TÜV Rheinland will das erfolgreichste unabhängige Prüfhaus weltweit werden
Ehrgeizige Ziele verfolgt Friedrich Hecker, seit Januar Vorstandschef der TÜV Rheinland AG. Der Umsatz soll von 1,2 Mrd. € (2009) auf rund 2 Mrd. € (2014) steigen, die Rendite (EBT), heute 6 %, dann zweistellig sein. Hecker schaffte eine Karriere vom Werkzeugmacher zum Vorstandsvorsitzenden.
VDI nachrichten: Der Vorstandsvorsitzende Hecker wird mit neuen Zielen identifiziert werden, welche sind es?
Hecker: Wir stehen heute im harten internationalen Wettbewerb, die ehemals staatlich regulierten Märkte sind verschwunden. Wir werden stärker internationalisieren und investieren und zugleich die Diskussion über unser Portfolio führen.
Dafür haben wir unser Führungsgremium als Group Executive Council aufgestellt. Es setzt sich aus den sieben Regionenchefs plus Deutschland und den Leitern der Geschäftsbereiche zusammen, die gemeinsam das Geschäft managen. Das wird uns helfen, schneller näher am Markt und am Kunden zu sein und profitabel zu wachsen.
Welche Märkte werden für Sie zum Ausgang der Wirtschaftskrise besonders wichtig sein?
Man wird den BRIC-Ländern, Brasilien, Russland, Indien und China, Aufmerksamkeit schenken müssen. In Südamerika haben wir uns in den letzten Jahren erheblich verstärkt. Der Prozess ist nicht abgeschlossen. Wir werden uns in diesen Regionen durch gezielte Akquisitionen weiter etablieren.
Der Expansionsdrang ging nach Asien, die TÜV wollten ihren Kunden folgen. Ist man jetzt dort schon etabliert oder drängt man noch?
Beides. Wir sind etabliert, wir müssen drängen, denn der Markt ändert sich. Unser Geschäftsmodell basiert darauf, dass wir den Kunden gefolgt sind und Produkte, die heute in den Wirtschaftsraum Europa exportiert werden, zertifizieren, testen und inspizieren.
Allerdings wird es zunehmend interessant, lokale Märkte zu beobachten. China und sein gewaltiger Binnenmarkt haben sich zwar dahingehend noch nicht aufgeschlossen, das wird aber in Zukunft eine starke Rolle spielen. Das heißt, zusätzlich zu dem exportorientierten Geschäft werden wir lokale Märkte adressieren. Zum Beispiel in Indien und anderen asiatischen Ländern begleiten wir schon heute Infrastrukturinvestitionen und Kraftwerksprojekte.
… und der Wettbewerb in den USA, zum Beispiel mit Underwriter Laboratories?
Die UL hat in den USA eine sehr komfortable Position, weil sie standardgebend ist und gleichzeitig zertifiziert. Die können „den Shop“ immer noch geschlossen halten. Insofern haben wir dort in vielen Prüfumfängen einen Wettbewerbsnachteil. Wir konnten dort Fuß fassen, etwa mit Joint Ventures, wie mit der Arizona State University im Bereich Solar. Zudem erwarten wir alsbald die Zusage der US-Behörden, dass wir Solarmodule für den US-amerikanischen Markt zulassen dürfen.
Die TÜV haben in Deutschland sämtliche Monopolpositionen verloren. Versucht jetzt jeder TÜV, ein Alleinstellungsmerkmal herauszustellen?
Es gibt Schwerpunkte, jeder versucht sie differenziert zu setzen. Wir setzen unter anderem auf das Thema Fotovoltaik. Unser Prüflabor für Solarmodule in Köln ist das größte weltweit. Andere Prüfunternehmen ziehen nach und gehen auch in diesen Markt. Wir als TÜV Rheinland haben das Ziel, das erfolgreichste unabhängige Prüfhaus zu werden. Wir stehen für ein weltweit dichtes Netzwerk, für One-Stop-Testing und wir sind bekannt für die hohe Qualität unserer Mitarbeiter.
Sie wollen Marktführer beim Prüfen von Elektroautos werden?
Elektromobilität wird eine Rolle spielen. Die Politik muss ihre Visionen in verlässliche Rahmenbedingungen umsetzen, darauf warten auch die Hersteller. Wir werden nach dem Gipfel bei der Kanzlerin, bei dem zwei Mitarbeiter von uns waren, das Thema intensivieren. Wir haben ein Technologiezentrum für Mobilität in den Niederlanden, investieren gerade in ein Batterietestlabor in Japan: Beides versetzt uns in die Lage, auf diesem Markt mitzuspielen.
Der Umsatz der TÜV Rheinland Group ist trotz Wirtschaftskrise 2009 um rund 7 %, auf fast 1,2 Mrd. € gewachsen. Wie geht es weiter?
Wir werden in den nächsten Jahren, bis 2014, die 2 Mrd. €-Umsatzmarke durchstoßen und wollen gleichzeitig eine zweistellige Rendite erreichen. Das kann auch gelingen, weil wir immer stärker in internationalen Märkten tätig sind, die eine höhere Rentabilität zulassen. Die benötigen wir auch, weil wir in diese Märkte, in Mitarbeiter und Niederlassungen, in Laboratorien, in Prüfequipment heute Vorinvestitionen leisten müssen. Deswegen sind wir aufgefordert, wie unsere Wettbewerber im Übrigen auch, einen höheren Cash-Flow zu erzielen.
Wird sich an der Aktionärsstruktur des TÜV Rheinland etwas ändern?
Wir fühlen uns sehr wohl mit unserem Alleinaktionär, dem TÜV Rheinland Berlin Brandenburg Pfalz e.V.
Die Fusion weiterer TÜV ist vom Tisch, nachdem das Kartellamt eine Fusion von TÜV Rheinland und TÜV Süd sehr kritisch betrachtet hat?
Dies ist mittelfristig vom Tisch. Die Kartellbehörden haben derzeit ganz klare Anforderungen an uns gestellt, die für beide Organisationen nicht erfüllbar sind. Wenn sich die Kartellbehörden europäisch oder mehr global organisieren, kann man sich das Thema aber noch einmal ansehen.
Wir als TÜV Rheinland internationalisieren unser Geschäft und positionieren uns im globalen Wettbewerb. Dort, auf den globalen Märkten, wird der Wettbewerb schärfer. Da geben heute oft die großen, börsennotierten Gesellschaften den Ton an.
Wir haben den Anspruch, mit unserer Arbeit die Welt nachhaltig besser zu machen. Das unterscheidet uns und macht uns für attraktiv für unsere Kunden. R. SCHULZE
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