Wie hoch ist der Frauenanteil in deutschen Führungsetagen?
Im internationalen Vergleich schaffen es in Deutschland immer noch relativ wenige Frauen in die obersten Führungsetagen börsennotierter Unternehmen – und das, obwohl viele von ihnen die erforderlichen Qualifikationen besitzen.
Der Anteil von Frauen im Top-Management der größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands hat einen Rekordwert erreicht. Erstmals besteht mehr als ein Viertel (25,7 %) der Vorstände in den 40 DAX-Unternehmen aus Frauen, wie eine Analyse der Organisation „Frauen in die Aufsichtsräte“ (Fidar) zeigt, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Dies stellt einen Anstieg im Vergleich zu einer früheren Studie im Januar (23,5 %) dar und ist der höchste Wert seit Beginn der Berechnungen des Fidar-Index im Jahr 2011.
„Wir sehen bei den Dax-40-Vorständen, was verbindliche Regelungen für gleichberechtigte Teilhabe bewirken können“, sagt Fidar-Gründungspräsidentin Monika Schulz-Strelow. In den letzten zehn Jahren haben die DAX-Unternehmen den Frauenanteil in ihren Vorständen mehr als verdreifacht – und das trotz der oft geäußerten Zweifel, dass es nicht genug qualifizierte Frauen gebe, um die geforderten Positionen zu besetzen.
Wie die dpa berichtet, wurden seit Juni sieben Frauen in die Vorstände der DAX-Unternehmen berufen. Erstmals gibt es zudem drei Frauen an der Spitze: Belén Garijo, CEO von Merck, Bettina Orlopp, die seit Oktober die Commerzbank leitet, und Karin Radström, die seit Oktober die Führung von Daimler Truck übernommen hat.
Ein Fünftel (20,3 %) der Vorstände ist weiblich
Für die Studie wurden zum Stichtag 1. Dezember die Vorstände der 160 Unternehmen aus den DAX-, MDAX- und SDAX-Indizes sowie von 18 weiteren börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Firmen untersucht.
Im Durchschnitt waren laut Fidar ein Fünftel (20,3 %) der Vorstände weiblich – etwas mehr als im Januar (18,9 %), was ebenfalls ein Rekord ist. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten stieg nur leicht auf 37,2 %. Von einer Geschlechterparität ist man noch weit entfernt, kritisierte Schulz-Strelow.
Im DAX hatte der Rüstungskonzern Rheinmetall den höchsten Frauenanteil im Vorstand, gefolgt von der Commerzbank und Siemens Healthineers. Am niedrigsten war der Anteil bei Heidelberg Materials, Volkswagen und Porsche SE.
136 Frauen in DAX-Vorständen
Auch eine andere Studie zu diesem Thema kommt zu den gleichen Ergebnissen: In den Vorständen der größten deutschen Börsenkonzerne sind so viele Frauen wie nie zuvor vertreten, wie eine Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY zeigt.
Zum 1. Januar 2025 zählten die Vorstände der 160 Dax-Unternehmen insgesamt 136 Frauen – 14 mehr als im Vorjahr. Damit sind 19,6 % der Vorstandsmitglieder weiblich. Der Vergleich mit 2015 macht den Anstieg besonders deutlich: Damals waren es nur 25 Frauen in den Vorständen.
Auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel
Um mehr Frauen in Spitzenpositionen zu bringen, hat die Politik gesetzliche Vorgaben gemacht: Seit 2016 gilt eine Quote von 30 % Frauen bei der Neubesetzung von Aufsichtsräten börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen. Seit Sommer 2022 muss zudem in großen Firmen mit Vorständen, die mehr als drei Mitglieder haben, mindestens eine Frau im Führungsteam sitzen.
Diese Regeln haben laut Fidar Wirkung gezeigt. Bei den 100 Unternehmen, die der Quote für Aufsichtsräte unterliegen, ist der Frauenanteil in Aufsichtsräten (38 %) und Vorständen (24 %) deutlich höher als bei den 78 Unternehmen ohne Quote. Das zeigt, dass freiwillige Zusagen kaum zu Verbesserungen geführt haben.
Studie der Allbright Stiftung
Im Top-Management der 40 großen Unternehmen im Deutschen Aktienindex (DAX) ist inzwischen jedes vierte Vorstandsmitglied eine Frau. Dennoch liegt Deutschland laut einer Studie der Allbright Stiftung weiterhin hinter anderen westlichen Industrieländern.
Am 1. September betrug der Frauenanteil in den Vorständen der DAX-Konzerne 24,7 %, deutlich weniger als in Großbritannien, das mit 32,1 % an der Spitze steht. Auf Platz zwei folgen die USA (30,1 %), gefolgt von Frankreich (28,8 %) und Schweden (28,2 %). Schlechter als Deutschland schnitt nur Polen mit 18,2 % ab. Etwas besser sieht es bei den Aufsichtsräten der DAX-Unternehmen aus, wo vier von zehn Mitgliedern Frauen sind.
Mit anderen Worten: Frauen in Top-Etagen sind nach wie vor unterrepräsentiert, obwohl der Druck auf Unternehmen wächst, Diversität und Chancengleichheit zu fördern. Trotz dieser Vorteile kämpfen viele Frauen gegen strukturelle Barrieren, wie etwa stereotype Geschlechterrollen und das Fehlen von Mentoring-Programmen. Initiativen zur Förderung weiblicher Führungskräfte sind entscheidend, um eine ausgewogene Vertretung zu erreichen und die Kluft zwischen den Geschlechtern in der Unternehmenswelt zu verringern.
Anteil der Frauen in den Vorstandsposten steigt, aber langsam
Wenn man alle 160 Unternehmen in den Börsenindizes Dax, MDax und SDax betrachtet, ist der Anteil der Frauen in den Vorstandsposten im letzten Jahr um 2,3 Prozentpunkte auf 19,7 % gestiegen. Das ist ein geringerer Anstieg als bei der vorherigen Studie, die einen Zuwachs von 3,2 Prozentpunkten verzeichnete. In den Kontrollgremien dieser Unternehmen waren zum 1. September 37 % der Mitglieder Frauen. Bei den Spitzenpositionen hat sich wenig verändert: Laut der Studie gab es zu diesem Zeitpunkt zehn weibliche Aufsichtsratsvorsitzende (im Vorjahr: sechs) und sieben Vorstandsvorsitzende, was gleich blieb im Vergleich zum Vorjahr.
Keine Diskussionen, sondern Maßnahmen notwendig
Die Geschäftsführer der Allbright Stiftung, Wiebke Ankersen und Christian Berg, sagten, dass in Deutschland viel Zeit mit der Diskussion über Quoten verloren gegangen sei. Sie betonten, dass die deutschen Unternehmen viel mehr geeignete Maßnahmen ergreifen müssen, um im internationalen Wettbewerb aufzuholen.
Die Unternehmen sollten sich konkrete interne Ziele setzen, um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. Außerdem sollten sie prüfen, welche Strukturen dem im Weg stehen und wo es eventuell Schwierigkeiten gibt, erklärte Ankersen. Unbewusste Vorurteile könnten ebenfalls eine Rolle bei der Auswahl von Führungskräften spielen. Es ist überraschend, dass der Frauenanteil im Top-Management in Deutschland immer noch nicht steigt, obwohl mehr als die Hälfte der Absolventinnen im Bereich Betriebswirtschaftslehre weiblich ist – und das schon seit längerem, betonte Ankersen.
Positiv ist, dass in letzter Zeit immer mehr Frauen in Finanzvorstandsposten berufen werden, die oft ein Sprungbrett zum Vorstandsvorsitz sind. So wurde bei der Commerzbank kürzlich die langjährige Finanzchefin Bettina Orlopp zur Vorstandsvorsitzenden ernannt.
Die Allbright Stiftung, die ihren Sitz in Stockholm und Berlin hat, beschreibt sich selbst als politisch unabhängig und gemeinnützig. Ihr Ziel ist es, den Anteil von Frauen und die Vielfalt in den Führungsetagen der Wirtschaft zu erhöhen. (mit dpa)
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