Wowereit erntet Kopfschütteln und Kritik für Wiederwahl als BER-Chefaufseher
Nach rund einem Jahr ist er wieder da: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit wurde erneut zum Chefaufseher des Hauptstadtflughafens BER gewählt. Aufgegeben hatte er den Posten, nachdem die Flughafen-Eröffnung zum vierten Mal abgesagt werden musste. Nun hagelt es Kritik.
Die Vertreter der Linken im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft BER versagten Wowereit ihre Stimme: Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov stimmte gegen ihn, Wirtschaftsminister Ralf Christoffers enthielt sich. Stefan Liebich, Berliner Bundestagsabgeordneter der Linken, nannte die Wahl einen „Treppenwitz der Berliner Geschichte“. Wowereit sei aus gutem Grund zurückgetreten, er trage die politische Verantwortung dafür, dass der Bau des Flughafens zu lange dauere und zu teuer geworden sei. „Jetzt sind die Kosten explodiert, ein Eröffnungstermin steht immer noch nicht fest und er kommt zurück – ich halte das für absurd“, sagte Liebich.
Linke will Nachtflugverbot
Die Linke hatte schon im Vorfeld gegen eine Wiederwahl Wowereits zum Aufsichtsratschef protestiert. Die Partei fordert seit langem mehr Engagement für größere Nachtruhe am geplanten Flughafen. Dazu hatte es in Brandenburg ein erfolgreiches Volksbegehren gegeben, Wowereit dagegen will kein Nachtflugverbot.
Für einen Skandal hält die Rückkehr Wowereits auch Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag und ehemaliger Vorsitzender des Verkehrsausschusses. Wowereit habe den Steuerzahler viele Hundert Millionen Euro gekostet, „durch Fehlentscheidungen, die er mit zu verantworten hatte“. Ramona Pop, Fraktionschefin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, nannte die Wiederwahl „das peinlichste Comeback des Jahres“. Wowereit habe bereits gezeigt, dass er es nicht könne. „Die BER-Story verkommt nun endgültig zum sozialdemokratischen Kasperletheater“, sagte der brandenburgische FDP-Chef Gregor Beyer. CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski warf der brandenburgischen Landesregierung vor, sich aus der Verantwortung gestohlen zu haben.
Platzeck-Nachfolger wollte den Vorsitz nicht
Klaus Wowereit hatte zu Beginn des Jahres den Aufsichtsratsvorsitz der Flughafengesellschaft BER nach elf Jahren abgegeben. Ihm folgte der damalige brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck. Nach einem leichten Schlaganfall legte der das Amt im August nieder, seitdem führte Wowereit den Aufsichtsrat kommissarisch. Dietmar Woidke, Platzecks Nachfolger als brandenburgischer Ministerpräsident, lehnte das Amt ab. Gesucht wurde in der Zwischenzeit nach einem Experten aus der Wirtschaft – aber offenbar wurde niemand gefunden.
Wowereits eigene Partei, die Berliner SPD, begrüßte, dass mit Wowereit jetzt wieder ein Aufsichtsratschef im Amt sei, der das Projekt gut kenne. „Ich bin mir bewusst, dass das sicher nicht auf allen Seiten eine breite Zustimmung findet“, sagte Wowereit selbst über seine Wiederwahl.
BER sorgt auch für Streit zwischen Mehdorn und Kaeser
Die Eröffnung des BER wurde seit Baubeginn bisher viermal verschoben. Nach der ursprünglichen Planung sollte dort bereits seit über einem Jahr der normale Flugbetrieb laufen. Bis heute ungelöst sind aber die Probleme mit dem Brandschutz. Dabei machen schon die Kosten eine schnelle Eröffnung dringend: 4,3 Milliarden Euro sollte der Flughafen kosten – in jedem Monat ohne Flugbetrieb fallen 30 weitere Millionen Euro an.
Der geplante Flughafen sorgte auch für Verstimmung zwischen BER-Geschäftsführer Hartmut Mehdorn und Siemens-Chef Joe Kaeser. Kaeser hatte vor Studenten der TU München erklärt, der Hauptstadtflughafen sei überflüssig. „Den braucht im Augenblick eh keiner.“ Mehdorn reagierte darauf mit einem verärgerten Brief, den die Bildzeitung abdruckte. Er warf Kaeser mangelnde Kenntnis und Illoyalität vor. Siemens ist am Bau des Flughafens beteiligt: Der Elektrokonzern soll den kritischen Teil der Brandschutzanlage umbauen.
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