Sollte ich meiner Bewerbung Protokolle der Mitarbeitergespräche beilegen?
Ist es sinnvoll, bei einer Bewerbung aus bestehendem Arbeitsverhältnis eine Kopie der Protokolle der jährlich stattfindenden Mitarbeitergespräche beizulegen, wenn kein Zwischenzeugnis existiert? Können diese Protokolle auch bei einem späteren Vorstellungsgespräch vorgelegt werden oder ist dies allgemein nicht üblich?
Das Protokoll enthält eine Aufgabenbeschreibung, es werden persönliche Ziele und deren Erreichung dokumentiert, es wird eine Leistungsbeurteilung abgegeben.
Antwort:
Wenn Sie dem Leser der Bewerbung eine Freude machen wollen, fügen Sie das Protokoll bei – er wird es mit großem Interesse lesen. Für ihn ist das viel interessanter als ein Zwischenzeugnis! In Ihrem Interesse ist das allerdings eher nicht:
a) Es handelt sich zweifelsfrei um ein internes „Papier“ Ihres derzeitigen Arbeitgebers. Sie haben sich in Ihrem Arbeitsvertrag zur vertraulichen Behandlung aller Dokumente und Daten verpflichtet – dagegen verstoßen Sie dann gerade. Diese Vertraulichkeit gilt gleich doppelt: Da ist einmal das System (der Formularaufbau), das Sie jetzt an die Öffentlichkeit bringen oder sogar „der Konkurrenz“ zur Verfügung stellen – wozu Sie absolut kein Recht haben. Und dann hat Ihr heutiges Unternehmen einen Herrn Max Müller beschäftigt. Und beurteilt ihn irgendwie. Diese Beurteilung ist höchst vertraulich, Sie sind keinesfalls berechtigt, diese Information „nach draußen“ zu geben – auch nicht, wenn Sie selbst jener Max Müller sind. Das gilt uneingeschränkt auch für die persönlichen Ziele, die jenem Max Müller gesetzt sind!
Als Trost: Richtig massive Nachteile drohen Ihnen wegen der Aspekte unter a eher selten, aber die Augenbrauen hochziehen könnte der Bewerbungsempfänger schon. Der folgende Punkt ist gravierender:
b) Die üblichen Dokumente, in denen Bewerber beurteilt werden, sind offizielle Zwischen- oder Endzeugnisse. Diese unterliegen eigenen Vorschriften und Gepflogenheiten, dürfen das weitere Fortkommen des Arbeitnehmers nicht über Gebühr behindern usw. Es darf also nie etwas Negatives konkret drinstehen. Wenn ein Arbeitgeber etwa gern zum Ausdruck bringen möchte, dass beispielsweise die Qualität der Arbeitsergebnisse zu wünschen übrig ließ, dann ist er als Formulierungskünstler gefordert. So könnte er schreiben: „Mit der Menge der von ihm vorgelegten Ausarbeitungen waren wir immer sehr zufrieden.“ Dann darf der Fachmann schließen: „Ah, Menge war ausdrücklich gut, von Qualität steht nichts – also war die vermutlich höchst unbefriedigend.“
Das führt zu den üblichen „pflaumenweichen“ Zeugnistexten, die man als Leser von Bewerbungen gewohnt ist und die Ihre Mitbewerber in dieser Angelegenheit haufenweise vorlegen. Und dann kommen Sie mit Ihrem „Protokoll“, das diesen Einschränkungen nicht unterliegt und in dem plötzlich auch einmal „die Wahrheit“ angekreuzt ist. Da haben Sie dann bei zwölf Kriterien Kreuzchen bei „sehr gut“ und „gut“ – und bei „Qualität“ ist nur „befriedigend“ angekreuzt.
Sofort stürzt sich der Blick (na ja, aber irgendwie doch) des Lesers auf den negativen Ausreißer. Alle Top-Resultate sind vergessen, da also hat der Bursche seine ganz große Schwäche Und das ist bewiesen, keine Spekulation! Etwas in der Art kommt öfter vor als man denkt. Meist sind auf dem Blatt auch noch ein paar Zeilen mit verbalen Beschreibungen von Details über den Kandidaten enthalten, die auch ganz „interessant“ für den Bewerbungsempfänger sind. Also lassen Sie es lieber.
Frage-Nr.: 2338
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 31
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2009-07-29
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