Heiko Mell 02.01.2016, 01:44 Uhr

Sollte eine Beförderungen im Zwischenzeugnis begründet werden?

Frage: Ich bin Leiter eines Produktionswerkes und hatte die Freude, aufgrund guter Ergebnisse und einer externen Potentialanalyse eine deutlich größere Einheit der Gesellschaft als Leiter übernehmen zu können. Nun geht es um das Zwischenzeugnis. Sollten die guten Ergebnisse der externen Potentialanalyse im Zwischenzeugnis erwähnt werden? Wenn ja, in welchem Umfang?

Antwort:

Ich bin in Sachen Rechtschreibung nicht wirklich klüger als viele Leser – aber misstrauischer. Wenn mir etwas auf den Tisch kommt, was „verdächtig“ aussieht, schaue ich vorsichtshalber im Duden nach. Oft auch vergeblich, weil sich gar nichts geändert hat. Aber bei „Potential“ hatte ich recht: Ihre Schreibweise ist noch erlaubt, aber man empfiehlt jetzt „Potenzial“. Ich will mit diesem Beispiel so viele Leser wie möglich für solche Problemfälle sensibilisieren und zum Nachsehen im Rechtschreibbuch anregen. Alles über moderne (mehrfach geänderte) neue Schreibweisen einfach im Kopf zu haben, das bringt „kein Mensch“.Zum Zeugnis: Es gibt zwei sich absolut widersprechende Meinungen zur Darstellung von Beförderungen.

a) Da sind zunächst die betroffenen Mitarbeiter. Sie sind geradezu durchdrungen vom Drang, jeden positiven beruflichen Schritt im Zeugnis begründen zu wollen, wenn man sie formulieren lässt. Man sieht es an ihren Entwürfen, die ich zur Begutachtung vorgelegt bekomme. Typisch sind Sätze wie: „Aufgrund seiner ganz hervorragenden Leitungen als Gruppenleiter beförderten wir ihm am … zum Abteilungsleiter“ (oder gaben ihm Prokura oder ein größeres Aufgabengebiet oder eine umfassendere Zuständigkeit).

Das geht so weit, dass der Fachmann ein selbst geschriebenes Zeugnis an diesen überschwänglichen Begründungen erkennt! Wenn man die Arbeitgeberunterschrift darunter bekommt, ist das formal völlig korrekt, aber es hat ein „Geschmäckle“.

b) Auf der anderen Seite stehen die meisten großen Konzerne. Deren Zeugnisse sind eher kurz, mitunter sogar knapp – und sie sparen sich Begründungen, stattdessen setzen sie auf Logik: „Wenn wir den Mitarbeiter zum Abteilungsleiter befördert haben, dann natürlich wegen sehr guter Leistungen als Gruppenleiter. Sonst hätten wir es nicht getan, was für eine Frage.“

Dieser eher sachorientierte Stil setzt sich in diesem Bereich der Dokumente, in dem ja eigentlich nur Fakten beschrieben werden, überwiegend durch und ist weitgehend Standard.Als zusätzliche Warnung: Drei oder vier Beförderungen während einer Dienstzeit bei einem Arbeitgeber kommen ja durchaus vor. Schreibt man nun bei jedem dieser Ereignisse denselben Schmus, liest sich das in der Wiederholung unerträglich. Lässt man die Begründung bei den späteren Beförderungen weg, sagt der logisch denkende Leser: „Ah, also diesmal nicht wegen hervorragender Leistungen oder wie?“

Also das Prinzip, Beförderungen (oder ähnlich positiv zu sehende Entwicklungsschritte) in Zeugnissen nur zu schildern, aber nicht zu begründen, ist das überzeugendere, damit ist auch Ihre Frage beantwortet.

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Ich kann ja verstehen, dass Sie auch stolz sind auf die für Sie so positiv ausgegangene externe Potenzialanalyse. Aber ordnen Sie das Detail dem Ganzen (Beförderung, größeres Werk) unter. Überzeugen Sie in der neuen Position, zählt allein dieses Resultat. Scheitern Sie, rettet Sie die Analyse auch nicht. Und bei der Gelegenheit: Vor jeder Art von Beförderung erstellt jeder Vorgesetzte eine Potenzialanalyse (er nennt sie bloß nicht immer so hochtrabend), wenn er sich fragt: Kann der das? Dass in Ihrem Fall ein externes Institut eingeschaltet wurde, ist ein winziges Detail am Rande – und kein Beweis für irgendetwas: Externe Berater sind nicht zwangsläufig besser als die eigenen Leute. Aber ich schließe den Beitrag lieber, bevor ich mir selbst das Wasser abgrabe.

Kurzantwort:

In Zeugnissen sollten Beförderungen sachlich dargestellt, aber nicht überschwänglich begründet werden („… wegen seiner herausragenden Leistungen …“). Große Firmen neigen eher zur Sachlichkeit – und man erkennt an Begründungs-Lobeshymnen oft den eigenen Formulierungsentwurf des Betroffenen.

Frage-Nr.: 2299
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 12
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2009-03-18

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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