Heiko Mell 01.01.2016, 15:16 Uhr

Worauf sollte man bei einem Wechsel in eine Geschäftsführerposition achten?

Nach mehr als zwanzig Jahren Berufserfahrung als angestellter Ingenieur in Unternehmen mit etwa 1.000 Mitarbeitern habe ich jetzt die Chance, eine Geschäftsführerposition (kein Gesellschafter) in einem kleineren, sehr stabilen Unternehmen (über 100 Mitarbeiter) anzutreten.

Dieser Wechsel ist von der Aufgabenstellung reizvoll – andererseits birgt er Risiken. Derzeit bin ich in einer herausragenden Stabsposition tätig und aufgrund verschiedenster Regelungen nahezu unkündbar. Der Wechsel würde natürlich alle bekannten Risiken mit sich bringen, angefangen von der zeitlichen Befristung bis hin zur persönlichen Haftung.

1. Welche Fehler sollte man bei einem erstmaligen Wechsel in den Geschäftsführerstatus möglichst vermeiden, um nicht später böse Überraschungen zu riskieren?

2. Gelten bei Bewerbungen bzw. Vorstellungsgesprächen um Geschäftsführerpositionen andere Spielregeln?

3. Wie stellt sich eine derartige Position in einem Lebenslauf dar, wenn man später wieder in eine verantwortungsvolle Linienposition in einem anderen Unternehmen möchte?

4. Gibt es für Geschäftsführer eigentlich Zeugnisse und wenn ja, wer stellt diese aus und in welcher Form?

5. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um eine Vertragsverlängerung bei einem befristeten Vertrag zu erwirken?

6. Welche sozialversicherungsrechtlichen Fragen stellen sich primär?

Antwort:

Der angestellte Geschäftsführer hat eine ganz besondere Funktion im Unternehmen, bei deren Betrachtung höchst unterschiedliche Aspekte gesehen werden müssen:

a) Er ist „Organ“ der Gesellschaft (GmbH), übernimmt also auch im Gesetz festgelegte Funktionen und trägt eine bestimmte Verantwortung (es gibt in jeder gut sortierten Buchhandlung diverse Bücher über diesen Themenbereich). Er spricht und handelt verbindlich im Namen der Gesellschaft. Für Außenstehende „ist“ er die Firma.

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b) Für die Mitarbeiter der Gesellschaft ist er die Personifizierung des Arbeitgebers.

c) Gegenüber den ihm direkt unterstellten Führungskräften ist er Chef wie andere Manager auch.

d) Im Hinblick auf seine eigene Karriere/berufliche Existenz ist er „auch bloß ein Angestellter“, der von „anderen Menschen, die ihm Weisungen geben können, abhängig ist“. Dieser Aspekt wird besonders gern übersehen. Konkret: Geschäftsführer werden mindestens(!) ebenso oft gefeuert wie andere Manager auch.

e) Der Geschäftsführerstatus gilt allgemein als Krönung der Angestellten-Karriere, ist also bei aufstrebenden, ehrgeizigen Managern sehr begehrt (so wie ein Fußballprofi gern in der Bundesliga spielen, ein Leichtathlet gern an einer Olympiade teilnehmen oder ein Berufsoffizier gern General werden möchte).

f) Ein Geschäftsführer verwaltet das Geld „anderer Leute“, der Gesellschafter. Deren Erwartungen muss er entsprechen, deren Vorgaben und Weisungen muss er folgen, sie sind Eigentümer des Unternehmens, bei dem er angestellt ist. Leute, die Geld haben, können äußerst anspruchsvoll sein!

Pauschal kann man über Gesellschafter nur sagen, dass sie Anteile an der Gesellschaft halten – im Übrigen repräsentieren sie das gesamte Spektrum menschlicher Existenzen: Sie sind fähige, hochkarätig unternehmerisch begabte, eindrucksvolle Persönlichkeiten oder naive, unfähige, bösartige Erben – mit allen Abstufungen dazwischen. Sie ziehen entweder an einem Strang oder hassen sich untereinander bis aufs Blut (wer der Freund einer Gruppe ist, ist der Feind der anderen).

Eine GmbH kann z. B. der Witwe des Firmengründers gehören oder Konzerntochter sein. Im letzteren Falle hat der GF als Gesellschafter schlicht das Management der Muttergesellschaft und unterliegt Konzernregelungen wie ein Abteilungsleiter auch.

Auch für Geschäftsführer gilt mein Kernsatz über Angestellte: „Ein guter Geschäftsführer ist jemand, den seine Gesellschafter dafür halten.“ Formal dient der Geschäftsführer den Interessen der Gesellschaft, in Wirklichkeit denen der Gesellschafter. Beide können erheblich(!) auseinander klaffen. Ebenso können sich Differenzen ergeben zwischen den gesetzlichen Pflichten des Geschäftsführers und dem Willen der Gesellschafter. Jeder Geschäftsführer-Kandidat ist also sehr gut beraten, sich seine künftigen Gesellschafter noch viel sorgfältiger anzuschauen als ein normaler Bewerber seine Vorgesetzten.

g) Ein Geschäftsführer kann recht einfach und ohne große Möglichkeit zum Einspruch von seinem Amt entbunden (entlassen) werden. Wenn die Gesellschafter ihm das Vertrauen entziehen, ist er draußen. Es gibt weder Sozialauswahl, noch Kündigungsschutzgesetze, noch Betriebsratsmitwirkungen. Alles ist nur eine Frage der Höhe der Abfindung. Diese kann allerdings beträchtlich sein (u. a. steht die Auszahlung der Bezüge aus der restlichen Laufzeit z. B. des Mehrjahresvertrages an, der nicht zwingend, aber üblich ist und den Sie in Ihrer Frage „befristet“ nennen).

Selbstverständlich werden die Gesellschafter mit dem Instrument „Entlassung“ sehr zurückhaltend umgehen, schon im eigenen Interesse. Aber wenn man sie sehr enttäuscht oder ärgert, könnten sie jederzeit die Trennung herbeiführen.

h) Der Geschäftsführer führt die gesamte Firma oder sein Ressort (je nachdem, ob er Allein-GF oder Ressort-GF ist), er hat also sehr große interne Macht und einen sehr großen Gestaltungsspielraum. Das ist der besonders interessante Aspekt einer solchen Spitzenfunktion.

i) Die meist recht „anständigen“ Gesamtbezüge, die stets auch eine variable Komponente in beträchtlicher Höhe enthalten, sind teilweise auch Risikoprämie für den „heißen“ Stuhl, auf dem der GF sitzt.

j) Bewusst zuletzt genannt, in der Aufzählung formal allerdings ganz nach oben gehörend: Aufgabe des Geschäftsführers ist es, im Rahmen der Vorgaben der Gesellschafter das Unternehmen so zu führen, dass auf Dauer ein möglichst hoher Gewinn erzielt wird, dass also das eingesetzte Gesellschafterkapital eine möglichst hohe Verzinsung erreicht.

Der GF ist also nicht mehr nur Manager (das ist er auch), er ist Unternehmer! Er braucht, vor allem als Allein-GF, ein solides Gespür für Märkte, für Vertrieb, für Kunden und ein recht solides kaufmännisches Wissen. Er muss mit Investitionen umgehen, mit Banken verhandeln, sich mit Steuerberatern/Wirtschaftsprüfern auseinandersetzen und die Bilanz verantworten (ohne im Detail Fachmann sein zu müssen). Und er trifft jeweils die letzte Fachentscheidung (geht ein neues Produkt im Serie, engagieren wir uns auf diesem neuen Gebiet, erhöhen wir nun auf breiter Front die Preise, schlagen wir den Gesellschaftern die Produktionsverlagerung ins Ausland vor, kaufen wir das Wettbewerbsunternehmen?).

Diese Aufzählung von a bis j ist immer noch nicht vollständig, soll Ihnen aber einen ersten Abriss geben. Für den dafür „richtigen Mann“ gibt es keine grundsätzlichen Bedenken: Er will eines Tages GF werden, die Frage ist allenfalls, wo das sein wird. Ihm macht es Spaß, an der Spitze zu stehen – und Macht auszuüben(!). Im Übrigen gilt für ihn: Ohne Risiko kein Geschäft – und dass tief fallen kann, wer hoch hinaus will, ist eine Binsenweisheit, mehr nicht.

Und jetzt, geehrter Einsender, unterhalten wir uns darüber, ob Sie der ideale Kandidat dafür sind: Sie führen ins Feld, heute nahezu unkündbar zu sein, sprechen von einer heutigen Aufgabe in „herausragender Stabsposition“, Ihnen missfällt die Besonderheit der Drei- oder Fünfjahresverträge, Sie beschäftigen sich schon jetzt mit der Frage, „später wieder“ Nicht-GF zu werden.Nein, ich meine, Sie sollten es nicht tun. Nehmen wir eine Kleinigkeit: Der ideale GF-Typ ist mit Mitte 40 kein Stabsmann (mehr), seine Welt ist die Linie.

Zu den Detailfragen:

Zu 1: Der Werdegang sollte zielstrebig auf die GF-Position hinführen, damit man nicht bei späteren Bewerbungen (nach einem eventuellen Scheitern) den Eindruck hervorruft, dass das ja gar nicht gut gehen konnte. Und man sollte ganz sicher sein, mit den Gesellschaftern zu harmonieren. Es kann nicht schaden, wenn das die jeweiligen Ehepartner einschließt.

Zu 2: Grundsätzlich nicht. Es gibt keine dramatischen Unterschiede zwischen der Mittelstands-Bereichsleiter-Bewerbung und der Mittelstands-GF-Bewerbung. Vorstandspositionen in Konzernen jedoch werden nach etwas anderen Verfahren besetzt, das aber ist hier nicht unser Thema.

Zu 3: Es gibt kaum ein Zurück: einmal GF – immer GF. Spätere Bewerbungsempfänger, die meist GF sind, mögen als unterstellte Bereichsleiter niemanden, der früher selbst GF war – es könnte ihm an Respekt vor Geschäftsführern fehlen, beispielsweise.

Zu 4: Es sind in diesem Rahmen Zeugnisse üblich, die aussehen wie andere auch; sie werden von den Gesellschaftern, ggf. vom Vorsitzenden des Beirats, formuliert.

Zu 5: Im positiven Fall haben die Gesellschafter ein primäres Interesse daran, diesen tollen GF nicht zu verlieren und legen rechtzeitig vor Vertragsablauf ein neues Angebot vor. Im anderen Fall sollten Sie so zwölf bis neun Monate vor Vertragsablauf selbst die Frage aufwerfen.

Zu 6: Dazu kann ich leider gar nichts beitragen, davon verstehe ich zu wenig. Aber das zentrale Problem dürfte nicht in diesem Bereich liegen.

Kurzantwort:

Der Geschäftsführer einer GmbH ist Top-Manager, „auch bloß Angestellter“, marktorientiert denkender Unternehmer, Arbeitgeber, Organ der Gesellschaft – und das alles in einer Person. Außerdem hat er die hierarchische Spitze des Karrierewegs erreicht, verdient gut, übt Macht aus und trägt ein hohes Risiko. Dies ist kein Allerweltsjob, er fordert die Elite des Managements.

Frage-Nr.: 1819
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 5
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2004-01-22

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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