Klimastrategie: Was jeder CEO im Bergbau wissen sollte
In der Bergbauindustrie wurde in den vergangenen 10 Jahren viel diskutiert, wie sich der Klimawandel auswirkt und welche Antworten die Industrie darauf finden kann. Nun sieht der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, bis 2038 aus der Kohle auszusteigen.
Bereits 2015 verpflichteten sich 195 Länder im Rahmen des Pariser Übereinkommens, die globale Erderwärmung auf deutlich unter 2,0 ° C bzw. nicht mehr als 1,5 ° C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Die Verfolgung dieses Ziels führt zu einer branchenübergreifenden Dekarbonisierung, sprich einer Umstellung der Wirtschaftsweise in Richtung eines niedrigeren Umsatzes von Kohlenstoff. Das erklärte Ziel ist die Schaffung einer kohlenstofffreien Wirtschaft. Die Dekarbonisierung führt zwangsläufig zu einer Verschiebung der Rohstoffnachfrage für den Bergbau. Da die Bundesregierung den Kohleausstieg bis 2038 beschlossen hat, kommen auf CEOs im Bergbau neue Herausforderungen zu.
Der Bergbausektor ist schon lange dem Druck von Regierungen, Investoren und der Gesellschaft ausgesetzt, die Emissionen zu senken. Der Bergbau ist aktuell für 4% bis 7 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Ein erheblicher Anteil der globalen Emissionen geht auf die Verbrennung von Kohle zurück.
Der Bergbau hat relativ spät begonnen, Emissionsziele festzulegen. Ziele der Bergbauunternehmen reichen von 0 % bis 30 % Minderung bis 2030, was deutlich unter den Angaben des Pariser Übereinkommens liegt. Gefragt sind Betriebseffizienz, Elektrifizierung und Nutzung von erneuerbaren Energien.
Welche Bergbaugüter sind am stärksten gefährdet?
Trotz sich ändernder Klimabedingungen gibt es Optionen, Bergbaugüter zu erhalten und resistenter zu machen. Der Klimawandel wird voraussichtlich häufiger zu Dürren und Überschwemmungen führen. Das stört die Wasserversorgung der Bergbaustandorte. Die Berater von McKinsey haben kürzlich einen Wasserstresstest sowie ein Hochwasserszenario für den weltweiten Bergbau mithilfe von Datenbanken zu Rohstoffen wie Kupfer, Gold, Eisenerz und Zink durchgeführt und analysiert. Das Ergebnis: Der Anteil der wasserbelasteten und trockenen Gebiete nimmt zu. In Chile befinden sich bereits 80 % der Kupferproduktion in stark trockenen Gebieten. Bis 2040 sollen es 100 % sein. 30 % bis 50 % der Produktion von Kupfer, Gold, Eisenerz und Zink liegen bereits in Gebieten, in denen großer Wassermangel herrscht. 2017 machten diese Standorte (Zentralasien, die chilenische Küste, Ostaustralien, der Nahe Osten, Südafrika, Westaustralien und große Zone im Westen Nordamerikas) einen jährlichen Gesamtumsatz von 150 Milliarden US-Dollar aus und zählten zu den 7 Wasserstress-Hotspots für den Bergbau. In Russland dürften 40 % der Eisenerzproduktion des Landes, die derzeit in Gebieten mit hohem Wassermangel liegt, bis 2040 zu extremem Wassermangel führen. Bis 2040 werden sich wahrscheinlich 5 % der gegenwärtigen Goldproduktion von geringem bis mittlerem Wasserverbrauch auf mittelhohen Verbrauch verlagern, 7 % der Zinkproduktion könnten sich von mittelhohem auf hohen Wasserverbrauch verlagern, und 6 % der Kupferproduktion könnten sich von hohem auf extrem hohen Wassermangel verschieben.
Ingenieure im Bergbau sind sich der Wasserproblematik bewusst
Die Problematik des Wassermangels ist in den Köpfen der Ingenieure im Bergbau angekommen. Die Kanadier von Leagold Mining haben eine ihrer Goldminen für zwei Monate wegen Dürre stillgelegt – und das, obwohl bereits ein Damm sowie eine Wasserleitung gebaut wurden. Selbst in Gebieten mit geringem Wasserstress sind bestimmte wasserintensive Abbauprozesse gefährdet. In Deutschland – kein Land, das für seine Dürre bekannt ist – musste ein Kalibergbau im Sommer 2018 zwei Standorte schließen, da pro Standort so hoher Wassermangel herrschte, dass er fast zwei Millionen US-Dollar pro Tag kostete. Es wird erwartet, dass die Häufigkeit und der Schweregrad dieser Zustände mit der aktuellen Klimaverlaufskurve zunehmen werden.
Für CEOs heißt das: Die lokalen Zustände des Wassermangels müssen für die einzelnen Standorte betrachtet werden. Aufgrund der Analyse lassen sich Schritte einleiten bzw. feststellen, in welchem Bergbau die Lage am prekärsten ist. Neue Wasserinfrastrukturen wie Dämme sind zwar kostspielig, aber oftmals notwendig, um den Bergbau noch fortzuführen.
Möglichkeiten, den Wasserverlust auszugleichen
Um die Ausfallsicherheit zu verbessern, können Unternehmen die Wasserintensität ihrer Abbauprozesse reduzieren. Sie können auch gebrauchtes Wasser recyceln und den Wasserverlust durch Verdunstung, Undichtigkeiten und Abfall reduzieren. Der Bergbau-Konzern Anglo American hat zum Beispiel die Verdunstungsüberwachung an seinem Drayton-Staudamm in Australien verbessert. Bergbauunternehmen können die Verdunstung verhindern, indem sie kleine und mittlere Dämme abdecken.
Wasserrechte zu sichern, wird immer schwieriger und kann Jahre dauern, da der Wettbewerb um natürliche Ressourcen und die Spannungen zwischen Betreibern und örtlichen Gemeinden zunehmen.
Ein weiteres Extrem fordert den Bergbau: Überschwemmungen
Neben der Dürre erleben wir in den letzten Jahren zunehmend extreme Regenfälle. Auch diese Wetterlage kann zu Betriebsstörungen im Bergbau führen. Verwaschene Straßen und unsichere Wasserstände in Staumauern sind die Folge. Laut McKinsey beträgt der Produktionsverlust bei einer Tagebau-Kohlemine aufgrund von Regenwetter jährlich 10 %. Eisenerz und Zink sind mit 50 % bzw. 40 % des globalen Volumens am häufigsten einem extrem hohen Hochwasseraufkommen ausgesetzt. Insbesondere an 6 „nassen Stellen“, an denen in diesem Jahrhundert der extreme Niederschlag voraussichtlich um 50 % bis 60 % zunimmt, werden sich die Probleme weiter verschärfen: und zwar in Nordaustralien, Südamerika und im südlichen Afrika im Sommer der südlichen Hemisphäre sowie in Zentral- und Westafrika. Indien und Südostasien sowie Indonesien im Winter der südlichen Hemisphäre.
Um Hochwasserproblemen entgegenzuwirken, können Bergbaukonzerne hochwassersichere Minendesigns anwenden, die die Entwässerungs- und Pumpentechniken verbessern. Zudem können Straßen angepasst werden, zum Beispiel indem Hartmetall oder verkrustetes Gestein zum Schnelltrocknen verwendet wird.
CO2-arme Technologien nehmen zu
Um die Emissionen in Einklang mit dem Pariser Abkommen sowie dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu bringen, nehmen CO2-arme Technologien stark zu. Zu diesen zählen Windkraft, Photovoltaik, Elektromobilität, Energiespeicher, Metallrecycling und Wasserstoffbrennstoffzellen. Doch nicht zu vergessen ist, dass der Bergbau Teil dieser Lösungen sein wird, indem er die für diese Technologien benötigten Rohstoffe bereitstellt. Die Kohle, die derzeit 50 % des globalen Bergbaumarktes ausmacht, ist das naheliegendste Opfer dieser Verschiebung. Wenn zum Beispiel Metallunternehmen auf Wasserstoff und Biokraftstoffe als Energieträger umsteigen, wird die Nachfrage nach metallurgischer Kohle schwächer. Es wird schwierig werden, die Einnahmen aus Kohle völlig zu ersetzen. Bergbauunternehmen stehen vor der Aufgabe, ein neues Gleichgewicht in ihrem Mineralportfolio zu schaffen. Nischenmineralien könnten ein starkes Wachstum verzeichnen. Neue Technologien wie Wasserstoffbrennstoffzellen und der Abschied von Kohlenstoff würden die Nachfrage nach Platin, Palladium und anderen Katalysatormaterialien steigern, während für Windkraftanlagenmagnete Seltene Erden benötigt würden.
Wie es um unsere Rohstoffe und ihr Vorkommen in der Welt aussieht, beleuchten wir in unserem Überblick.
Gesetzlicher Kohlenstoffpreis kann sich auf die Wettbewerbsdynamik auswirken
Ein gesetzlicher Kohlenstoffpreis hat das Potenzial die Wettbewerbsdynamik zu verändern. Ein lokaler Kohlenstoffpreis wirkt sich zum Beispiel auf Bergbauregionen, Rohstoffe und Unternehmen aus. In Europa tritt hingegen das Emissionshandelssystem (ETS) in eine neue Phase der Emissionsminderungsziele ein. Der sogenannte Green Deal der Bundesregierung könnte bereits in einem frühen Stadium zu einem höheren Kohlenstoffpreis für die europäische Primärindustrie führen, was für einige Unternehmen auf den Weltmärkten Wettbewerbsnachteil nach sich zieht.
Neben der Verlagerung der Rohstoffnachfrage würde eine erhebliche Reduzierung der CO2-Emissionen auch die Rohstoffpreise beeinflussen. Ein globaler Kohlenstoffpreis, Investitionen zur Dekarbonisierung des Betriebs und ein starkes Wachstum der Rohstoffe, die die Eröffnung neuer Minen erfordern, würden die Abbaukosten erhöhen und zu höheren Rohstoffpreisen führen. Die auf dem Spiel stehenden Rohstoffe und das potenzielle Preiswachstum hängen davon ab, wie und in welchem Tempo die Dekarbonisierung stattfindet.
Solarenergie für Kupferminen und vollelektrische Bergbaumaschinen
Die Umstellung auf erneuerbare Stromquellen wird auch in netzfernen Umgebungen immer praktikabler, da die Kosten für Batteriepacks von 2017 bis 2030 voraussichtlich um 50 % sinken werden. Das Unternehmen Codelco nutzt beispielsweise Solarenergie für eine seiner Kupferminen in Chile und Fortescue Metals investiert in den Eisenerzminen in der australischen Region Pilbara in erneuerbare Energien. BHP hat kürzlich Verträge für erneuerbare Energien in den Kupferminen Escondida und Spence unterzeichnet.
Die Elektrifizierung von Bergbaumaschinen beginnt erst wirtschaftlich zu werden. Derzeit sind nur 0,5 % der Bergbaumaschinen vollelektrisch. In einigen Fällen haben batterieelektrische Fahrzeuge jedoch 20 % niedrigere Gesamtbetriebskosten als herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.
Bisher haben Bergbauunternehmen Nachhaltigkeit hauptsächlich mit Blick auf die Region betrachtet. Um einen Temperaturbereich von 1,5 ° C bis 2,0 ° C zu erreichen, sind jedoch erhebliche globale Maßnahmen erforderlich. Mehrere große Bergbauunternehmen haben ihre eigenen Nachhaltigkeitsausschüsse eingerichtet, um zu signalisieren, dass der Bergbau Teil der Welle der Nachhaltigkeitsberichterstattung und -aktivität von Unternehmen ist. Die Berichterstattung über Emissionen und das Verständnis der Dekarbonisierungspfade sind die ersten Schritte, um Ziele festzulegen und Maßnahmen zu ergreifen.
Checkliste für Führungskräfte
Um auf die Auswirkungen des Klimawandels zu reagieren, sollten sich Führungskräfte an die folgenden Punkte halten.
- Diagnose stellen: Führen Sie zunächst eine Diagnose der Auswirkungen des Klimawandels auf Ihr Unternehmen durch, damit Sie wissen, welche Bereiche vor dem Klimawandel geschützt werden müssen. Die physischen Risiken des Klimawandels wie Wasserstress, Niederschlag und Hitze müssen auf lokaler, anlagenspezifischer Ebene bewertet werden. Solche Analysen erfordern möglicherweise technisches Fachwissen von außerhalb der Organisation.
- Maßnahmen treffen: Nach der Analyse können Maßnahmen festgelegt werden. Berücksichtigen Sie erneuerbare Energien, Metallrecycling oder andere standortbasierte Optimierungen.
- Anpassung des Portfolios: Nach den beiden Punkten, kann es sein, dass die Ausrichtung Ihres Unternehmens angepasst werden muss. „Climate Intelligence“ muss in Entscheidungsprozesse eingebettet werden. Die Fähigkeit, sich relativ schnell in oder aus Nischenmaterialien zu bewegen, wird wertvoll.
- Kommunikation der Klimaziele: Reden Sie über die Neuerungen. Beziehen Sie Ihr Unternehmen in die aktuelle Klimadebatte mit ein und spiegeln, was Sie für den Bergbau und das Klima erwirken.
Ingenieure, die sich Sorgen um ihren Job im Bergbau machen oder aber nach Alternativen streben, können sich hier über die Karrierechancen im Nachbergbau sowie in der Rohstoffgewinnung informieren.
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