Ist ein befristeter Arbeitsvertrag als Einstieg akzeptabel?
Ich habe mich bei einem mittelständischen Unternehmen beworben. In einem Vorstellungsgespräch bereitete mich mein Gesprächspartner aus der Personalabteilung darauf vor, daß der Arbeitsvertrag für diese Stelle auf ein Jahr befristet sein wird, aber anschließend (planmäßig) in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt werden soll, vorausgesetzt natürlich, man ist mit dem Stelleninhaber zufrieden. Der Hintergrund hierfür ist eine künstliche Verlängerung der Probezeit (dies hat man mir glaubhaft dargestellt), ohne Ärger mit dem Betriebsrat befürchten zu müssen.
Nach meinem ersten Entsetzen sind mir inzwischen sogar positive Seiten dieser Regelung eingefallen. Zum Beispiel ist im ersten Jahr keine Kündigung zu erwarten, und gegenüber einer Firma ohne Betriebsrat besteht (meiner Erfahrung nach) ohnehin kaum ein Unterschied.
1. Hat sich diese Regelung eingebürgert oder ist dies ein Einzelfall?
2. Im Gespräch klang an, daß man schlechte Erfahrungen mit Kandidaten gemacht hat, die angegebene Fähigkeiten anschließend nicht erbringen konnten. Ist dies eine Nachlässigkeit des Unternehmens oder gibt es solche gut getarnten Mogelpackungen häufiger?
3. Nach welcher Zeit sollte das Unternehmen einen unbefristeten Vertrag vorgelegt haben (vor Ablauf des befristeten), um den Mitarbeiter an sich zu binden?
Antwort:
Nur noch einmal kurz zu unseren Spielregeln: Hier werden keine fundierten Rechtsauskünfte erteilt, das kann und dürfte(!) ich nicht. Wenn Sie also im Einzelfall spezielle Rechtsfragen haben, wenden Sie sich stets an einen Rechtsanwalt. Der weiß auch nicht immer alles, aber nur der darf.
Zunächst teile ich Ihren Optimismus nicht, daß während der Laufzeit eines befristeten Vertrages keine Kündigung zu erwarten ist. Kein Unternehmen, noch dazu keines mit Erfahrungen gemäß Ihrer Frage 2, wird einen möglicherweise unfähigen Mitarbeiter ein Jahr an sich binden und bezahlen(!), wenn bei konventionellen Verträgen mit üblicher Probezeit dieses Risiko nur für etwa acht Wochen bestanden hätte dann wäre man den ungeeigneten Menschen nämlich wieder losgewesen. Achten Sie also auf das „Kleingedruckte“.
Ein befristeter Vertrag gilt nur bis zu einem genau definierten Datum, dann endet die Beschäftigung „automatisch“. Um den Mitarbeiter zu diesem Termin loszuwerden, muß man gar nichts tun. Das hat für beide Seiten Konsequenzen: Das Unternehmen muß nicht kündigen, setzt niemanden aktiv auf die Straße, muß sich keine Gegenargumente anhören weder vom Betroffenen, noch vom Betriebsrat oder gar von Anwälten.
Der Arbeitnehmer hingegen muß natürlich von Anfang an vor jenem Enddatum zittern. Der Arbeitgeber müßte ja aktiv und gegen den Geist des Vertrages(!) etwas für den Mitarbeiter tun sonst wäre dieser schlicht „draußen“. Also muß der Arbeitnehmer ständig schon während der Laufzeit nach Alternativen schauen, sich auf die gewollte, wahrscheinliche, schriftlich so vereinbarte(!) Katastrophe vorbereiten.
Konsequenz: Ein solides, modernes, erfolgreiches Unternehmen und ein sehr guter, erfahrener, erfolgreicher, begabter Arbeitnehmer kommen so nicht zusammen. Ausdrücklich habe ich keinen Umkehrschluß gemeint: Also ist ein Unternehmen, das so etwas erwägt, nicht automatisch etwa… Uneingeschränkt gilt jedoch: Ein befristeter Vertrag ist besser als arbeitslos zu sein. Übrigens gilt auch: Mündliche Nebenabreden („Gehen Sie mal davon aus, daß wir schon verlängern werden“) sind hinterher nichts wert (schon weil sie nicht zu beweisen sind).
Zu 1: Für normale Verträge mit erfahrenen Akademikern ist das kein allgemeiner Trend, bei Berufsanfängern o. ä. kommt es vor.
Zu 2: Nach allgemeiner Ansicht sind sechs Monate Probezeit zu wenig, um einen Menschen umfassend beurteilen zu können. Etwa ein bis zwei Jahre gelten als erforderlich (daher wird ja hilfsweise bei der Bewerbung so mit Argusaugen auf Unterlagen/Zeugnisse geschaut).
Zu 3: Um das Risiko klein zu halten, bei Ablauf arbeitslos zu werden, müßten Sie sechs Monate vorher mit dem Bewerbungsprozeß beginnen. Das Unternehmen wird aber im Nomalfalle nicht früher als einige Wochen vor Ablauf eine Entscheidung treffen (sonst hätte man ja gleich den üblichen unbefristeten Vertrag mit sechsmonatiger Probezeit schließen können!). Also zwingt man den Mitarbeiter während seiner Beschäftigungszeit in Bewerbungsaktivitäten hinein bei denen er vielleicht etwas Besseres findet …Wer macht so etwas?
Kurzantwort:
Befristete Arbeitsverträge mit kurzer Laufzeit anstelle üblicher unbefristeter Verträge sind nur ein Instrument für Sonderfälle, für besonders schlechte Zeiten etc. Sie sind jedoch der Arbeitslosigkeit vorzuziehen.
Frage-Nr.: 1093
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 44
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 1998-10-30
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