Kompass für Führungskräfte: Wie Sie Emotionen im Team richtig lösen
Team- und Mitarbeiterkonflikte treten immer mal wieder auf. Doch emotionale Schieflagen müssen von Führungskräften anders angegangen werden, als sachliche Herausforderungen. INGENIEUR.de hat mit der Beraterin und Autorin Ursula Wawrzinek gesprochen.
ingenieur.de: In der Corona-Krise sind Führungskräfte besonders gefordert. Doch auch diese stehen womöglich im Home-Office, zum Beispiel durch Familienkonflikte, unter Stress. Haben Sie da aktuelle Erkenntnisse vorliegen?
Wawrzinek: Das bekommt man schon mit, dass dort Druck entsteht. Es hat ja auch was Schönes, diese „neue Nähe“ in der Familie. Aber es ist auch ungewohnt und schwer miteinander zu kombinieren. Vor allem, wenn man Kinder hat, die mehr als sonst zuhause sind. Die fordern einen ja auch. Und das kollidiert in der Regel mit der Arbeit.
Haben Sie Tipps für den Umgang?
Eine Struktur ist hilfreich. Eltern sollten sich abstimmen, wer wann für was zuständig ist. Wenn ein Elternteil wichtige Aufgaben erledigen muss, dann betreut im besten Fall der Partner die Kinder. Und das im Wechsel. Doch auch eine definierte Familienzeit ist wichtig für den Alltag. Das kann ein festes Mittagessen sein, wo jeder auch etwas zu beiträgt. Persönliche Zeiten für den Rückzug dürfen ebenfalls nicht vernachlässigt werden.
Wenn Führungskräfte in solchen Situation heikle Themen ansprechen müssen, zum Beispiel, dass Kurzarbeit eingeführt wird, entsteht eine weitere Herausforderung. Aus dem Home-Office heraus, läuft die Teamkommunikation ja oft über Skype. Wie lässt sich damit umgehen?
Ich finde, da sollte man keine Bedenken haben, dass das Team nur über einen Video-Chat zusammenkommt. Das stellt kein Problem dar. Die Nachricht an sich kann für die Betroffenen eine problematische Situation auslösen, die ich als Führungskraft emotional begleiten sollte. Sachliche Kommunikation ist hier entscheidend. Wer die Hintergründe erläutert und auch einen Ausblick gibt, wie sich zum Beispiel der Arbeitsalltag in der Kurzarbeit gestalten lässt, kann Mitarbeiter gut mitnehmen. Einige Führungskräfte beschönigen in solchen Momenten und versuchen die Situation abzumildern. Das Trösten können sich Führungskräfte an dieser Stelle sparen, denn schließlich hat man es mit einem erwachsenen Menschen zu tun. Dieser wägt seine eigene Situation ab – und wenn diese finanziell schwierig ist, dann bleibt sie es auch. Als Führungskraft muss man immer mitbedenken, dass jedes Teammitglied anders mit aktuellen Herausforderungen umgeht. Die Aufgabe besteht nicht darin, die Härte wegzunehmen, sondern sachlich zu informieren und emotional da zu sein. Unterstützung anbieten ist zum Beispiel angebracht. In meinem Buch habe ich dazu mehr aufgeführt und erkläre, wie Führungskräfte mit eigenen Unsicherheiten umgehen können und wie sie adäquat auf die emotionalen Reaktionen der Mitarbeiter eingehen können.
Welche Herausforderungen begegnen Führungskräften generell immer wieder?
Führungskräfte haben es oft mit emotionalen Problemen zu tun. Hier müssen sie anders herangehen, als wenn es ein Sachproblem zu meistern gilt. Führungskräfte sind darauf gepolt, schnell eine Lösung zu finden. Deshalb sind sie ja meistens auch in dieser Position. Wenn es aber um Gefühle geht, dann schalten Führungskräfte am besten auf den „Zuhör-Modus“ um. Nachfragen und die Beweggründe des Mitarbeiters verstehen, ist nun angesagt. Und das fordert eine ganz andere Energie. Den Manager kann man hier mal ablegen. Führungskräfte kommen in solchen Situation weiter, wenn sie ihre Mitarbeiter auch mal fragen, was sie brauchen und worum es ihnen geht.
Emotionale Schieflagen im Team zu lösen ist ja auch viel tiefgreifender und komplexer…
So ist es. Dafür sind Führungskräfte oftmals nicht ausgebildet. Daher gehen sie hier genauso vor, als wenn sie es mit einem Sachproblem zu tun haben. Das scheitert, weil unwissentlich oft noch mehr Öl ins Feuer gegossen wird. Die eigenen Probleme mit dem jeweiligen Mitarbeiter zu teilen, um eine Gemeinsamkeit zu schaffen, nützt auch nicht viel, denn es interessiert das Teammitglied an dieser Stelle wenig. Führungskräfte müssen sich selbst zurücknehmen können.
Sie geben den Führungskräften didaktische Tipps an die Hand. Was ist da genau der Ansatz?
Führung ist nichts für Feiglinge! Deswegen: Am besten weiß man, wie es geht. Die Hauptidee ist, dass Teamleiter einerseits eine Sprache sprechen, die klar und wertschätzend ist. So wird kein Mitarbeiter unnötig verletzt oder vor den Kopf gestoßen. Andererseits geht es um zuhören, zwischen den Zeilen lesen und tiefer verstehen, was den Mitarbeiter gerade bewegt um angemessen darauf reagieren zu können. Und es geht darum, sich die Funktion der Führungsrolle umfassend zu erschließen. Darüber schreibe ich und erzähle von den Erfahrungen unzähliger Führungskräfte. Praktische Beispiele, in denen man sich wiedererkennt, erleichtern das Lernen.
Das klingt alles in allem dennoch auch kräftezehrend. Wie kann ich als Teamleiter meine eigene Energie zurückgewinnen?
Vor allem jetzt in wilden Zeiten, mit Hiobsbotschaften wie der Einführung von Kurzarbeit, kann es auch Führungskräften passieren, dass sie belastende Situationen mit in den Feierabend nehmen. Da ist es wichtig, mit guter Selbstfürsorge immer wieder gezielt Stress abzubauen und Energie aufzutanken. Ob Sport, Natur, Musik, Familie oder Freunde – Kraftquellen sind individuell. Für den einen ist es das Joggen, für den anderen ein Tag mit der Familie. Wenn ich dann noch weiß, wie ich mein Team souverän durch emotionale Krisen schiffe, ist auch alles halb so schwer.
Sie sind Führungskraft und wollen in das Buch „Kompass für schwierige Führungssituationen“ reinlesen? Ursula Wawrzinek zeigt, dass Konfliktmanagement vorrangig Emotionsmanagement ist. Doch der Umgang mit aufgewühlten Emotionen verlangt eine vollkommen andere Vorgehensweise als die Lösung von Sachproblemen. Hier setzt das Buch an und bietet ein didaktisch durchdachtes, erfolgserprobtes und pragmatisches Konzept, wie Führungskräfte Konflikte in ihrem Verantwortungsbereich professionell lösen können.
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