CEO-Studie von IBM 07.09.2012, 11:00 Uhr

Manager sind besser für Krisen gerüstet

Wie gut sind Führungskräfte deutscher Technologieunternehmen auf eine drohende Krise vorbereitet? Haben sie aus dem letzten Abschwung gelernt? Können sie eine verunsicherte Belegschaft auf Kurs halten? Es gibt Grund zur Hoffnung.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise wird auch Deutschland erreichen. So viel ist sicher. Umsatzrückgänge im Automobil- und Maschinenbau sind die Vorboten. Die Frage ist nicht nur, wann es so weit sein und wie heftig der Abschwung ausfallen wird, sondern auch, ob deutsche Manager aus dem Absturz vor vier Jahren gelernt haben? Schon jetzt stehen Führungskräfte unter Druck, um Unsicherheiten in ihren Teams zu begegnen und ihr Unternehmen auf Kurs zu halten.

Gregor Pillen, Geschäftsführer IBM Deutschland und Leiter der Beratungssparte IBM Global Business Services, sieht deutsche Manager heute ein ganzes Stück „krisenfester“ als noch vor einigen Jahren: „Sie haben gelernt, besser mit Krisensituationen umzugehen.“ Mithin sei die Erkenntnis gewachsen, wie wichtig gut ausgebildete und eigenverantwortlich handelnde Mitarbeiter, eine offene Unternehmenskultur und Geschäftspartnerschaften sind.

Hilfreich in Krisen: Manager sind wachsamer und kooperativer geworden

Sein Eindruck fußt auf den Ergebnissen der aktuellen CEO-Studie, für die IBM 1700 Vorstände und Geschäftsführer weltweit befragt hat. Danach sind Top-Führungskräfte heute wieder stärker bestrebt, offenere und kooperative Kulturen zu fördern, ihre Mitarbeiter zu ermutigen, sich zu vernetzen, voneinander zu lernen und so Veränderungen voranzutreiben. Pillen: „Mit anderen Worten: Eine erhöhte Wachsamkeit in Kombination mit mehr Offenheit und dem ausgeprägten Willen, Veränderungen aktiv zu gestalten, sind das beste Rezept, auch in Krisenzeiten das Heft in der Hand zu behalten.“

Von einer steilen Lernkurve berichtet auch Oliver Weirauch, Geschäftsführer der Droege Group – Internationale Unternehmer-Beratung GmbH: „Führungskräfte haben aus der letzten Krise gelernt. Allein schon, weil sie begriffen haben, dass konjunkturelle Schwankungen Standard geworden sind, Ausschläge immer größer werden und sie sich darauf einlassen.“ Manager seien für neue Risiken sensibilisiert und führten ihre Unternehmen „auf Sicht“, um nicht von starren langfristigen Planungen geknebelt zu werden. Ohnehin lautet für Weirauch das Zauberwort: Flexibilität. „Auch wenn diese Botschaft angekommen ist, müssen Führungskräfte noch stärker lernen, eine Organisation schlank und flexibel zu führen“, sagt Weirauch. Dazu müssten sie stärker auf Partnerschaften, Outsourcing und gut geführte Teams setzen.

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Technik-Manager können in punkto Service und Kundennähe noch zulegen

In dieser Hinsicht dürften gerade technische Führungskräfte noch etwas zulegen. Und noch bei einem anderen Thema: Service und Kundennähe. „Hier agieren technologisch orientierte Manager oft noch wenig professionell, obwohl dieser Bereich eine große Bedeutung erlangt hat, hier Riesenmargen warten und ein Unternehmen weniger abhängig von Konjunkturzyklen werden lässt“, bemerkt Weirauch.

Zuweilen müssen leitende Ingenieure in Krisenzeiten weitreichende Entscheidungen treffen, die eben nicht nur mit Innovationen, sondern mit Investitionen, Liquiditätssicherung und einem optimierten Working Capital zu tun haben – davon ist mancher schlicht überfordert. Fachlich und mental. Immerhin vertraut IBM-Berater Pillen zusehends mehr den betriebswirtschaftlichen Kenntnissen: „Liquiditätssicherung gehört ganz klar zur Schlüsselqualifikation von verantwortungsvollen Führungskräften. Ingenieure, Naturwissenschaftler oder Informatiker in den Top-Etagen der deutschen Unternehmen machen da keinen schlechteren Job als so mancher BWLer.“

Technologie-Manager behalten in Krisen einen “kühlen Kopf”

Möglicherweise können sogar Manager anderer Branchen von Technologie-Unternehmen lernen, denen Pillen eine erhebliche Krisenfestigkeit attestiert: „Das hat meiner Meinung nach auch damit zu tun, dass deutsche Manager ganz bewusst in Krisenzeiten einen kühlen Kopf bewahrt haben und ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung stabil hoch gehalten oder sogar noch stärker investiert haben.“ Ganz im Gegensatz zu ihren Kollegen in den europäischen Nachbarstaaten, wo in den vergangenen Krisenjahren Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit eingedampft wurden.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch Andreas Siebe, Vorstandsmitglied der ScMI Scenario Management International AG: „Ingenieure in Führungspositionen und im Management von Industrieunternehmen sind sogar besser als Führungskräfte in anderen Branchen aufgestellt, weil sie langfristiger und zukunftsorientierter planen.“ Gerade im Vergleich zur Konsumgüterbranche, die noch allzu oft kurzlebigen Trends hinterherhechelt.

Nicht für jeden war die letzte Krise heilsam. Siebe sieht mit einer gewissen Skepsis in deutsche Führungsetagen, wo sich eher noch an traditionellen Managementmethoden festgeklammert werde. „Doch die haben in volatilen Zeiten langsam ausgedient“, sagt Siebe. Er setzt auf Szenariotechniken, um den neuen Unwägbarkeiten zu begegnen.

Seiner Erfahrung nach seien dafür eher Ingenieure und weniger Kaufleute zu begeistern, die dazu neigten, mit Excel-Tabellen Probleme anzugehen.

Siebes grundsätzlicher Rat: „Manager müssen stärker ihr Denken auf Zukunftsrobustheit, etwa durch strategische Produktplanung, ausrichten.“ Und mancher Ingenieur sollte sich nicht in Detailverliebtheit verstricken. „Manager können sicherlich noch beim Thema Partnerschaften lernen“, sagt Pillen. Die Ergebnisse der IBM-Studie zeigten deutlich, dass die international erfolgreichsten Unternehmen unter anderem stark auf Innovationspartnerschaften setzen. Pillen: „Hier sind die deutschen Manager noch vergleichsweise zurückhaltend.“

Ein Beitrag von:

  • Chris Löwer

    Chris Löwer

    Chris Löwer arbeitet seit mehr als 20 Jahren als freier Journalist für überregionale Medien. Seine Themenschwerpunkte sind Wissenschaft, Technik und Karriere.

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