Ist im Arbeitszeugnis eine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen besser als eine betriebsbedingte Kündigung?
Frage:
Bei mir steht eine betriebsbedingte Kündigung an (Firma muss Personal abbauen; bin Dipl.-Ing., 41, ledig, kinderlos). Der Einspruch über einen Anwalt läuft, das erste außergerichtliche Einigungs-Angebot der Firma liegt vor.
Ist es sinnvoll, bei einem Einigungstermin eine „Trennung im gegenseitigen Einvernehmen“ durchzusetzen oder wie sehen potenzielle Arbeitgeber heute eine „betriebsbedingte Kündigung“?
Sehen sie das eher neutraler als im gegenseitigen Einvernehmen oder was ist aus Ihrer Sicht die leichter zu verschmerzende Variante?
Antwort:
Die einzige Variante, mit der ein Arbeitnehmer so aus einem Arbeitsverhältnis aussteigen kann, dass spätere (auch in fünf Jahren!) Bewerbungsempfänger nicht mehr daran „riechen“ können, ist diese:
a) hinreichend lange Dienstzeit dort (Faustregel: um fünf Jahre),
b) gutes bis sehr gutes Zeugnis mit der Formel „scheidet aus auf eigenen Wunsch“,
c) für den nächsten Tag nach Ende der Beschäftigung weist der Lebenslauf ein neues Beschäftigungsverhältnis aus.
Achtung: Jede Art von „eigenem Wunsch“ ist dann nicht nur wenig hilfreich, sondern sogar kontraproduktiv, wenn danach eine mehrmonatige Arbeitslosigkeit folgt (dadurch gilt der Mitarbeiter entweder als „vergnügungssüchtig“, weil er gern einmal auf eigenen Wunsch arbeitslos sein wollte, oder das Zeugnis entlarvt sich dadurch selbst als „ausgehandelt mit nachweisbar falscher Aussage“).
Das erwähnte Ideal ist oft – nicht immer(!) – auch im Falle einer arbeitgeberseitigen Kündigung erreichbar. Wenn der Mitarbeiter nämlich die Arbeitgeber-Kündigung rechtzeitig kommen sieht, was meist gegeben ist, sich sofort nach einer neuen Stelle umsieht, dann hat er schon einmal eine Chance, c zu erfüllen.
Falls mit ihm ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird, ist er dabei aktiver Verhandlungspartner – und nicht nur passiver Empfänger einer Kündigung. Und dann kann er darum bitten, dass z. B. in diesem Aufhebungsvertrag festgehalten wird:“Bis zum (ein Termin, der vierzehn Tage vor dem vereinbarten Ausscheiden liegt) kann der Mitarbeiter entscheiden, ob er- “auf eigenen Wunsch“ ausscheiden möchte (mit entsprechender Formulierung im Endzeugnis) oder- ob im Zeugnis von einer “betriebsbedingten Kündigung“ die Rede sein soll.“
Die Entscheidung trifft man dann im Hinblick darauf, ob rechtzeitig ein neues Arbeitsverhältnis angetreten werden kann oder nicht.
Achtung: Das Unternehmen muss keineswegs eine solche Klausel in einen Aufhebungsvertrag aufnehmen (das alles ist ja, vorsichtig gesagt, hart an der Grenze zum Unwahren) – aber so etwas kommt vor. Da Verhandlungen dieser Art ein Geben und Nehmen einschließen, kann beispielsweise der Arbeitnehmer zum Ausgleich für ein solches Entgegenkommen auf (ggf. wesentliche) Teile seiner Abfindung verzichten. Auch das ist schon vorgekommen.Für die Bewertung der von Ihnen ins Spiel gebrachten einzelnen Begriffe gilt generell:
1. Es ist das erstrebenswerte Ideal, dass der Angestellte „auf eigenen Wunsch“ ausscheidet und das auch bestätigt bekommt. Jede Art von erkennbar bleibender Arbeitgeber-Kündigung wirft irgendwelche Fragen auf, erregt „Verdacht“ oder verlangt nach Erklärungen. Das hat nichts damit zu tun, dass ein Angestellter sehr wohl völlig „unschuldig“ an einer arbeitgeberseitigen Kündigung sein kann(!).
2. Die arbeitgeberseitige Kündigung kann auf verschiedenen Wegen abgewickelt bzw. später im Zeugnis dargestellt werden:
2.1 Der „Aufhebungsvertrag“ ist formal eine zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelte Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Sie hat für den Arbeitgeber den Vorteil, dass mit der Unterschrift beider Parteien „der Fall vom Tisch“ ist, keine Klage des Arbeitnehmers oder keine Forderungen seiner Anwälte mehr drohen.
Für den Arbeitnehmer hat sie vor allem den Vorteil, dass seine Unterschrift gebraucht wird, er also zu einzelnen Formulierungen durchaus „Bitten“ äußern darf. Und vielfach fühlt er sich besser, wenn er sagen kann: „Mein Arbeitgeber und ich haben einen Vertrag geschlossen und uns damit über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses geeinigt“ als wenn er sagen müsste: „Man hat mich gefeuert.“Aber: Der Bewerbungsempfänger und mögliche zukünftige Arbeitgeber, der das „Spiel“ ja bei sich auch spielt, wertet einen Aufhebungsvertrag stets wie eine arbeitgeberseitige Kündigung. Auch die möglichen Zeugnisformulierungen entsprechen üblicherweise einer solchen.
Das ist auch dadurch abgedeckt, dass ein Arbeitnehmer praktisch niemals die Initiative zu einem Aufhebungsvertrag ergreift. Er kann ja lt. seinem Vertrag jederzeit problemlos kündigen, sofern er sich an die Fristen hält. Er braucht weder eine Begründung, noch eine Zustimmung des Betriebsrats, noch muss er soziale Aspekte berücksichtigen, noch kann der Arbeitgeber gegen diese Kündigung klagen. Der Arbeitgeber hat es schwerer, deshalb gibt es für ihn die Variante, sich das Einverständnis des Arbeitnehmers – etwas hart ausgedrückt – zu „erkaufen“.
2.2 Da Bewerbungsempfänger und tatsächliche neue Arbeitgeber nie so ganz genau wissen (können), was beim alten Arbeitgeber denn nun konkret „passiert“ ist (es gibt keine Extra-Bescheinigungen über die „Hintergründe einer Kündigung“, Aufhebungsverträge werden im Bewerbungsprozess nicht vorgelegt, längst nicht jeder Bewerbungsleser macht sich die Mühe, den alten Arbeitgeber anzurufen – und dann wäre noch nicht sicher, ob er die Wahrheit erfährt oder einer vereinbarten „Sprachregelung“ aufsitzt), bleibt letztlich nur die Zeugnisformulierung als entscheidende Informationsquelle auch für Bewerbungsempfänger in zehn Jahren. Folgende Formulierungen sind üblich:
2.2.1 gar keine: Beispielsweise steht ganz vorn im Zeugnis das Eintritts- und hinten das Austrittsdatum. Dann heißt es dort: „Er/sie verlässt uns zum … Wir wünschen alles Gute.“Nachteil: Wenn es einen für den Arbeitnehmer halbwegs schmeichelhaften Grund gab, fehlt der hier (Personalabbau mit Sozialauswahl, Schließung der organisatorischen Einheit).
Vorteil: Vielleicht überliest ein flüchtiger Leser die nur durch Weglassen angedeutete Katastrophe. Wenn es einen weniger schmeichelhaften Grund (Auseinandersetzungen mit dem Vorgesetzten) gab, kann der Bewerber versuchen, eine Erklärung für die Kündigung im Gespräch zu liefern, bei der er besser wegkommt oder z. B. behaupten, dieser alte Arbeitgeber schriebe immer so (so etwas mag bei manchen privat geführten Mittelständlern sogar vorkommen). Immerhin könnte es sich auch um „betriebliche Gründe“ gehandelt haben, das Gegenteil steht ja nicht geschrieben. Und – wenn auch als Argument schwach – der Arbeitgeber könnte ja die Formulierung „auf eigenen Wunsch“ bloß vergessen haben …
2.2.2 „im gegenseitigen Einvernehmen“: Dabei gilt als bewiesen, dass es genau das nicht gab! Die Formulierung ist in der Praxis einfach die übliche Umschreibung für eine arbeitgeberseitige Entlassung. Ersparen Sie mir einmal die Begründung, warum es so ist.Mit Zusätzen wie „im besten gegenseitigen …“ wird alles nur verworrener, nicht besser. Wer also wirklich einmal im besten Einvernehmen ausscheidet, sollte aufpassen, dass genau das nicht im Zeugnis steht, sondern anders ausgedrückt wird (dann in Verbindung mit dem Ausscheiden auf eigenen Wunsch!).
Nachteil: Das „gegenseitige Einvernehmen“ ist die klare arbeitgeberseitige Kündigung, die Formulierung kann nicht übersehen werden, sie springt ins Auge, jeder Fachmann ist darauf „programmiert“.
Vorteil: Der Arbeitnehmer, der ja meist Laie ist in diesen Fragen, fühlt sich besser dabei – es klingt ja irgendwie „nett“. Aber auf sein Empfinden kommt es letztlich gar nicht an!
2.2.3 pauschal „aus betrieblichen Gründen“:
Vorteil: So etwas kennt heute jedes Unternehmen. Der Grund kann in einer generellen Restrukturierung liegen, in abteilungsinterner Neuordnung, in der Schließung einer Geschäftseinheit.
Nachteil: „Kann“, muss aber nicht. Die Formulierung wird auch großzügigerweise in Zeugnisse gesetzt, wenn in Wirklichkeit schlechte Leistungen oder Differenzen mit dem Chef die Ursache waren.
2.2.4 „aus betrieblichen Gründen“ mit entlastenden Details:Als Beispiel: „Leider musste das Arbeitsverhältnis zum … aus betrieblichen Gründen aufgelöst werden. Im Rahmen einer durchgreifenden Änderung der Geschäftspolitik sagen wir uns gezwungen, den Geschäftsbereich zu schließen.“
Oder (statt „Im Rahmen …“): „Leider sahen wir uns zu einem umfassenden Personalabbau gezwungen. Von der nach sozialen Gesichtspunkten zu treffenden Auswahl war auch Herr/Frau … betroffen.“
2.2.5 „aus betrieblichen Gründen“ mit oder ohne Details, aber mit persönlicher Ehrenerklärung:
Als Beispiel (angehängt ggf. an eine Detailbegründung gem. 2.2.4): „Wir betonen ausdrücklich, dass diese Maßnahme in keinem Zusammenhang mit der Person oder den Leistungen von Herrn/Frau … steht, wir hätten das Arbeitsverhältnis gern fortgesetzt.“
Das muss der Arbeitgeber natürlich so sehen und schreiben wollen, dann aber ist das fast so gut wie ein Ausscheiden auf eigenen Wunsch. Ebenso führt natürlich eine bescheinigte Insolvenz zu einer „Totalentlastung“ der betroffenen Angestellten.
Abschließende Anmerkung: Wie immer kann, soll und darf dies keine juristische Betrachtung oder Beratung sein, auch ist das Thema damit keinesfalls erschöpft. Aber ich hoffe, diese Wiedergabe von Beobachtungen aus der täglichen Praxis hilft Ihnen etwas weiter.
Kurzantwort:
Frage-Nr.: 2098
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 8
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2007-02-22
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