muster zu durchbrechen. Denn: Als Mitgründer und Managing Partner der Kempkens x Kohler GmbH ist er ein renommierter Experte im Bereich Executive Search und begleitet Unternehmen weltweit bei der Besetzung von Führungskräften. Mit seiner umfangreichen Erfahrung bei SAP, Sberbank und Russell Reynolds gibt er spannende Einblicke, wie Unternehmen mit den richtigen Führungskräften den Erfolg langfristig sichern können.

Herr Kempkens, wie würden Sie eine toxische Führungskultur definieren? Welche Merkmale sind für dich besonders kennzeichnend?

Eine toxische Führungskultur beschreibt eine Arbeitsumgebung, die durch destruktives Verhalten von Führungskräften geprägt ist. Dies führt zu psychologischem Druck auf Individuen und schafft kollektiv ein negatives Arbeitsklima.

Toxisches Führungsverhalten zeigt sich vor allem durch Machtmissbrauch, mangelnde oder fehlende Empathie und egozentrische Entscheidungsfindung.

Merkmale sind unter anderem Mikromanagement – nicht aus Kontrollzwang, sondern aus mangelndem Vertrauen ins Team –, das Schüren von Angst und Unsicherheit sowie unklaren Verantwortlichkeiten ohne plausible Erklärung. Dazu kommt oft noch subtile Manipulation zur Loyalitätssicherung, Kritik ohne konstruktives Feedback und fehlende Transparenz im Umgang mit Mitarbeitenden und Entscheidungen dazu.

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Wann wird Fehlverhalten tatsächlich toxisch?

Ich glaube, der wichtigste Punkt ist, dass wir heute in einer sehr emotionalisierten Gesellschaft leben. Nicht jedes Fehlverhalten ist automatisch toxisch. Nur weil jemand einmal, oder auch mehrmals, in einer stressigen Phase (sei es durch private Probleme oder beruflichen Druck) Fehler macht oder intransparent ist, muss das nicht sofort als toxisch betrachtet werden. Es ist wichtig, zwischen einmaligem bzw. situativem Fehlverhalten und toxischen Mustern zu unterscheiden. Toxisch wird es dann, wenn es sich um eine Systematik handelt, die bewusst oder unbewusst eingesetzt wird, um eine Machtposition zu sichern. Es geht also darum, genau hinzuschauen und vorsichtig zu sein, bevor man das Verhalten als toxisch einstuft.

„Der Fisch stinkt vom Kopf her.“

Wie stark ist toxische Führungskultur in deutschen Unternehmen verbreitet?

Eine schwierige Frage. Man sagt ja oft: „Der Fisch stinkt vom Kopf her.“ Ich persönlich glaube jedoch, dass toxische Führung auf oberster Führungsebene weniger verbreitet ist. Es gibt natürlich einzelne Abteilungen oder Bereiche, in denen sie stärker oder schwächer ausgeprägt sein kann.

In großen Konzernen habe ich toxische Führung nicht flächendeckend erlebt. Oft wird von einer „toxischen“ Kultur gesprochen, aber in vielen Fällen handelt es sich eher um eine Drucksituation, oft auch um eine transformatorische Phase in der alte Muster aufgebrochen werden und nicht gut genug kommuniziert werden. Dieser Wandel wird teils fälschlicherweise als toxisch empfunden, was nicht zwingend objektiv toxisch sein muss. Das soll aber nicht heißen, dass die Phasen und die Gefühle der Mitarbeiter keine Berücksichtigung finden müssen.

Deshalb zusammenfassend, ob toxische Führung in deutschen Unternehmen besonders verbreitet ist, würde ich nicht zwingend sagen. Ich habe in den USA und Russland gelebt und konnte keinen signifikanten Unterschied feststellen.

Misstrauen, Konflikte und Silokultur

Welche Auswirkungen hat eine toxische Führungskultur auf die Mitarbeitenden?

Langfristig hat toxische Führung auf jeden Fall negative Auswirkungen auf die Mitarbeitenden. Dazu gehören ein Rückgang der Motivation, erhöhte Burnout-Raten, steigende Krankenstände und eine zunehmende Distanzierung vom Arbeitsplatz. In der heutigen Remote-Arbeitswelt bedeutet das nicht nur weniger Freude, ins Büro zu kommen, sondern auch eine psychologische Distanzierung – Mitarbeitende identifizieren sich weniger mit ihrer Arbeit.

Im Idealfall sollten Mitarbeiter auch zu Markenbotschaftern des Unternehmens werden, aber das wird in einer toxischen Umgebung schwer möglich. Besonders in Zeiten, in denen es schwierig ist, neue Arbeitskräfte und Führungskräfte zu gewinnen, wird sich eine toxische Kultur negativ auswirken. Wenn sich diese Kultur einmal etabliert hat und im Markt bekannt wird, verringert das die Möglichkeit, Talente zu gewinnen.

Zudem entstehen Misstrauen, Konflikte und eine Silokultur, die Zusammenarbeit verhindern. Das hemmt Kreativität und Innovationsfreude – und gerade in der aktuellen, herausfordernden Arbeitswelt, besonders am Standort Deutschland, sind diese Eigenschaften unerlässlich.

Wäre eine hohe Fluktuationsrate in einem Unternehmen ein Indiz für toxische Führung?

Ja, eine hohe Fluktuationsrate, erhöhte Krankenstände und das, was man in der Außendarstellung sieht – wie etwa Bewertungen auf Kununu oder Google – sind definitiv Anzeichen für toxische Führung. Diese Faktoren spiegeln oft eine ungesunde Arbeitskultur wider.

Stimmt, aber lässt sich eine solche Manipulation der Kununu-Bewertungen nicht leicht erkennen? Und was kann man tun, um ein realistisches Bild der Unternehmenskultur zu bekommen?

Das stimmt, viele Unternehmen könnten ihre Kununu-Bewertungen aktiv beeinflussen, aber in der Praxis tun es die meisten nicht. Ich denke da an ein Unternehmen. Der Manager, mit dem ich gut auskomme, hat definitiv sehr ich-bezogene Züge, was sich im Umgang mit den Mitarbeitenden bemerkbar macht. Trotzdem habe ich inzwischen ein gutes Verhältnis zu ihm und versuche, ihm regelmäßig Feedback zu geben, besonders bei Neueinstellungen. Es ist wichtig, ihm auf persönlicher Ebene zu spiegeln, was in der heutigen Zeit gefragt ist.

Obwohl das Unternehmen vielleicht nicht den besten Ruf hat, sehen wir oft, dass solche Bewertungen auf Plattformen wie Kununu oder Google nicht aktiv gemanagt werden – was in gewisser Weise auch positiv sein kann. Viele Unternehmen setzen das nicht um, obwohl es eine Möglichkeit wäre, den Ruf zu verbessern.

Wie würden Sie einem Manager empfehlen, auf eine solche Kununu-Bewertung zu reagieren, in der zum Beispiel steht, dass Führungskräfte toxisch sind? Wie sollte die Antwort aussehen?

Ein Manager kann auf eine solche Kununu-Bewertung reagieren, indem er den Kommentar zunächst prüft, ob er rechtlich problematisch ist, und gegebenenfalls durch einen Anwalt löschen lässt. Aber statt sofort diese Route zu wählen, wäre es oft besser, das Feedback als Chance zu sehen, um selbst zu wachsen.

Wichtig ist, die Bewertung differenziert zu betrachten – ist es eine Rachebewertung oder steckt tatsächlich ein berechtigtes Anliegen dahinter? Besonders bei großen Unternehmen sollte nicht nur HR, sondern auch Marketing und die zuständigen Geschäftsbereichsleiter involviert werden. Wenn sich negative Bewertungen häufen, sollte man ernsthaft in den Dialog treten, um herauszufinden, was dran ist.

Extern kann man das Ganze natürlich managen – durch eine öffentliche Antwort, die zeigt, dass man sich um die Bedenken kümmert. Aber intern sollte man die Bewertung als Anstoß nehmen, mit den entsprechenden Führungskräften oder dem gesamten Team ins Gespräch zu gehen, um das Problem zu verstehen und Lösungen zu finden. Denn es könnte sein, dass eine einzelne negative Erfahrung ein größeres, ungelöstes Thema widerspiegelt, das in einem Bereich oder Team weit verbreitet ist.

Wie Machtspiele und Favoritismus das Team zerstören

Welche typischen Verhaltensweisen würden Sie als Beispiele für toxische Führungskultur nennen?

Typische Beispiele für toxische Verhaltensweisen wären zum einen öffentliche Demütigung von Mitarbeitenden, aber auch das absichtliche Zurückhalten von Informationen oder das Vermitteln von Unsicherheit, indem strategische Entscheidungen nicht getroffen werden, die Mitarbeitende brauchen, um ihre Arbeit effektiv zu erledigen. Ein weiteres Beispiel ist das Vereinnahmen der Arbeit anderer, wie ich es selbst erlebt habe, als ein Manager bei einer Präsentation einfach den Autorennamen geändert hat, um die Arbeit anderer als seine eigene auszugeben. Solches Verhalten ist eindeutig toxisch und zerstört Vertrauen.

Auch Favoritismus ist ein häufiges Anzeichen für toxische Führung: Wenn bestimmte Mitarbeitende bevorzugt behandelt werden, mehr Boni erhalten und ständig im Mittelpunkt stehen, während andere, die ebenfalls gute Arbeit leisten, übersehen werden. Dies führt zu Spannungen und ungerechter Behandlung innerhalb des Teams.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Verschweigen von Informationen, um Macht zu sichern. Wenn wichtige Infos nicht geteilt werden, um die Kontrolle zu behalten, kann das die Zusammenarbeit innerhalb des Teams massiv beeinträchtigen und Konflikte schüren. Mitarbeitende beginnen zu vermuten, dass bestimmte Teammitglieder bevorzugt werden oder Informationen nur selektiv weitergegeben werden – was das Vertrauen untergräbt und Teamdynamiken zerstört.

Wie sehen Sie das, wenn die Führungskräfte selbst fast rund um die Uhr arbeiten und das auch von den Mitarbeitenden erwarten? Was halten Sie von dieser Art von Führung?

Ja, das ist ein klassisches Beispiel für toxische Führung. Wenn von Mitarbeitenden unrealistische Arbeitszeiten erwartet werden, die nicht nur unzumutbar, sondern auch rechtlich problematisch sind, ist das ein deutlicher Hinweis auf eine toxische Kultur. Natürlich gibt es Vertrauensarbeitszeit und in manchen Branchen auch spezielle Regelungen, die mehr Flexibilität erlauben. Aber langfristig gesehen, insbesondere wenn die Erwartungen die körperlichen und mentalen Grenzen der Mitarbeitenden überschreiten, ist das definitiv schädlich und nicht nachhaltig. In Krisenzeiten mag es gerechtfertigt sein, kurzfristig mehr zu verlangen, aber dauerhaft ist ein solches Verhalten ein klares Zeichen für eine toxische Führungskultur.

Kritik üben – aber richtig!

Wie kann man konstruktiv Kritik äußern, wenn die Führungskraft toxisch ist? Ab wann wird Kritik selbst toxisch?

Ja, das ist eine sehr komplexe Aufgabe. Wenn man längere Zeit unter einer toxischen Arbeitskultur leidet und das nicht adressiert hat, wirkt sich das stark auf die Selbstwirksamkeit und damit das Selbstvertrauen aus und verunsichert. Im Idealfall sollte man, wenn man solche Verhaltensweisen bemerkt, diese sofort ansprechen. Zu Beginn ist es oft schwer zu erkennen, ob das Verhalten tatsächlich toxisch ist. Zum Beispiel, wenn jemand Informationen zurückhält, muss das nicht zwingend ein toxisches Mittel sein, sondern könnte aus unterschiedlichen Gründen passieren: Vielleicht ist der Vorgesetzte überfordert oder hat eine andere Persönlichkeit, die dazu führt, dass er eher zurückhaltend ist. In einigen Fällen kann es sogar aus einem Machterhaltstrieb kommen – also als Stilmittel eingesetzt werden.

Wenn es sich aber um ein wiederkehrendes Muster handelt, dann wird es problematisch. Am Anfang kann man das Verhalten direkt ansprechen, ohne sofort eine toxische Absicht zu unterstellen. Zum Beispiel könnte man sagen: „Ich habe mitbekommen, dass du mit XY über das Thema gesprochen hast, aber es ist auch für mich relevant, damit ich meine Arbeit gut erledigen kann und gleichzeitig zu deinem Ziel beitragen kann.“ Diese Art der Ansprache zeigt, dass es nicht darum geht, die Führungskraft direkt zu kritisieren, sondern ein konstruktives Gespräch zu führen.

Mit welchen Reaktionen kann man dann rechnen?

Wenn die Reaktion dann positiv ist, das heißt, die Führungskraft gibt zu, dass sie überfordert war oder es einfach vergessen hat, und ankündigt, genauer auf die Bedürfnisse der Rolle zu achten, ist das ein gutes Zeichen. Wenn aber eine Abwehrhaltung kommt, bei der die Sichtweise nicht eingenommen wird oder die Führungskraft sich nicht für das eigene Verhalten verantwortlich zeigt, wird es schwieriger. In diesem Fall muss man aufmerksam bleiben und darauf achten, ob sich dieses Verhalten wiederholt. Wenn das der Fall ist, könnte man das Gespräch erneut suchen und die Situation als toxisches Verhalten ansprechen.

Sollte das Gespräch keine Veränderung bringen, könnte es sinnvoll sein, mit einem HR Business Partner vertraulich darüber zu sprechen. Der Betriebsrat sollte nur dann eingebunden werden, wenn es in Richtung Mobbing oder schwerwiegender Belästigung geht, da dies unternehmensweite und auch öffentliche Auswirkungen haben kann. Wenn der Vorgesetzte gut angesehen ist und das Unternehmen sich gerade in einer schwierigen Phase befindet, kann es schwieriger sein, Veränderungen durchzusetzen. In solchen Fällen muss man abwägen, ob es sich lohnt, gegen die Führungskraft anzutreten, oder ob es nicht sinnvoller ist, sich intern umzuorientieren.

Manchmal ist es auch besser, sich eine neue berufliche Perspektive zu suchen, anstatt den Kampf fortzusetzen. Ich sage das nicht, dass man sich zurückhalten sollte, jedoch sollte man sich stets gut überlegen welche Kämpfe man in seinem Leben führen möchte. Wenn man das Gefühl hat, dass der Kampf um Veränderung zu Selbstaufgabe führt, oder die Gefahr besteht, dass der Konflikt Bestandteil seines Lebens wird, dann rate ich aus menschlicher Sicht davon Abstand zu nehmen. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, den Arbeitsplatz zu wechseln und den Fokus auf andere Chancen zu legen, besonders wenn man ein gutes Standing auf dem Arbeitsmarkt bzw. in seiner Branche hat.

Toxische Führung

Wie Machtmissbrauch und Manipulation das Arbeitsklima vergiften.

Foto: PantherMedia / asdf (YAYMicro)

Klare Werte „leben“ und nicht nur predigen

Sie haben bereits einige Maßnahmen skizziert. Gibt es noch weitere Maßnahmen, die man ergreifen kann, um sich als Person sowohl vor einer toxischen Führungskraft als auch vor dem Unternehmen selbst zu schützen?

Um sich als Person vor einer toxischen Führungskraft oder einem toxischen Unternehmensumfeld zu schützen, ist es wichtig, proaktiv zu handeln. Zunächst sollte man nicht alleine mit den eigenen Gefühlen und Eindrücken bleiben. Reden, Reden, Reden – das ist entscheidend. Den Austausch mit Freunden, einem Coach oder auch einem Therapeuten suchen kann helfen, verschiedene Perspektiven zu gewinnen und die eigene Wahrnehmung zu reflektieren. So erhält man möglicherweise Klarheit, vor allem aber Unterstützung.

Wenn man das Gefühl hat, dass ein Gespräch mit der Führungskraft sinnvoll sein könnte, sollte man dies auf eine konstruktive Weise angehen. Die „Ich-Botschaft“ ist hierbei wichtig: „Ich habe das Gefühl, dass…“, um nicht direkt zu unterstellen, sondern die eigene Perspektive darzulegen. Wenn ein Gespräch nicht zu einer Lösung führt, kann es sinnvoll sein, das Thema im Unternehmen weiter zu eskalieren.

In einem Unternehmenskontext geht es auch darum, klare Werte zu leben – und nicht nur zu predigen. Wenn Werte im Unternehmen wichtig sind, sollten diese nicht nur auf der Webseite stehen, sondern sich auch im Alltag und in Entscheidungsprozessen widerspiegeln. Als Mitarbeiter kann man auch hinterfragen, wie diese Werte konkret im Unternehmen umgesetzt werden und nach Beispielen fragen. Falls keine handfesten Antworten kommen, könnte das darauf hinweisen, dass die Werte nur auf dem Papier existieren und nicht wirklich gelebt werden.

Für Unternehmen gibt es weitere Maßnahmen, um sich vor toxischen Führungskräften zu schützen. Psychometrische Tests können zum Beispiel dabei helfen, Persönlichkeitsakzentuierungen wie Machiavellismus oder Narzissmus zu erkennen. Diese Tests sind nicht die alleinige Wahrheit, können jedoch als Hinweis dienen, wie eine Person in bestimmten Situationen reagiert oder wie sie Führung ausübt. Es ist wichtig zu wissen, dass solche Tests nicht unbedingt ein Urteil über den Charakter der Person fällen, sondern lediglich die Neigung zu bestimmten Verhaltensweisen aufzeigen.

Letztlich müssen Unternehmen den Raum für eine gesunde, respektvolle Unternehmenskultur schaffen, die auch schwierige Persönlichkeiten in den richtigen Kontext stellt, um langfristig erfolgreich zu sein.

Toxische Führungspraktiken und Ingenieure

Können toxische Führungspraktiken das technische Know-how von Ingenieuren negativ beeinflussen?

Toxische Führung kann bei Ingenieuren dazu führen, dass sie sich isoliert fühlen, was ihr Fachwissen betrifft. Das ist ein großes Problem, besonders weil Ingenieure in der Regel über besonderes Fachwissen verfügen. Eine weitere Auswirkung ist die eingeschränkte Lernbereitschaft, die durch Demotivation verstärkt wird. Ingenieure müssen sich ständig weiterbilden, aber in einem toxischen Umfeld fällt es schwer, neue Fähigkeiten zu erwerben.

Wie kann man dem entgegenwirken? Wichtig ist, Weiterbildungsmöglichkeiten zu bieten und eine Kultur der Zusammenarbeit zu fördern. Das Unternehmen sollte den Ingenieuren ermöglichen, über Abteilungsgrenzen hinweg zu arbeiten und Erfahrungen in verschiedenen Bereichen zu sammeln, um ihre Perspektive zu erweitern. Eine regelmäßige Projektrotation kann helfen, dass Ingenieure neue Einblicke gewinnen und sich von toxischen Arbeitsbedingungen erholen.

Wie sollte eine Führungskraft reagieren, wenn das Team toxisch ist, aber sie selbst eine normale, gesunde Führungskraft ist? Was kann sie tun, um die Situation zu verbessern?

Ja, das ist ein sehr wichtiger Punkt. Wenn ein Team toxisch ist, sollte die Führungskraft zuerst herausfinden, woher das kommt. Oft sind es vergangene Erfahrungen oder Einzelpersonen, die diese negativen Dynamiken hervorrufen. Man muss herausfinden, wer diese „faulen Äpfel“ im Team sind, weil eine einzelne toxische Person das ganze Team beeinflussen kann. Sobald man diese Person identifiziert hat, sollte man mit ihr sprechen, aber auch überlegen, sie vom restlichen Team zu isolieren, möglicherweise durch eine Versetzung in einen anderen Bereich oder eine komplette Trennung, falls notwendig.

Zusätzlich sollte man externe Coaches oder Moderatoren einbinden, um die Teamdynamik zu verbessern. Es geht darum, die Teamhierarchie zu stärken und die Zusammenarbeit zu fördern. Aber das ist ein langfristiger Prozess. Wenn die toxische Stimmung von einer einzelnen Person ausgeht, ist es wichtig, entweder die Zusammenarbeit mit dieser Person zu beenden oder zumindest ihre Rolle so zu verändern, dass sie nicht mehr so viel Einfluss auf das Team hat.

Wie kann man eine toxische Person im Team identifizieren?

Ja, Feedback ist auf jeden Fall entscheidend. Regelmäßige Feedbackzyklen sind wichtig, um zu verstehen, was das Team zusammenhält und was es erfolgreich macht. Oft erkennt man toxische Verhaltensweisen schon durch Gespräche und den Austausch mit den Kollegen. Teamnähe auf persönlicher Ebene hilft dabei, diese Dynamiken zu verstehen.

Wenn man feststellt, dass jemand toxisch agiert, könnte es aus der Vergangenheit kommen, dass diese Person auf diese Weise erfolgreich war. Es könnte aber auch eine persönliche Veranlagung sein. Wenn es sich um erlerntes Verhalten handelt, kann man mit Coaches und gezielten Maßnahmen auf Team- und individueller Ebene daran arbeiten. Bei einer angeborenen Veranlagung ist es jedoch oft schwieriger, daran etwas zu ändern.

Vielen Dank für das Gespräch!

Lesen Sie auch den Kommentar bei vdi-nachrichten: Bin ich toxisch?

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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