Leistungssportler sind die besseren Führungskräfte
Bei Fußball-Europameisterschaften oder bei Olympischen Spielen vollbringen Sportler punktgenau Höchstleistungen. Führungskräftetrainer sind überzeugt
Egal, ob Fußball-Europameisterschaft oder Olympia: Sieger, Spitzenleistungen, Überraschungserfolge verblüffen – und sind doch kein Zufall. „Erfolge kommen nicht von ungefähr. Das gilt im Sport wie im Beruf“, sagt die Stuttgarter Führungskräftetrainerin Kathrin Springer. „In beiden Bereichen geht es letztlich um mentale Stärke, klare Ziele, die verfolgt werden, sowie um den richtigen Umgang mit Erwartungshaltungen, Stress und Leistungsdruck.“
Daher könnten Ingenieure, Führungskräfte und Personaler viel von Sportlern lernen – was noch viel zu selten geschehe.
Erfolgs-Mix für Führungskräfte: Können, Talent und Beharrlichkeit
Können und Talent sind das Fundament, gute Vorbereitung, um beharrlich Langfristziele zu verfolgen, sind die Kür, weiß die Trainerin. Wie ein Sportler das Siegertreppchen vor Augen hat, rät sie Managern und Mitarbeitern, sich ein klares Ziel zu setzen und sich den Weg dahin immer wie ein Film im Kopfkino vor Augen zu führen. Das motiviert und macht siegessicher, was auch zu einer positiven Ausstrahlung führe.
„Viele Führungskräfte jammern auf hohem Niveau“, beklagt der Liechtensteiner Wirtschafts- und Mentalcoach Günter Spiesberger, selbst studierter Ingenieur für Maschinen- und Kraftfahrzeugbau. Sportlern käme das nicht in den Sinn, denn: „Sie lieben, was sie tun. Auch wenn sie am Boden liegen.“ Ihre Einstellung ist rundweg positiv. Das ist der Unterschied. „Deshalb stehen sie nach Niederlagen immer wieder auf und lernen aus ihren Fehlern.“
Eine Lektion, die mancher unter deutschen Firmendächern noch zu lernen habe. Aus Rückschlägen lernen, offen damit umgehen, diese schonungslos analysieren und Konsequenzen daraus ziehen, um Ziele doch noch zu erreichen – daran hapert es in der Wirtschaft zu oft.
Führungskräfte sollten Fehler eingestehen und diese sportlich nehmen
Am besten ist, Fehler einzugestehen und diese sportlich zu nehmen, indem daraus gelernt wird. Das verschafft Führungskräften außerdem Respekt. „Nicht die Position, sondern die Persönlichkeit macht den echten Leader aus. Leader in einem Spitzenteam wird nur der, der auch von seinen Mitspielern als solcher betrachtet wird“, zieht der Augsburger Management- und Persönlichkeitstrainer Jörg Löhr eine Parallele.
Löhr war selbst lange deutscher Handball-Nationalspieler. Er weiß: „Gerade in hochtechnisierten Bereichen steht oft vor allem die fachliche Kompetenz im Fokus. Doch auch hier wirken weiche Faktoren wie gemeinsame Zielsetzungen und Werte leistungsfördernd, sind Teamgeist und eine motivierende Umgebung Erfolgsvoraussetzungen.“
Für Führungskräfte wie Ingenieure gilt, dass Höchstleistungen selten durch dauerhafte Kraftanstrengungen zustande kommen. Spiesberger: „Das ganze Jahr 120 % geben zu wollen, ist so unsinnig, wie sich kurz vor einem wichtigen Termin sozusagen noch eine harte Trainingseinheit zu verpassen.“ Sprich: Spielentscheidend ist, Training und Pausen richtig zu dosieren. „Es kommt darauf an, auf seinen Körper zu achten, um die richtige Balance aus Anspannung, Entspannung und Regeneration zu finden, durch die man erst leistungsfähig wird“, erklärt der Trainer, der selbst lange Hochleistungssportler war.
„Gerade Ingenieure stehen oft unter hohem Druck und hohen Erwartungen, die in Stress münden“, sagt Spiesberger. Daher sollten sie, wie Spitzensportler es tun, Entspannungszeiten im Job bewusst einplanen und nicht einfach immer weitermachen. Ständig die Mittagspause zu ignorieren und knifflige Aufgaben gedanklich mit ins Wochenende zu nehmen, wird sich auf Dauer rächen.
Volle Konzentration: Für Führungskräfte und Leistungssportler wichtig
Sportler hingegen beherrschen die Kunst des Abschaltens, des sich Sammelns, um voll konzentriert zu sein. Nur deshalb können sie dem Leistungsdruck standhalten. Im Wettkampf erleben sie diesen nicht als negativen Stress, sondern als positiven Leistungsanreiz. Wer in sich ruht und konzentriert ist, wird an beruflichen Herausforderungen eher wachsen statt zu scheitern.
Im Job kann jeder mit Entspannungsübungen oder mentalem Training dabei nachhelfen, sich zu sammeln, auf dass die Arbeit flüssig von der Hand geht. Kathrin Springer empfiehlt eine einfache Übung: Tief durchatmen, Augen schließen, von zehn auf null herunterzählen und sich dann einen Lieblingsort vorstellen und für einige Momente dieses Bild genießen.
Der imaginierte Helfer, sagt Springer, ist das Unterbewusstsein: „Es kennt häufig die Lösung, an die man durch die Hektik des Alltags nicht herankommt.“ Günter Spiesberger nennt einen weiteren einfachen Trick, um Stress erst gar nicht aufkommen zu lassen: „Sportler leben im Jetzt.“ So etwas ist vielen Mitarbeitern im Büro völlig fremd: Denn dort wird gern in der Vergangenheit („Hätte ich nicht eine bessere Lösung finden können?“) und in der Zukunft („Oje, in den nächsten Wochen stehen wieder eine Menge Termine an!“) gelebt, was Stress und Zeitmangel erzeugt. Das Fazit also sollte heißen: Sich vom Hätte-Könnte-Sollte-Müsste frei machen und sich lieber ganz darauf konzentrieren, was ansteht.“
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