Wie komme ich an einen Dienstwagen?
Unternehmen rücken längst nicht mehr so gern wie früher einen Dienstwagen zur Privatnutzung heraus, denn fast überall regiert der Rotstift. Unter welchen Bedingungen Ingenieure überhaupt noch Chancen haben, was die beste Zeit für die Nachfrage ist, und wie sie argumentieren sollten – für Antworten auf diese Fragen gibt es Berater.
Heiterkeitsausbrüche sind auf der Ratgeberseite www.gutefrage.net selten. Doch was der frischgebackene Abiturient im letzten August von der Community wissen wollte – „Mein größter Traum ist es, einen Firmenwagen fahren zu dürfen. Was muss ich machen, um so einen Job zu bekommen?“ – rief den Leserkommentaren zufolge große Belustigung hervor.
Bei einem Tipp indes dürfte vielen Ingenieuren das Lachen im Halse stecken geblieben sein. „Mit Deinem Abi kannste in der Richtung noch gar nichts reißen“, betonte der selbst ernannte Mentor sehr richtig, und fuhr fort: „Um an ein Kraftfahrzeug zu kommen, welches dir eine Firma bezahlt, musste mindestens einen Ingenieur mit richtig viel Erfahrung haben.“
Win-win-Lösung
Tatsächlich: Bei knapp 70 000 offenen Stellen in den Ingenieurberufen muss doch was zu machen sein. Denn wer lässt für 250 € im Monat – so hoch ist die Leasingrate für einen VW Golf zu Firmenkonditionen – schon einen guten Mann oder eine gute Frau ziehen? Weil der Firmenwagen in Deutschland außerordentlich beliebt ist, böte sich hier eine prima Chance für eine Win-win-Lösung: Der Mitarbeiter versteuert nach der 1-Prozent-Regel nur einen Bruchteil des Neupreises, und das Unternehmen spart die Aufwendungen für die Sozialversicherung. Die steigen sonst bei jeder Gehaltserhöhung mit.
Doch sachliche Argumente sind das eine, richtig Verhandeln das andere. Folglich geht die Frage an die Experten für gewitzte Chefbearbeitung. Wie kitzelt man seinem Vorgesetzten einen Firmenwagen aus den Rippen?
Es gibt Spielräume
„Ich befürchte, dass es hierfür kaum Möglichkeiten gibt.“ Mit einem Satz lässt Jörg Breiski, Personalberater bei Mercuri Urval in München, den Traum vieler Mitarbeiter platzen. „Die meisten Firmen haben eine eindeutig geregelte Car Policy, die funktionsbezogen regelt, wer einen Firmenwagen in Anspruch nehmen darf und wer nicht. Da gibt es kaum Spielräume.“ Kaum sagt er, nicht keine.
Breiski überlegt. „Wenn jemand häufig an verschiedenen Standorten sein muss – sagen wir: aufgrund eines internen Wechsels oder weil ihm zusätzliche Aufgaben übertragen werden –, und sollten ihm dadurch höhere Reisekosten entstehen, als die Kosten für einen Firmenwagen betragen würden, dann wäre das ein mögliches Argument im Sinne des Unternehmens.“
Sogenannte Functional Cars aus firmeneigenen Fuhrparks dürfen oft auch privat genutzt werden. Dumm nur, dass dies in der Regel eine bestimmte Unternehmensgröße voraussetzt. „Für kleinere Firmen sind Geschäftswagen inzwischen ein großer Kostenfaktor geworden“, weiß Berater Breiski, „sodass hier häufig nur die Geschäftsleitung und der Außendienst berücksichtigt werden.“
Wunsch geschickt platzieren
Müssen normal schaffende Ingenieure also bedröppelt in die Röhre schauen? „Aber gar nicht“, beruhigt Gudrun Happich, als Führungskräfte-Coach aus Köln durchaus vertraut mit der Aufgabenstellung. Man müsse den Wunsch aber geschickt platzieren. „In der Regel sagen Mitarbeiter: Chef, ich will mehr Geld. Und dann sagt der Vorgesetzte: Ich würde Ihnen ja gern mehr geben, aber ich kann es nicht. Natürlich sind die Mitarbeiter dann beleidigt, weil sie sich nicht wertgeschätzt fühlen.“
Mit der Folge, dass sich der Vorgesetzte ab sofort um den Verbleib seines guten Mitarbeiters sorge. „Das ist das Gegenteil von Win-win“, sagt Happich und empfiehlt jedem Firmenwageninteressenten, vor dem Gespräch mit seinem Chef genau zu überlegen, was ihm oder ihr wichtig sei. „Der eine will eine Weiterbildung, die andere einen Homeoffice-Platz, der nächste eine Alterszusatzversorgung, wieder ein anderer mehr Urlaub und man selbst eben einen Firmenwagen. Das muss man ganz individuell betrachten und über diese Schiene in den Dialog gehen.“
Zu überlegen sei: Was drückt Anerkennung aus und kostet den Arbeitgeber weniger als eine Gehaltserhöhung samt steigenden Lohnnebenkosten?
In den Arbeitgeber hineindenken
Boris Lamour, viele Jahre selbst Vorgesetzter und heute als systemischer Coach in Köln tätig, schlägt als generelle Verhandlungsstrategie in Gesprächen mit dem Chef einen Perspektivwechsel vor. „Es ist wichtig, bei der Argumentation die Sicht des Arbeitgebers einzunehmen: Was hat mein Vorgesetzter davon, wenn ich einen Firmenwagen bekomme?“ Ganz klar: einen zufriedenen, hoch motivierten und leistungsbereiten Mitarbeiter, der intern und extern von seinem Arbeitgeber schwärmt und sich zum Dank für seine Führungskraft ein Bein ausreißen würde.
„Vor diesem Hintergrund wäre es unklug, eine Forderung zu formulieren“, sagt Lamour. „Besser, man begründet den Wunsch nach einem Dienstwagen als etwas, das unglaublich stark zur eigenen Zufriedenheit beitragen würde.“
Etwa so: Durch die Erfüllung des Wunsches fühle man sich und seine Leistungen anerkannt und wertgeschätzt. Kann man das wirklich so sagen? „Genau so kann man das ausdrücken“, ermutigt der Coach. Im Kopf des Vorgesetzten bilde sich eine Gedankenkette: Wenn sich mein Mitarbeiter wertgeschätzt fühlt, kann ich auf ihn zählen und er wird uns weiterhin die Treue halten.
Stichwort Mitarbeiterbindung
Das dazugehörige Stichwort heißt Mitarbeiterbindung, und auf die legten Unternehmen mit knappen Fachkräften großen Wert. Wenn Ingenieure mit ihrer Arbeit zufrieden sind und nicht an Wechsel denken, dann bekommen auch die Führungskräfte Pluspunkte gutgeschrieben.
Zur richtigen Verhandlungsführung gehört die Wahl des richtigen Zeitpunktes. Man könne den Wunsch im Personalgespräch vorbringen oder gezielt dann äußern, meint Boris Lamour, wenn das Unternehmen oder die eigene Abteilung oder man selbst gerade gute Zahlen oder eine besondere Leistung präsentiert habe.
Weiterhin solle man sich bei den Rahmenbedingungen flexibel zeigen. „Es muss ja nicht immer ein Audi A8 sein“, sagt Lamour, „die Ausstattung oder die Motorengröße lässt sich variieren.“ Ein Zielkorridor statt eines fixen Zielpunktes eröffne beiden Seiten einen breiten Verhandlungsspielraum mit einer Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten.
Wenn es trotzdem nicht auf Anhieb klappt, hält Jörg Breiski einen Trost bereit: „In Anbetracht der Versteuerung des geldwerten Vorteils und je nach Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstelle stellt sich durchaus die Frage, ob ein Firmenwagen immer so vorteilhaft für den Arbeitnehmer ist.“
In Deutschland sei der Firmenwagen oft eine Prestige-Frage. „In anderen Ländern wird dieses Thema längst nicht so heiß gehandelt wie in der Auto-Nation Deutschland“, sagt der Berater. Was kein Nachteil sein muss. Der Chef wird den Wunsch verstehen.
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