Heiko Mell 01.01.2016, 23:23 Uhr

Was kann ich machen, wenn ich bei der Beförderung übergangen worden bin?

Frage/1: Seit meinem Einstieg in die XY AG habe ich mich von einer Spezialistenposition im Projekt über eine Gruppenleitung zu einer Teilprojektleitung weiterentwickelt. Die Rückmeldungen meiner direkten Vorgesetzten waren immer sehr positiv.

Mein bisheriges Ziel war es, meinen direkten Vorgesetzten zufrieden zu stellen und ihn insbesondere bei Konfliktsituationen im Projekt zurate zu ziehen. Diese Konfliktsituationen entstanden im Kontakt mit dem Projektvorgesetzten und dem Gesamt-Projektleiter und sind teilweise durch die Organisationsform der „Matrix“ bedingt: Meinem direkten vorgesetzten Abteilungsleiter steht ein Hauptabteilungsleiter vor, dessen Hauptabteilung stellt eine Teilfunktion im Projekt dar. Im Projekt steht mir der Gesamt-Teilprojektleiter dieser Teilfunktion vor, der vom Hauptabteilungsleiter benannt wurde. Darüber gibt es den Projektleiter des Gesamtprojekts.

Da mir von allen Seiten hervorragende technische und interne Arbeit bescheinigt wurde, habe ich die gelegentlichen „Reibereien“ nicht allzu erst genommen.

Jetzt musste die Stelle des Gesamt-Teilprojektleiters (also meines direkten Vorgesetzten im Projekt) neu besetzt werden. Die Wahl fiel auf einen Mitarbeiter, der bis vor wenigen Monaten noch bei mir im Team gearbeitet hatte. Dies wurde mir während der Abwesenheit (Urlaub) meines direkt vorgesetzten Abteilungsleiters durch den Hauptabteilungsleiter mitgeteilt. Als Begründung wurde mir zwar eine hervorragende Arbeit und „Binnenwirkung“ bescheinigt, jedoch wurde eine zu verbessernde „Außenwirkung“ festgestellt. Man möchte nun, dass ich in unveränderter Position im Projekt verbleibe, allerdings zusätzlich hauptabteilungsübergreifende Aufgaben im Stabsbereich durchführe. Das scheint mir durchaus reizvoll zu sein, ist aber m. E. nicht mit der von mir angestrebten/erhofften Position des Gesamt-Teilprojektleiters zu vergleichen.

Darüber hinaus bin ich mit der aktuellen Vorgesetzten-Struktur im Projekt unzufrieden und fühle mich übergangen.

Frage/2: In der jetzigen Situation sehe ich die folgenden vier Möglichkeiten (weil ja kein echter Notfall vorliegt, ziehe ich derzeit keinen regionalen Wechsel/Umzug in Betracht):
1. Dem Wunsch des Hauptabteilungsleiters entsprechen, wie bisher weiterarbeiten und gute Ergebnisse abliefern. Dafür müsste ich allerdings den Ärger und gekränkten Stolz hinunterschlucken.
2. Einen internen Wechsel im bisherigen Bereich, aber in eine andere Hauptabteilung vollziehen.
3. Einen internen Wechsel in einen anderen Bereich, z. B. auch an einen anderen Standort in der Region, vornehmen. Solche Bereichswechsel sind nicht unüblich und werden in der oberen Managementebene durchaus befürwortet.
4. Mich extern im Bereich der bisherigen Branche bewerben. Die Schwierigkeiten dabei: die „Begrenztheit“ der Branche, meine regionale Einschränkung sowie mein hohes Zieleinkommen (ergibt sich aus Ist-Einkommen + 10 %).

Antwort:

Antwort/1:

a) Für Leser, die sich mit diesen organisatorischen Strukturen (noch) nicht so auskennen, eine Erläuterung zum Verständnis:Die Mitarbeiter haben alle eine klassische berufliche „Heimat“ in klassischen Organisationsstrukturen. Dort sind sie „disziplinarisch“ eingeordnet, dort werden sie eingestellt, ggf. entlassen, dort gibt es Gehaltserhöhungen etc. In diesem Teil ihrer „Welt“ gibt es einen Abteilungsleiter als direkten und darüber wieder einen Hauptabteilungsleiter als nächsthöheren Vorgesetzten.

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Daneben existiert eine Art (alle Konzerne mögen mir verzeihen) „Parallel-Universum“, in dem die eigentlich im Mittelpunkt stehende Arbeit am jeweiligen Auftrag, dem einzelnen Projekt, stattfindet. Dort führen die verantwortlich tätigen, von ihren klassischen Vorgesetzten vorübergehend dorthin entsandten Mitarbeiter eine Art spezieller Rangbezeichnung, in denen jeweils das Wort „Projekt“ vorkommt.Fachlich sind die „Projekt“-Hierarchiestufen von besonderem Interesse: Wer hier „oben“ steht, bestimmt, wo es im jeweiligen Projekt fachlich langgeht.

Jeder Mitarbeiter hat also zwei Chefs: den „disziplinarischen“ in seinem klassischen Heimatbereich (der auch fachlich für allgemeine Fragen des Gebiets zuständig ist und der verantwortet, dass für Projekte stets genügend gut ausgebildete, hochqualifizierte Leute zur Verfügung stehen) und den jeweiligen (fachlichen) Vorgesetzten im Projekt. Das Prinzip nennt man Matrix, es ist modern und hat sich grundsätzlich bewährt (hat aber seine Tücken).

Und weil im Projekt die eigentliche „Arbeit“ der Beteiligten, also die Erfüllung der Geld einbringenden Kundenaufträge stattfindet, hat die Einstufung innerhalb der Projekthierarchie einen sehr hohen Stellenwert in den Augen aller Beteiligten.

b) Als Trost für Leser mit weniger Sinn für komplexe mehrdimensionale organisatorische Strukturen: Unser Fall „funktioniert“ auch bei einfacherer Betrachtung: Ein Gruppenleiter will befördert werden. Man nimmt aber nicht ihn, sondern einen Mann, der vor kurzer Zeit noch unter ihm gearbeitet hat. Nun ist der Gruppenleiter das, was man „sauer“ nennt – und das mit Recht. Damit ist nicht gesagt, dass man ihn hätte befördern müssen – das können wir nicht beurteilen. Aber ärgern darf er sich. Einen Kollegen „vor die Nase gesetzt“ zu bekommen, ist schlimm genug. Einem ehemaligen Mitarbeiter untergeordnet zu werden, ist hart. Beinhart.

Man hat ihm dann als übliches Trostpflaster noch ein paar Stabsfunktionen übertragen, damit ein Teil der Demotivation abgefedert wird, aber Niederlage bleibt Niederlage.

c) Die Vorgesetzten treffen eine derartige Entscheidung übrigens keineswegs etwa „blauäugig“: Sie müssen massive Bedenken gegen die Beförderung des Einsenders gehabt haben – und sie wissen selbstverständlich genau, was sie damit anrichten! Bis hin zur Konsequenz „vielleicht verlässt er das Unternehmen“ rechnen sie jetzt mit allem.Sie, geehrter Einsender, sollten jetzt erkennen, dass Sie nicht nur in einer speziellen Situation etwa „Pech“ gehabt haben oder etwa zufällig an irgendwie falsch handelnde Chefs geraten sind. Nein, das „System“, vertreten durch das Management eines Weltkonzerns, hat Ihnen ein „So nicht“ entgegengehalten. Konkret: Bei weitergehenden Ambitionen Ihrerseits ist irgendeine Art von Verhaltensänderung angesagt. So wie bisher können Sie nicht weitermachen. Dass Sie vermutlich fachlich hochqualifiziert sind, spielt keine besondere Rolle. Wie ich hier oft genug sage: Das reicht nicht.

 

Antwort/2:

Analysieren Sie so genau wie möglich, was Sie im Sinne Ihrer Chefs falsch gemacht haben und was für den Mann sprechen könnten, der statt Ihrer die Aufstiegsposition bekommen hat. Dieser Kollege muss keineswegs „besser“ sein als Sie (wie immer man das definieren will), aber er war erfolgreicher. Sie könnten der anständigere Mensch sein – aber ein Wettbewerb dieser Zielrichtung läuft gerade nicht.

Übrigens: Vielleicht haben Sie Ihre Vorgesetzten bei Ihrer Projektarbeit viel zu oft „bei Konfliktsituationen zu Rate“ gezogen! Es ist gut denkbar, dass Ihre Chefs Ihnen dadurch bedingt mangelnde Selbstständigkeit angekreidet haben. Und denken Sie über die „Außenwirkung“ nach, die Sie verbessern sollten. Vermutlich ist Ihre Wirkung/Ausstrahlung auf Außenstehende gemeint, wahrscheinlich geht es um taktisch geschicktes Vorgehen gegenüber anderen Abteilungen, Kunden etc.

Zu 1: Das ist die schlechteste Lösung. Selbst wenn Sie Ihren Ehrgeiz vollständig begraben, sind Sie intern „verbrannt“. Sie kommen dort, wo alle Ihre Geschichte kennen, auf keinen „grünen Zweig“ mehr. Man braucht Jahre, um wieder ein rundum positives Image aufzubauen.

Zu 2: Richtig dabei ist der Neuanfang außerhalb der engeren Umgebung, wo Sie jeder kennt. Der Nachteil: In einer anderen Hauptabteilung desselben Bereichs ist Ihre „Geschichte“ etwa 30 Sekunden nach Ihrem Dienstantritt jedem bekannt. Ich bin skeptisch und rate eher ab.

Zu 3: Das verspricht schon eher Erfolg. Vielleicht wird Sie Ihre Geschichte auch hier irgendwann einholen. Aber da man Ihren – dann früheren – Chef und die – dann ehemaligen – Kollegen nicht persönlich kennt, ist das Interesse Ihrer neuen Umgebung an Ihrer Vergangenheit eher mäßig.

Zu 4: Im Prinzip die sauberste Lösung. Ihr Arbeitgeber, vertreten durch Ihren Hauptabteilungsleiter, hat erklärt, dass Sie dort nicht weiterkommen. Natürlich, so würde er sagen, hätten Sie ja die Chance, an sich zu arbeiten und vielleicht eines Tages … Aber wie wahrscheinlich ist das?

 

Fazit: Ich rate zur Verhaltensanalyse, zur Selbstkritik und zu parallelem Vorantreiben von Möglichkeiten 3 und 4.

Und noch etwas: Es ist natürlich nur ein unbeweisbares Empfinden, aber in meinen Augen passen Lebenslauf und Brief nicht optimal zueinander. Der Lebenslauf weist Sie als einen dynamischen Enddreißiger mit vorzeigbaren beruflichen Erfolgen aus. Sie haben sehr große Projektvolumen verantwortet, waren leitend tätig in bedeutenden Vorhaben irgendwo in der Welt, die auch hier einen hohen Bekanntheitsgrad haben, fast 100 Leute haben auf Ihre fachliche Weisung gehört. Und von Ihrem Foto blicken Sie wie die Verkörperung von „Was kostet die Welt?“.

Ihr Brief jedoch ist der eines vorsichtigen, zurückhaltenden, im Zweifel seinen Chef fragenden und „Reibereien“ nicht so wichtig nehmenden Menschen, dessen bisherige Welt gerade in Trümmern ging, der aber darin keineswegs einen Notfall sehen mag, der ihn etwa zum Umzug animieren könnte.Wer sind Sie wirklich, Dr. Chr. aus H.? Liegt hier der Hund begraben? Sind Sie fachlich der Lebenslauf-Mann und in der konzerninternen Dschungel-Taktik der etwas angeschlagen wirkende Brief-Verfasser?

Ach, und wenn Sie wechseln: Wer am Typ seiner Firma gescheitert ist (wie jetzt vermutlich Sie), wechsele möglichst zu einem anderen (Firmentyp).

 

PS: Bevor Sie an mir zweifeln, liebe Leser: Der „Dr. Chr. aus H.“ heißt natürlich nicht so – aber in jenem provozierenden Satz klingt eine persönliche Anrede einfach besser. Wir bleiben hier schon bei der völlig anonymen Darstellung.

Kurzantwort:

Wer siegen will, muss kämpfen. Wer an sich glaubt, muss auch nach einer Niederlage weitermachen. Man kann aber im alten Umfeld so „verbrannt“ sein, dass man besser den „Kampfplatz“ wechselt und dort einen Neuanfang sucht.

Frage-Nr.: 2177
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 49
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2007-12-07

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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