02.01.2016, 13:23 Uhr

„B. Sc. RWTH“ auf der Visitenkarte?

Unter uns Studenten findet regelmäßig eine große Diskussion statt: An der RWTH Aachen werden für Wirtschaftsingenieurstudiengänge B. Sc./M. Sc.-Abschlüsse vergeben. Auf der Urkunde steht dort offiziell z. B. „Bachelor of Science RWTH University (B. Sc. RWTH)“. Hier scheiden sich die Geister. Die einen würden „B. Sc. RWTH“ bzw. „M. Sc. RWTH“ auf die Visitenkarte drucken mit der Begründung „Differenzierung gegenüber anderen Universitäten und Fachhochschulen“. Getreu nach dem Motto: Mein Gegenüber soll ja schließlich wissen, woher ich komme. Die anderen würden den Unizusatz weglassen und sich nur als „B. Sc.“ bezeichnen. Ihr Argument ist es, dass es zu großspurig, ja sogar zu eingebildet rüberkommt und man durch seine Leistungen überzeugen soll anstatt mit seiner Uni „zu prahlen“.

Antwort:

Ich sehe mich keinesfalls als den großen Spezialisten für diese bewegende Frage. Gern sage ich meine Meinung, bin aber für eine zu anderen Resultaten führende Diskussion ausdrücklich offen. Hier einige Aussagen von mir, die m. E. die Lösung beeinflussen könnten:1. Nachdem viele oder alle(?) Fachhochschulen diesen Begriff aus ihrem Namen getilgt haben und sich irgendwie zwischen „University“ und „Technischer Hochschule“ nennen, was wohl nur mit kultusministerieller Genehmigung möglich war und ist, darf man vom Willen der Politik ausgehen, mittel- bis langfristig die leicht erkennbare Differenzierung zwischen FH und TH/Uni loszuwerden. Elitenförderung kommt nicht so gut an in diesem Land, die andere Variante dürfte mehr Wähler bringen.2. Ihren Kommilitonen würde also der Zusatz „TH“ gar nichts mehr nützen, das könnte z. B. auch auf die – ehemalige – FH Köln hinweisen, die heute TH heißt. Wenn man eine Differenzierung demonstrieren will, bleibt tatsächlich nur noch der Name der Hochschule – wobei die Feinheiten (TH Aachen = Uni, TH Köln: bisher FH) längst nicht mehr jedem Visitenkartenleser geläufig sein werden, mit jedem Jahr nimmt das – vermutlich gewollt – weiter ab.3. Wir haben in Deutschland die Gepflogenheit, dass der erzielte Abschluss des Studiums die eigentliche Qualifikation ausmacht, während die spezielle Hochschule vielleicht noch beim Berufsanfänger, später während der Karriere kaum noch eine Rolle spielt (im Gegensatz zu angelsächsisch geprägten Ländern). Ein entsprechender Visitenkartenaufdruck könnte hier auch Kopfschütteln hervorrufen.4. Ein mäßiges Examen wird durch eine Top-Uni nicht besser, eher noch blamabler.5. Vermeiden Sie es grundsätzlich, „nur“ mit dem Bachelor von einer Uni abzugehen, dem bewährten „Dipl.-Ing. TU/TH“ entspricht erst der Master. Achtung: Diese Aussage ist provokant, wird aber weitgehend durch die Praxis gestützt.6. Der „Titel“ M. Sc. allein – mit oder ohne Uni-Namen – sagt gar nichts. Bemühen Sie sich lieber um eine (zusätzliche?) Bezeichnung, in der das Wort „Ingenieur“ vorkommt.

Kurzantwort:

Frage-Nr.: 2874
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 13
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2017-03-30

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Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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