Heiko Mell 01.01.2016, 12:46 Uhr

Angestellter Unternehmer oder selbstständig?

Ich bin seit mehr als zehn Jahren bei meinem heutigen Arbeitgeber tätig, der Tochtergesellschaft eines internationalen Konzerns. Dort habe ich viele Höhen und Tiefen erlebt und es nicht zuletzt Ihrer Karriereberatung zu verdanken, dass ich immer noch dort bin.

Meine Chance:
Um Einzelergebnisse besser kontrollieren zu können, sollen nun auch bei uns kleine eigenverantwortliche Geschäftseinheiten (GEs) eingeführt werden. Dafür werden aus verschiedenen zuarbeitenden Abteilungen Mitarbeiter abgezogen, die dann unter einem GE-Leiter, der aus dem Vertrieb kommt, als Team ein gemeinsames positives Ergebnis erwirtschaften.

Mir hat man jetzt eine solche GE-Leitung mit eigenen Mitarbeitern und einer nennenswerten Umsatzverantwortung angeboten. Der Umsatz liegt in der auch heute von mir verantworteten Größenordnung, man verspricht sich jetzt jedoch (oder erwartet von mir) eine Verbesserung der Rendite.

Aus meiner Sicht ist diese Neuorganisation mit Sicherheit ein sinnvoller und notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Auch meine zukünftigen Mitarbeiter begrüßen die Umstrukturierung und tragen sie mit. Einschränkend ist lediglich die zögerliche Haltung unserer Geschäftsleitung – und die Tatsache, dass alle Führungskräfte aus der bisherigen Organisation, die das neue System nicht befürworten, in der einen oder anderen maßgeblichen Position weiter vorhanden sind. Jeder wird Gründe finden, warum hier und da gebremst werden muss. Und wenn etwas schief geht, dann ist per Definition die Schuld beim GE-Leiter (also bei mir) zu suchen.

Dennoch betrachte ich die Position als neue Herausforderung, der ich mich durchaus stellen möchte, gäbe es da nichtdie Alternative:
Vor einigen Jahren hat sich ein früherer Vorgesetzter mit einem eigenen Unternehmen selbstständig gemacht. Damals habe ich diesen Schritt aus finanziellen Gründen (Nachwuchs, Haus) nicht gewagt. Inzwischen beschäftigt die Gesellschaft eine Handvoll Leute, ist erfolgreich am Markt etabliert und betreibt in erster Linie ein Nischengeschäft.

Jetzt hat mir dieser frühere Vorgesetzte eine Stelle dort als stellvertretender Geschäftsführer und Teilhaber angeboten. Er ist Mitte 50 und er möchte seine Aktivitäten bis zum Rentenalter stufenweise zurückschrauben. Die Teilhaberschaft kann erworben werden durch Anteilsüberschreibung als Teil des Gehalts.

Fachlich traue ich mir das zu, auf der persönlichen Schiene verstehen wir uns sehr gut. Die Risiken sind hier plötzliche längere Krankheit und Verschlechterung der persönlichen Beziehung.Ich würde mich freuen, wenn ich kurzfristig Ihre Gedanken zu diesem Thema lesen dürfte.

Antwort:

Zu der Gesamtsituation kann man Ihnen nur gratulieren: eine tolle Beförderung beim bisherigen Arbeitgeber und alternativ die Chance zum Sprung in die Selbstständigkeit.

Zur Beförderung: Das ist, noch im überschaubaren Rahmen, aber immerhin, die Weichenstellung in die unternehmerische Laufbahn. Eine solche Geschäftseinheit ist ein bisschen wie eine „Firma in der Firma“. Ihre bisher stets nur auf eine Tätigkeit beschränkte Zuständigkeit und Verantwortung (z. B. Vertrieb) wird plötzlich ausgeweitet auf andere Funktionen, die für den Gesamterfolg eines Produktes ebenfalls noch wichtig sind (z. B. Entwicklung/Konstruktion, Produktion etc.).

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Wenn Sie das überzeugend hinbekommen, sind Sie in vier bis fünf Jahren in- oder extern „reif“ für eine noch größere GE oder für eine Geschäftsführung. Die erfolgreiche Leitung einer Geschäftseinheit ist die perfekte Basis für den Sprung vom leitenden Spezialisten zum Generalisten, zum (späteren) gesamtverantwortlichen Leiter eines Unternehmens.

Was geschieht, wenn Sie scheitern – das darf man nicht jedes Mal fragen, wenn man vor einer solchen Chance steht. Natürlich sind die Erwartungen an Sie hoch und Probleme gibt es genug, aber das müssen Sie riskieren. Ein aufstiegsorientierter Angestellter muss da einfach mit beiden Händen zupacken!

Es sei denn, er findet noch etwas Besseres. Sehen wir uns die Alternative an:
Ob die Selbstständigkeit dem Angestellten-Dasein generell vorzuziehen ist, müssen Sie selbst entscheiden. Es kommt dabei auch auf den Typ an: Im Falle einer drohenden Firmenpleite (beispielsweise) sieht sich der Angestellte nach einer alternativen Anstellung um und überbrückt etwaige Risiken mit seinem Anspruch auf Arbeitslosenbezüge. Der Selbstständige wird stattdessen überlegen, eine Hypothek auf sein privates Haus aufzunehmen, um sein Unternehmen zu retten. Damit will ich nicht etwa sagen, einer von beiden hätte es leichter, ich will nur auf die andere Denkungsart hinweisen.

Sehen Sie auch bitte den Weg in die Selbstständigkeit vorsichtshalber als endgültig an – die Rückkehr ins Angestelltendasein ist sehr schwierig.

Aber in den ganz speziellen Details Ihres Angebots liegen noch zusätzliche Stolpersteine:

Ein Teilhaber ist erst einmal eine Art weisungsgebundener Juniorpartner. Was er davon hat und welche Probleme damit verbunden sein können, hängt entscheidend von der Person des bestimmenden Hauptgesellschafters ab! „Teilhaberschaft“ taugt eher nur als Zwischenstufe zum Mehrheitsgesellschafter, sonst weniger.

Das „stufenweise Zurückschrauben“ der Aktivitäten eines Inhabers ist eines der Zentralprobleme überhaupt. Schön, Ihrer ist jetzt ganz sicher guten Willens – aber ob er mit 65 nicht meint, bis 75 oder 85 könne er durchaus noch weitermachen (bei reduzierter eigener Arbeit, aber bei voller bisheriger Entscheidungsgewalt) ist eine ganz andere Frage. Hier helfen nur glasklare, verbindliche, schriftliche Absprachen/Vereinbarungen mit Prozenten, Jahreszahlen, Euro-Beträgen etc. (bei einer GmbH vor dem Notar).

Ein weichender Inhaber gibt Geld und Macht ab – dummerweise sind das genau die Kriterien, an denen das Herz von Inhabern hängen muss, sonst hätten sie diese Funktion nie überzeugend ausfüllen können. (Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin auch Inhaber, habe mich dahin vorarbeiten müssen und muss auch irgendwann mehr und mehr an Macht und Geld abgeben.)

Als Trend-Aussage: Gerade in kleinen Unternehmen muss gelten, dass der bestimmt, der verantwortlich das Geschäft macht. Suchen Sie also eine vertragliche Regelung, die dem Rechnung trägt. Dabei muss wiederum der heutige Inhaber das Recht haben, bis zu einem Tag X auch entscheiden zu können, dass Sie seinen Vorstellungen nicht entsprechen und dass er Ihnen sein Lebenswerk nicht anvertrauen mag. Dann muss er Ihnen die bis dahin erworbenen Anteile wieder abkaufen dürfen – das läuft auf eine Art zwei- bis dreijährige „Probezeit“ hinaus (allerdings keine mit Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende). Schließlich müssen Sie sich in der neuen Funktion erst einmal bewähren (nicht jeder eignet sich zum Selbstständigen).

Mein Rat: Sprechen Sie einmal mit dem Inhaber. Tragen Sie ihm die Probleme vor – und sehen Sie einmal, was er sagt. Und dann entscheiden Sie. Die Wahl nimmt Ihnen niemand ab, auch ich nicht.

Als Trost: Beide Möglichkeiten sind grundsätzlich attraktiv. Treffen Sie, wenn alles Sachliche geklärt ist, die letzte Entscheidung „im Bauch“. Das muss nicht richtiger sein, aber Sie fühlen sich dann besser.

Kurzantwort:

1. Die Leitung einer Geschäftseinheit ist eine sehr gute Basis für die spätere Übernahme von Geschäftsführungs-/Vorstandsaufgaben.

2. Inhaber, die sich zurückziehen wollen, sind stets guten Willens. Aber das Fleisch ist oft schwach.

Frage-Nr.: 1717
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 49
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2002-12-06

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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