Heiko Mell 02.01.2016, 04:11 Uhr

Sind Gruppenleiter gescheiterte Bereichsleiter?

In Frage 2.414 thematisieren Sie unter anderem die Entscheidung eines Mitarbeiters für oder gegen eine Führungskarriere. Mir fällt auf, dass hier zwei extreme Standpunkte zur Sprache kommen:

Soll ich „Sachbearbeiter oder Bereichsleiter“ werden?

Ist es denn so, dass man nur Gruppenleiter wird, wenn man auf dem Weg zum Bereichsleiter gescheitert ist? Es gibt doch auch Beispiele, in denen Mitarbeiter erst später in der Berufskarriere befördert werden oder?

Antwort:

Nein, Gruppenleiter sind pauschal keine gescheiterten Bereichsleiter. Aber es kann durchaus vorkommen, dass jemand der auszog, Bereichsleiter zu werden, letztlich dann doch als Gruppenleiter in Rente geht – der Rest hat nicht geklappt. Andererseits kann ein Gruppenleiter, der diese Rangstufe als Traumziel hatte, nie etwas anderes wollte und bis zuletzt nichts vermisste, froh und glücklich Ruheständler werden.

Die Zusammenhänge sind etwa so (eine zwangsläufig pauschale Betrachtung; individuelle Abweichungen sind möglich):

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Man beginnt in der ausführenden Ebene, für die sich der Begriff „Sachbearbeiter“ eingebürgert hat. Viele Angehörige dieser Ebene werden in einer solchen Position pensioniert. Ein Teil davon ist enttäuscht darüber, dass aus ihrem Berufsleben nicht „mehr“ herausgekommen ist, ein anderer Teil vermisst nichts, er hat nie mehr gewollt.

Darüber angesiedelt sind abgestufte Hierarchieebenen, die von Funktionen mit noch stark (oder ausschließlich) fachlich orientierter Führung über Einstiegsfunktionen in die disziplinarische Führung bis zu den im Gesetz vorgeschriebenen Top- (Organ-) Funktionen reichen. Typische Beispiele dieser meist aufeinander aufbauenden Ebenen sind:

  • Projekt-/Team-/Gruppenleiter
  • Abteilungsleiter
  • Hauptabteilungs-/Bereichsleiter
  • Geschäftsführer/Vorstand

Nicht immer gibt es alle Ebenen in jedem Unternehmen, aber immer gibt es „Sachbearbeiter“ am unteren und Geschäftsführer/Vorstände am oberen Ende der Skala.

Jede der sich daraus ergebenden Positionen wie „Gruppenleiter Arbeitsvorbereitung“, „Abteilungsleiter Konstruktion“, „Bereichsleiter Technik“ oder „Geschäftsführer Technik und Vertrieb“ ist

a) eigenständiges Karriereziel oder

b) Durchlaufstation auf dem Weg nach weiter oben.

Ein 34-jähriger Gruppenleiter kann also sowohl seine Ziel- und Traumebene erreicht und diesbezüglich(!) keinen weiteren Ehrgeiz mehr haben als auch ungeduldig seine Beförderung zum Abteilungsleiter erwarten; er braucht aber einige (Faustregel: 5) Jahre der Bewährung in der jeweils unteren Ebene, um weiter befördert werden zu können. Und: Die Ebenen werden grundsätzlich der Reihe nach durchlaufen – vom Sachbearbeiter direkt zum Vorstand, das gibt es generell nicht.

Wenn man nun sehr(!) viel länger als jene fünf Jahre in einer Ebene zugebracht hat, ist der „Zug“ weiterer Beförderungen weitgehend abgefahren. Wenn Sie also einen 52-jährigen Gruppenleiter treffen, hat der vermutlich seine Endposition erreicht.

Diese (sehr pauschale) 5-Jahres-Regel gilt in etwa auch für die Sachbearbeiter-Ebene. Wer beispielsweise zehn Jahre lang Konstrukteur war, hat es schon schwerer, in- oder extern noch hierarchisch aufzusteigen. Das alles fügt sich in ein komplexes Gesamtsystem: Der kontinuierliche Aufstieg vom Sachbearbeiter zum Geschäftsführer muss ja innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit und im Rahmen der Regeln möglich sein. Er ist es, wie dieses Beispiel zeigt:

– mit 26 Berufseinstieg,

– mit 31 Team-/Gruppenleiter,- mit 36 Abteilungsleiter,

– mit 41 Bereichsleiter,

– mit 46 Geschäftsführer.

Das ist, bitte sehr, ein Rohkonzept, kein Fahrplan, an den Sie sich sklavisch halten müssen. Und ein paar Jahre „Luft“ für Imponderabilien hat es auch noch.

Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich: Niemand kann wollen, dass jeder Berufsanfänger Geschäftsführer werden will – schon die Anzahl solcher Positionen spricht dagegen. Aber was man nicht tun sollte:

„Ich weiß, dass man so mit Mitte 40 auf seiner Zielposition sitzen sollte. Schön. Meine ist Gruppenleiter. Also bleibe ich gezielt bis 45 Sachbearbeiter und bemühe mich dann um meine „Endbeförderung“. Das müsste doch gehen oder?“ Das geht nicht!

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Lieber so früh wie möglich in die Zielebene hinein und sich dann dort erfolgreich behaupten. Denn es gilt: Früh krümmt sich, was ein Häkchen werden will. Was nichts anderes bedeutet als: Wenn man etwas erreichen will, kann man nicht früh genug damit anfangen.

Kurzantwort:

Jede der verschiedenen Hierarchieebenen zwischen den beiden Extremen „oben“ und „unten“ kann eigenständiges Karriereendziel oder Durchlaufstation auf dem weiteren Weg nach oben sein. Aber da zwischen Berufseinstieg und Ende der Beweglichkeit auf dem Arbeitsmarkt nur etwa 20 – 25 Jahre liegen, spielt der Zeitfaktor eine wichtige Rolle – man darf, weiteren Ehrgeiz vorausgesetzt, nicht „zu alt für diese Beförderung“ werden.

Frage-Nr.: 2424
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 34
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2010-08-25

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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