Bewerbung aus befristetem Vertragsverhältnis
Auch ich bin einer der Betroffenen, die „nur“ mit einem auf 18 Monate befristeten Vertrag eingestellt wurden. Damals erschien mir die Chance, im Forschungszentrum eines Top-Konzerns zu arbeiten, als großes Karriereangebot. Das war mir einen Wechsel von meiner ersten Anstellung und das Risiko eines befristeten Vertrages allemal wert.
Aus heutiger Sicht (fünf Monate vor Ablauf des Vertrages) ergeben sich nun gewisse Probleme. Obwohl mir von meinen Vorgesetzten versichert wird, daß man mit mir als Mensch und mit meinen Leistungen vollauf zufrieden ist, will man mir zum heutigen Zeitpunkt keine konkrete Zusage über eine Weiterbeschäftigung geben.
Die Konsequenz ist ein erneuter Start in die Bewerbungsphase. Doch wie stelle ich in einem Anschreiben das eventuelle Auslaufen meines befristeten Vertrages dar? Welchen Eindruck erweckt es, wenn ich schreibe“… da mein befristeter Vertrag eventuell ausläuft, begebe ich mich nun auf die Suche nach einer neuen Anstellung…“?
a) Denkt der Bewerbungsempfänger: „Den Mann können wir nicht einstellen, weil er ein `Versager` ist, sein Vertrag wird ja schließlich nicht verlängert.“
b) Oder falle ich sowieso sofort aus dem Kreis der potentiellen Kandidaten, weil mein Vertrag ja nur „eventuell“ ausläuft?
Erwähne ich hingegen in der Bewerbung nichts von dieser Befristung, wird die Frage aufgeworfen werden, warum ich denn schon wieder nach so kurzer Zeit den Wechsel von einem so renommierten Unternehmen vorhabe, was meiner Meinung nach auch zu einem Ausschluß aus dem Kandidatenkreis für die neue Stelle führt.
Können Sie mir (uns) einen Rat geben?
Antwort:
Ich glaube, daß hier noch einmal ganz klar definiert werden muß, worüber wir sprechen:Ein befristeter Arbeitsvertrag enthält ein Enddatum. Dieses bedeutet: Arbeitslosigkeit ab diesem Tage, wenn nicht eine neue Position bei einem anderen Arbeitgeber gefunden wird. Punkt, Ende, aus.Es ist also nicht „normalerweise“ zu erwarten, daß der Arbeitgeber befristete Verträge verlängert; es ist auch nicht üblich, daß sich fremde Unternehmen wundern, wenn sich jemand mit befristetem Vertrag rechtzeitig bei ihnen bewirbt.
Es ist nicht gerechtfertigt, wenn Mitarbeiter mit befristetem Vertrag denken, so schlimm werde es nicht kommen, oder irgendwie werde sich schon eine Verlängerung ergeben. Es mag sein, daß die Fachvorgesetzten im Einstellungsgespräch ein „Wunschdenken“ des Bewerbers stützen. Aber verlassen darf man sich allein auf den Text des Vertrages. Und der sagt: „Am … ist endgültig Schluß.“
In Ihrem Fall gilt daher auch: Es war außerordentlich „gewagt“, ein offensichtlich vorhandenes unbefristetes Arbeitsverhältnis gegen ein befristetes einzutauschen. Das war, was Kaufleute ein „schlechtes Geschäft“ nennen. Schön, Sie haben sich vom Namen des heutigen Arbeitgebers und vom interessanten Aufgabengebiet locken lassen. Aber es war eine reine Spekulation. Spekulieren soll man mit überschüssigem Geld, nicht jedoch mit der beruflichen Existenz.
Nur der Vollständigkeit halber: Wären Sie damals arbeitslos gewesen oder ein verzweifelt nach Beschäftigung suchender Berufsanfänger, dann hätten Sie einen auf 18 Monate befristeten Vertrag in diesem Unternehmen mit dem sehr guten Ruf als ein tolles Geschäft einstufen können. Als Anmerkung: Natürlich gehen gewagte Spekulationen auch schon einmal gut aus, das will ich ja gar nicht bestreiten. Aber ebenso häufig gehen sie daneben. Und davor sollen Nachahmer gewarnt werden.
Für Ihre Bewerbungssituation gilt:
1. Es bleibt in jedem Fall der Aspekt einer allzu kurzen Dienstzeit beim heutigen Arbeitgeber, der den Bewerbungsleser nachdenklich stimmt. Die Gründe dafür kommen stets erst an zweiter Stelle.
2. Der Bewerbungsempfänger wird sich „wundern“, daß Sie offensichtlich Ihren ersten Arbeitgeber „auf eigenen Wunsch“ (steht vermutlich im entsprechenden Zeugnis) verlassen haben, um den befristeten Vertrag anzunehmen. Und da ergibt sich für Sie eine Zwickmühle:
2.1. Sie können darauf hinweisen, daß man Ihnen damals im Vorstellungsgespräch die Befristung eher als eine Art „Formsache“ verkauft und die spätere Festanstellung als „ziemlich sicher“ dargestellt hat. Dann wären Sie vom Vorwurf der leichtsinnigen Spekulation entlastet, hätten aber das Problem, als „gewogen und zu leicht befunden“ zu gelten.
2.2. Sie können alternativ die Befristung als „von Anfang an feststehend und absolut eindeutig ohne vorgesehene Verlängerung“ hinstellen, dann war dieser Schritt leichtsinnig.
3. Ihre Variante b) sehe ich so gar nicht: Es wird dringend davon abgeraten, Bewerbungen als „vorsichtshalber“ zu deklarieren und also einzugestehen, daß durchaus die Gefahr (aus der Sicht des Lesers) besteht, man werde beim bisherigen Arbeitgeber bleiben. Dann hat der potentielle neue Arbeitgeber keine große Lust, Sie auch nur einzuladen. Das Risiko ist ihm zu groß.Ich rate Ihnen zu ernsthaften Bewerbungen und etwa folgender Argumentation:“19… erhielt ich ein Angebot der XY AG. Die Chance, dort im zentralen Forschungszentrum an der Lösung herausfordernder Aufgaben mitzuarbeiten, bewog mich schließlich zum Wechsel. Dabei mußte ich leider die zu kurze Dienstzeit bei meinem ersten Arbeitgeber in Kauf nehmen. Hinzu kam, daß mir XY nur einen auf 18 Monate befristeten Vertrag anbieten konnte. Die Möglichkeit einer Verlängerung wurde jedoch so deutlich dargestellt (oder von mir so interpretiert), daß ich das Risiko für tragbar hielt.
Leider zeigt sich jetzt, daß aus wirtschaftlichen Gründen mit einer Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis doch nicht gerechnet werden kann. Auch meine Vorgesetzten, die mir mehrfach ihre Anerkennung für Führung und Leistung aussprachen, sehen keine Chance mehr für die Fortführung des seinerzeit geplanten Projektumfanges. Das Unternehmen wird also die Möglichkeit nutzen, entsprechend befristete Verträge schlicht auslaufen zu lassen. Davon bin auch ich betroffen.
Natürlich wird damit nicht jeder Vorbehalt ausgeräumt. Aber die Geschichte klingt immerhin glaubhaft und liegt im Rahmen der Vorstellungen und Erfahrungen des Lesers (sehr wichtig!).
Ist sie auch in jedem Detail wahr? Größtenteils schon. Und, seien Sie versichert, alles glaubt der Leser dem Bewerber ohnehin nicht. Natürlich müssen Fakten stets korrekt wiedergegeben werden. Aber Motive, Empfindungen, Hintergründe stellen auch Unternehmen in ihren Anzeigen (sagen wir einmal) „werbewirksam“ dar. “
Gleiche Waffen für beide Seiten“ ist sicher eine erlaubte Forderung.
Kurzantwort:
Der befristete Arbeitsvertrag endet grundsätzlich „gnadenlos“ an den festgeschriebenen Terminen Hoffnung auf Verlängerung ist Wunschdenken, mehr nicht. Bei Bewerbungen ist der Hinweis auf einen derzeit bestehenden befristeten Vertrag eine durchaus akzeptierte Begründung für den „Wechsel“ des Arbeitgebers.
Frage-Nr.: 1174
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 44
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 1998-10-30
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