Von der Kunst, Ziele in Ergebnisse umzusetzen
Ehrgeizige Ziele allein machen aus einer Führungskraft noch keinen Top-Manager, meint Dr. Waldemar Pelz von der Fachhochschule Gießen. Nur wer es versteht, seine Fähigkeiten und Absichten in Ergebnisse umzusetzen, wird auf Dauer erfolgreich sein. Die Managementwissenschaft spricht hier von „Volition“. VDI nachrichten, Düsseldorf, 15. 1. 10, jul
Pelz: Volition lässt sich mit Willenskraft übersetzen. Gemeint ist damit die Fähigkeit einer Person, ein definiertes Ziel in Ergebnisse umzuwandeln. Letztlich geht es also um die persönlichen Umsetzungskompetenzen, die zur Selbststeuerung des gesamten Handlungsablaufs – von der Definition eines Zieles über die Planung und Aktion bis zur Erfolgskontrolle – benötigt werden.
Worin besteht der Unterschied zur Motivation?
Die Volition geht einen Schritt über die Motivation hinaus. Wenn jemand motiviert ist, bedeutet dies nicht, dass er über die erforderlichen Kompetenzen verfügt, ein Ziel zu erreichen. Benötigt werden ein starker Wille sowie die Fähigkeit, interne Emotionen und externe Umfeldhindernisse, Ablenkungen und Probleme oder Konflikte zu überwinden. Der ehemalige General-Electric-Chef Jack Welch zitiert in diesem Zusammenhang gern seine Mutter, die ihm die Botschaft auf den Lebensweg gab: „Du musst es nur wollen!“
Was macht dieses Thema so wichtig?
Hirnforschung, Psychologie und Managementwissenschaft belegen, dass Menschen mit ausgeprägten Fähigkeiten zur Selbststeuerung überdurchschnittliche Leistungen bringen, weniger unter Stress leiden, bessere persönliche Beziehungen haben und emotional belastende Situationen effektiver bewältigen. Kurzum: Sie sind erfolgreicher. Und solche Führungskräfte und Mitarbeiter brauchen Unternehmen. Michael Dell sagt z. B. nicht: „Ich gehe zur Arbeit“, sondern „ich gehe zum Sport“.
Besteht denn in dieser Hinsicht ein Mangel?
Erste Studien, etwa von der Universität St. Gallen und der London Business School, ergaben, dass nur 10 % der Führungskräfte im Alltag Willensstärke, Selbstdisziplin, Konsequenz und Fokussierung aufbringen, um ein definiertes Ziel zu erreichen. Das Gros war entweder hyperaktiv, aber erfolglos, distanziert bzw. zögerlich und somit unwirksam. In meiner Beratungspraxis erlebe ich es auch immer wieder: fachlich hervorragende Manager, die großartige Ideen haben – und dann doch kaum was umsetzen. Warum? Sie verzetteln sich und tun sich schwer damit, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. Bei anderen ist es umgekehrt: Sie erzeugen mit relativ wenigen Ressourcen überzeugende Ergebnisse, und das ist es, was letztlich zählt.
Was bedeutet diese Erkenntnisse für die Unternehmenspraxis?
Unternehmen sollten folglich nach denen ausschauen sollten, die die Fähigkeit zur Selbststeuerung haben, um sich gegen widrige Umstände durchzusetzen, Hindernisse und Rückschläge zu überwinden sowie unbeirrt auf Kurs zu bleiben, bis sie ihr Ziel erreicht haben.
Wie können Führungskräfte erkennen, wie ausgeprägt ihre eigenen Umsetzungskompetenzen sind?
Das Konstrukt Volition besteht aus verschiedenen Teildimensionen. Diese lassen sich als Verhaltensbeschreibungen darstellen. Unterschieden werden Aufmerksamkeitssteuerung und Fokussierung, Emotions- und Stimmungsmanagement, Selbstvertrauen und Durchsetzungsstärke, vorausschauende Planung und Problemlösung sowie die zielbezogene Selbstdisziplin. Diese Beschreibungen können z. B. Grundlage für so genannte Verhaltensinterviews in einem Management-Audit sein. Die Gutachten eignen sich, um die Entwicklungsmaßnahmen der Teilnehmer zu planen.
Sie selbst führen Analysen per Onlinetest, quasi zur Selbstdiagnose durch.
Ja, der von uns entwickelte Test, den jeder auf der Website www.umsetzungskompetenzen.com kostenfrei machen kann, verdeutlicht zum einen, wie es um die Volition eines Teilnehmers als Ganzes bestellt ist, und zum anderen, mit welchen Teilkompetenzen dieser punkten kann und wie sein Ergebnis im Vergleich zu anderen ausfällt.
Was empfehlen Sie Unternehmen?
Zunächst ist es wichtig, die Umsetzungskompetenzen einer (Nachwuchs-) Führungskraft im Rahmen der Auswahl zu ermitteln, da diese eine Voraussetzung für den künftigen Erfolg dieser Person sind. Darüber hinaus sollten diese Fertigkeiten bei der Führungskräfteentwicklung systematisch trainiert werden.
MICHAEL GESTMANN
Dr. Waldemar Pelz ist Professor für Unternehmensführung und Betriebswirtschaftslehre an der FH Gießen. Zudem leitet Pelz das Institut für Management-Innovation in Bad Soden.
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