So werden und bleiben Sie im Top-Management erfolgreich
Kaum gestartet im neuen Job in der Führungsetage verschwinden Top-Manager immer öfter und schneller wieder. Führungskräfte-Coach Gudrun Happich sagt, warum das so ist, welche Fehler man vermeiden sollte und wie man sich erfolgreich auf dem C-Level positioniert.
Woran liegt es, dass viele nur kurz auf einer Position im Top-Management bleiben?
Da sind zwei Perspektiven zu unterscheiden: Erstens die Sicht des „neuen“ Top-Managers, also des Ein-, Auf- oder Umsteigers.
Häufig sind im Vorstellungsgespräch Versprechungen gemacht worden, die interessant klangen. Aktuell beispielsweise: „Wir wollen die anstehende Transformation wirklich angehen. Die Mitarbeiter wollen die Veränderungen, der Vorstandsvorsitzende will es auch. Budget haben wir zur Verfügung gestellt.“ Doch nach einigen Wochen oder auch Monaten hat der oder die neue C-Level-Ingenieur/ -in den Eindruck: „Das stimmt gar nicht!“.
Zweitens die Perspektive des Unternehmens beziehungsweise des Vorgesetzten: Auch er oder sie war im Vorstellungsgespräch begeistert von dem Engagement, der Eloquenz und den Zukunftsideen des Neuen. „Das ist unser Mann, unsere Frau!“ und begeistert wird der Neuzugang im Unternehmen empfangen. Doch schon nach kurzer Zeit stellt sich heraus: Der „Neue“ hat Vorstellungen im Kopf, die gar nicht zum Unternehmen, zur Unternehmenskultur passen. Oder auch: Der „Neue“ zieht in blindem Aktionismus „sein Ding durch“, ohne die Beteiligten einzubinden. Oder noch schlimmer: Außer tollen Worten passiert nichts… Die Ergebnisse liegen weit hinter den Versprechungen.
Ihre Schlussfolgerung?
Deutlich wird zweierlei: 1. Auf beiden Seiten entstehen Enttäuschungen. 2. Es ist jeweils die andere Seite „Schuld“. Wenn das mehr als einmal passiert, entsteht bleibender Schaden, sowohl beim Top-Manager, also auch beim Unternehmen. Immerhin kostet eine scheidende Top-Kraft dem Unternehmen etwa das Vierfache seines Jahresgehalts, mal ganz abgesehen vom Gesichtsverlust und der angeknacksten Reputation.
Was müssen Ingenieurinnen und Ingenieure lernen, um erfolgreich zu führen?
Der wichtigste Tipp: Stecken Sie viel mehr Aufwand und Engagement in das Vorstellungsgespräch, egal ob intern oder extern.
Hören Sie genau zu, was Ihnen zugesagt oder versprochen wird. Hinterfragen Sie genau: „Was sind die Erwartungen?“ „Die Spielregeln?“, „Die Ziele?“ „Woran wird mein Erfolg gemessen?“
Im Vorstellungsgespräch legen Sie bitte Ihren Schwerpunkt auf zwei Dinge:
- Finden Sie im Vorfeld heraus, was Sie später erwarten könnte.
- Finden Sie genau heraus: Passen wir zusammen? Passe ich zum Unternehmen und der Unternehmenskultur? Passt das Unternehmen zu mir?
Das Top-Management ist eine andere Welt
Zu was raten Sie noch?
Haben Sie die neue Rolle/Position angenommen, dann machen Sie sich bewusst: Das Top-Management ist eine andere Welt, es gelten andere Regeln. Auch und insbesondere, wenn es um „Führung“ geht. Ein Klient nannte es die zweite Metamorphose der Karriere. Alles, was Sie im Mittleren Management gelernt haben, gilt eventuell nicht mehr, oder aber es ist noch einmal ganz anders. Und selbst wenn Sie das C-Level in Firma A in und auswendig kennen. Seien Sie sich gewiss: In Unternehmen B wird vieles anders sein.
Lernen Sie zeitnah, die Spielregeln im Top Management kennen, lernen Sie sich auf der Klaviatur der Politik zu behaupten. Lernen Sie, sich ein Netzwerk aufzubauen, denn an der Spitze geht es weit über das Fachliche hinaus. Hier geht es darum Einfluss zu nehmen, Top-Entscheider von Ihren Ideen zu begeistern und zu überzeugen.
Was sollten insbesondere Ingenieurinnen und Ingenieure beherzigen?
Ganz ehrlich, der sture und auf Hierarchen pochende Ingenieur-Top-Manager kann noch funktionieren, hat aber eigentlich ausgedient. Heute braucht es Führungskräfte, die über Empathie verfügen. Und wir reden nicht nur davon, dass sich diese in Menschen hineinversetzen können. Wir reden von Ingenieur-Führungskräften, die Situationen erkennen und entsprechend darauf aufbauend die nächsten Schritte einleiten können. Die ein Gespür für das Unternehmen, seine Kultur und die Spielregeln an der Spitze haben. Die die Erwartungen an ihre Rolle kennen und wissen, diese auch erfüllen zu können. Der Umgang mit politischen Spielchen ist eine weitere Herausforderung, die nicht immer einfach zu managen ist, aber gekonnt gemeistert werden muss.
Herausforderungen für Top-Management
Mit welchen Herausforderungen sind Top-Manager häufig konfrontiert? Und besonders jetzt?
Auf jeden Fall der Umgang mit Planlosigkeit und Unsicherheit. Erst eine Pandemie, die alle Gesetze der Arbeitswelt ausgehebelt hat. Dann ein kriegerischer Konflikt, der Auswirkungen auf die ganze Welt hat und von dem keiner weiß, wie er weitergehen beziehungsweise enden wird. Daher braucht es heute Führungspersönlichkeiten, die Konstanz zeigen und gleichzeitig um die Notwendigkeit der Flexibilität wissen. Die Menschen befähigen, weil sie deutlich machen, dass sie hinter ihrem Team stehen. Die aber auch bestimmt auftreten, Veränderungen vorantreiben und durchsetzen, wenn es notwendig ist – im Sinne des Unternehmens. Transformation in allen Bereichen und auf allen Ebenen, das ist das Stichwort: Ist das schwer? Ja. Ist es machbar? Ja, wenn Führungskräfte bereit sind, sich konstant selbst zu hinterfragen und das eigene Tun selbstbewusst managen. Und das schon, bevor sie ihre Rolle offiziell antreten. Mein Fazit ist, dass das C-Level niemals ein einfacher Ort war, aber mittlerweile so viele Herausforderungen bereithält, die nur von echten Leistungsträgern erfüllt werden können. Und genau darum, braucht es davon mehr an der Spitze.
Man hat sich gut auf dem C-Level etabliert. Wie bleibt man erfolgreich? Ihre Top 5-Tipps?
- Tipp 1:
Im C-Level tummeln sich schwierige Charaktere. Wer mit diesen ab dem ersten Tag umzugehen weiß, hat auf jeden Fall ein „leichteres“ Leben an der Spitze. Die gute Nachricht: Es lässt sich lernen. - Tipp 2:
Networking ist im C-Level keine Frage von Wollen, sondern von Müssen. Dabei gibt es gleich mehrere Netzwerke: Top-Manager brauchen Sichtbarkeit und Verbündete genauso wie ein strategisches Netzwerk, wenn es darum geht, Dinge umzusetzen. Auch Ingenieure. Und sie brauchen eine Community an Gleichdenkenden, Gleichgesinnten wie auch ein Wohlfühlnetzwerk. Vor allem aber brauchen sie Kontakte zu Verantwortlichen der Zielgruppe. - Tipp 3:
Erfolgreichen Ingenieur-C-Levels vertraut man. Sie sind glaubwürdig. Der Fokus sollte daher gerade in der Anfangszeit darauf liegen, Vertrauen wie auch Glaubwürdigkeit aufzubauen. - Tipp 4:
Erfolgreich ist der im C-Level, der die ihm gegebene Macht als Macht zu Machen versteht. Ein Top-Ingenieur, der als Vorbild agiert und Verantwortung für sein Tun übernimmt. - Tipp 5:
Ein Team aus guten Directs und Mitarbeitern ist die Grundlage für den Erfolg, dieses gilt es aktiv auf- und auszubauen.
Die Expertin
Gudrun Happich ist seit rund 25 Jahren Führungskräfte-Coach sowie Sparringspartnerin für Top-Manager und Leistungsträger in Schlüsselpositionen. Die Diplom-Biologin und Inhaberin des Galileo Institut für Human Excellence blickt selbst auf langjährige Führungserfahrung zurück und war unter anderem als Geschäftsführerin verantwortlich für mehr als 1.000 Mitarbeiter im Raum DACH. Gudrun Happich ist Autorin mehrerer Bücher, darunter der Neuerscheinung: C-Level – im Top-Management erfolgreich werden, sein und bleiben, Haufe Verlag, EVT: 16. Februar 2023
Ein Beitrag von: