Darf ich nach dem deutschen System erst kündigen, wenn ich einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben habe?
Sie antworten auf die 2007. Frage unter anderem: „Ich darf nach dem deutschen System aber erst kündigen, wenn ich einen neuen Arbeitsvertrag habe.“ Dies wäre mir neu. Ich habe 2001 gekündigt, ohne einen neuen Arbeitsvertrag zu haben. Dann habe ich mich beworben und einen Vertrag unterschrieben. Zwischen beiden Arbeitsverhältnissen war ich keinen Tag arbeitslos.
Hat sich in den letzten Jahren in dieser Hinsicht gesetzlich etwas geändert?
Antwort:
Könnte ich ganz sicher sein, dass Sie der einzige Mensch in Deutschland sind, dem so eine Frage einfällt, hätte ich dieselbe ignoriert. Allein ich habe diese Sicherheit nicht. Also:
Es geht absolut nicht um Gesetze, es geht um vernunftgemäßes Handeln. Und dabei gilt im deutschen System von „Bewerbung, Beruf, Karriere“ die fundamentale Regel:
Du sollst niemals arbeitslos werden.
Das ist schwer genug zu erreichen, Verstöße sind keinesfalls immer vermeidbar. Ganz besonders „eisern“ ist folgende Minimalanforderung, die das „System“ auf dieser Basis stellt:
Du sollst unter keinen Umständen „auf eigenen Wunsch“ arbeitslos werden.
Das aber tritt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein, wenn man erst kündigt und dann sucht. Anschließend hat man ein Zeugnis, in dem das Ausscheiden auf eigenen Wunsch bescheinigt wird – ist aber arbeitslos, weil in der kurzen verbleibenden Zeit keine oder keine befriedigende Position gefunden werden konnte. Denn es gilt weiterhin der „eherne Grundsatz“:
Du sollst bei der Suche nach einer neuen Anstellung nicht unter Zeitdruck stehen.Das wiederum lässt als einzig „erlaubte“ (im Sinne von Vernunft, nicht irgendwelcher Gesetze, die uns hier kaum jemals interessieren) Ausgangsposition die Bewerbung aus ungekündigter, möglichst „unbelasteter“ Position zu.
Natürlich kann man im Einzelfall auch gegen Regeln verstoßen – und Glück dabei haben. So wie nicht jeder auf einen Lastwagen aufbrummt, der im dichten Nebel mit 200 km/h dahinbrettert. Folgen aber hundert Autofahrer seinem Beispiel, würden viele davon mindestens im Krankenhaus enden.
Ein Griff in die Statistik: Im Bereich anspruchsvoller, sachbearbeitender Positionen ohne Führung und ganz besonders im Bereich unterer und mittlerer Managementpositionen dauert die Suche nach einer neuen, gegenüber der alten einen Fortschritt darstellenden Position durchschnittlich sechs Monate. Durchschnittlich bedeutet: Oft dauert es auch länger. Eine so lange Kündigungsfrist hat kaum jemand; es droht also Arbeitslosigkeit, wenn man erst kündigt und dann sucht.
Und um das abschließend noch einmal ganz klar zu formulieren:
Du darfst weitgehend machen, was du willst – aber du darfst dich anschließend nicht wundern.
Sie brauchen, liebe Leser, nur einmal hundert Akademiker-Bewerbungen „am Stück“ zu lesen – dann verstehen Sie mich.
Kurzantwort:
Man sucht sich erst eine neue Stelle und kündigt dann. Verboten ist das Gegenteil nicht, bloß existenzgefährdend.
Frage-Nr.: 2014
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 18
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2006-05-05
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