Muss ich Chef werden? Testen Sie, welche Karriere wirklich richtig für Sie ist
Karriere ist für viele immer gleichbedeutend mit: Aufstieg. Doch muss das wirklich das Ziel sein? Was, wenn man mit der aktuellen Position zufrieden ist?
Karriere? Klar! Aber welche passt zu mir? Keine einfache Frage. Denn allzu oft dominieren unser Gehirn Stereotype, die leider nichts mit den eigenen Ansprüchen, Vorstellungen und Zielen zu tun haben. Wir sagen, wie sich Karriere individuell definieren und planen lässt. Gehalt und Status können ja wohl nicht alles sein, oder?
Fragt man nach einer Bilderbuchkarriere läuft die Antwort meist auf das übliche „Höher, schneller, weiter“ hinaus. Dabei sollte die Antwort so individuell ausfallen wie die Menschen unterschiedlich sind. Nicht jeder wird sich in einer Führungsposition wohlfühlen. Nicht jedem behagt es, auf Kosten seiner Familie Richtung Eckbüro zu streben. Und für nicht jeden ist der Beruf alleiniger Lebensinhalt.
Führungskräfte- und Karrierecoach Gudrun Happich beschäftigt seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema und berät in Sachen individueller Karriere. Im Kern dreht es sich dabei um die Frage, was ihre Klienten im Job und im Leben wirklich wollen, wie sie dahin kommen und was sie am Ende erreicht haben möchten? Gar nicht so einfach, herauszufinden, was am besten zu den eigenen Zielen, Fähigkeiten und Vorstellungen passt? Doch die Aufgabe ist nicht unlösbar. Expertin Happich weiß, wie man in die richtige Spur kommt.
Wie finde ich heraus, welche Karriere ich einschlagen möchte?
Oftmals heißt es ja: erfolgreich und unglücklich. Das muss nicht sein. Ich habe lange zu dem Thema geforscht, was zum idealen Platz dazugehört. Wenn ich das weiß, dann kann ich auch herausfinden, welche Karriere ich einschlage möchte. Es sind genau drei Bausteine, die über die ideale individuelle Karriere entscheiden:
1. Aufgabe
Was ist das, was ich am liebsten tue, womit könnte ich mich den ganzen Tag beschäftigen könnte, ohne auf die Uhr zu schauen? Sie können sich auch fragen: Was würde ich tun, auch wenn ich kein Geld dafür bekäme? Lösen Sie sich bei den Antworten von Mainstreambegriffen oder Modetrends, seien Sie mutig und individuell. Nutzen Sie Ihre eigenen Worte und Ihre Sprache. Es soll ja stimmig sein und zu Ihnen passen.
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2. Umfeld
Welches Umfeld benötige ich, um aufzublühen? Die beliebte Urlaubspflanze „Bougainvillea“ braucht ein ideales Umfeld, um prachtvoll zu blühen. Viele Urlauber nehmen sie einfach aus dem Urlaubsland mit nachhause und wundern sich, warum die einst strahlende Pflanze verwelkt und letztlich stirbt. Sie braucht die entsprechenden Nährstoffe, Dünger, Licht, Wasser und vieles mehr… Genauso ist es mit jedem Menschen. Der eine liebt das Homeoffice, der andere das Großraumbüro. Der eine mag die Konzernstruktur, der andere einen mittelständischen Spezialisten…
3. Rolle
Hier geht es um den Bereich, in dem ich die beste Wirkung erziele. Achtung: Mit Rolle ist nicht die Position gemeint! Ein Beispiel: Eventuell bin ich als Spezialist auf einem Gebiet tätig, auf dem ich mit meinem Fachwissen glänzen kann, ich vertiefe mich tagelang in die tiefsten Theorien, um all die Hintergründe zu verstehen. Vielleicht bin ich aber auch ein „Menschenfänger“. Ich liebe die Bühne, begeistere Menschen von neuen Ideen. Oder vielleicht kann ich auch sehr gut organisieren und gehe den Dingen auf den Grund. Fragen Sie sich mal: Wegen was werden Sie immer wieder nach Rat gefragt? Das ist die Rolle, in der Sie aktuell die höchste Wirkung haben.
Bitte fragen Sie sich bei den Antworten zu jeden Baustein nach dem Warum? Warum möchte ich XY tun? So kommen Sie ruckzuck Ihren Motiven und Werten auf die Spur.
ingenieur.de: Muss eigentlich jeder anstreben, Führungskraft zu werden?
Gudrun Happich: Nein, um Gottes Willen. Wenn ich Führungskraft werden will, sollte ich mir darüber im Klaren sein, dass meine Aufgabe zu etwa 80 bis 90 Prozent aus Kommunikation besteht – mit Mitarbeitern, Kollegen, Kunden. Will ich das? Außerdem bin ich als Führungskraft dafür verantwortlich – gemeinsam mit Mitarbeitern – Ergebnisse zu erreichen. Es geht also nicht darum, selbst ein Ergebnis zu erreichen, sondern gemeinsam mit anderen. Hier ist meine Aufgabe zu führen – also Mitarbeiter mitnehmen, überzeugen, zuhören, gemeinsam Lösungen finden. Will ich das?
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Wie misst man überhaupt seinen persönlichen Erfolg?
Hier kann ich meine persönliche Definition geben: Macht mich das, was ich beruflich tue, zufrieden? Macht es mir Spaß? Habe ich Freude an meinen Aufgaben und Verantwortungen? Kann ich etwas in meinem Umfeld bewirken? Führt mein Tun zu relevanten und nützlichen Ergebnissen? Und natürlich auch, wird das entsprechend finanziell honoriert? Können Sie alle Fragen mit „Ja!“ beantworten, würde ich behaupten, dass Sie persönlich erfolgreich sind.
Wie haben sich die Karrierevorstellungen gewandelt – gerade bei der jüngeren Generation?
Ich glaube „früher“ waren die Insignien der Macht recht attraktiv für Karriere: ein toller Titel auf der Visitenkarte, ein hohes Gehalt, Dienstwagen, die Goldene oder Schwarze Kreditgarte bei der Fluggesellschaft, Eckbüro… In der „alten“ Welt waren Einfluss, Macht und Status eine hohe Motivation für eine steile Karriere. Ich glaube, es wurde vielfach dieser Weg eingeschlagen, ob er nun für mich passte oder nicht. Um diese Ergebnisse zu erreichen, waren hohes Engagement, Zeiteinsatz und Leistungsbereitschaft selbstverständlich. Etwa nach dem Motto: „Augen zu und durch!“ „Das Leben ist kein Ponyhof!“ „Wenn Du etwas erreichen willst, dann ist das Spiel eben so!“
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… und heute?
Ich registriere, dass sich heute bei vielen Menschen die Prioritäten verschoben haben: Die Frage nach dem Sinn rückt in den Vordergrund. Kann ich meine Werte leben? Ich möchte attraktive Aufgaben und spannende Projekte, viel Abwechslung und neben dem Job auch noch viel Raum und Zeit für mich und meine Familie haben. Stichwort: Work-Life-Balance. Scheinbar ist die „Gier“ nach einem hohen Gehalt etwas in den Hintergrund getreten.
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Klingt gut. Der individuell passenden Karriere steht also wenig im Weg?
Na ja. Der Pferdefuß heute ist bei vielen eher die hohe Anspruchshaltung an das Umfeld, also was andere mir geben sollen, ohne dass ich eine entsprechende Gegenleistung anbieten muss. Aber wer viel will, muss auch viel geben. Wer dazu nicht bereit ist, sondern von anderen stets Feedback, Boni, Freiheiten, Abwechslung und viel Gehalt und einen sicheren Arbeitsplatz haben möchte, der wird bei den spannenden Unternehmen nicht fündig.
Ihr abschließender Rat für eine passende persönliche Karriere?
Jedem Karrierewilligen lege ich diesen Grundsatz nahe: Jedes Verhalten sollte aus einem ausgewogenen Geben und Nehmen bestehen. Sprich: Wenn ich alle meine Idealvorstellungen zusammentrage, was Ich machen und haben möchte, dann ist eine weitere wichtige Frage: Was bin Ich bereit bin dafür zu geben!
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