Heiko Mell 02.01.2016, 13:40 Uhr

Sollte man bei Gehaltsverhandlungen ein konkretes Angebot annehmen?

Vorbemerkung Heiko Mell: In dem Beitrag 2.878 ging es wieder einmal um die Gehaltsverhandlungen vor Unterschrift unter einen neuen Arbeitsvertrag. Ich wiederholte meine Empfehlung, als Bewerber eher vorsichtig mit zusätzlichen Forderungen zu sein, wenn der Arbeitgeber ein konkretes Gehaltsangebot vorgelegt hat und riet, grundsätzlich eher das Angebot als Zeichen der Wertschätzung durch das Unternehmen zu sehen und es anzunehmen oder eben das ganze Angebot abzulehnen.

Frage 1: Immer wieder lese ich Ihre meistens sehr zutreffende Karriereberatung. Auf die Frage 2.878 möchte ich Ihnen aber widersprechen. Meine Doktoranden bewerben sich regelmäßig bei den großen Automobilfirmen (im Mittelstand mag die Situation anders sein). Die Fachabteilungen wählen den Kandidaten aus, danach findet die Gehaltsverhandlung mit der Personalabteilung statt. Der Auftrag der Fachabteilung an die Personalabteilung ist i. d. R.: Hole mir diesen Kandidaten an Bord, koste es, was es wolle. Der Fachabteilung ist es – in gewissen Grenzen – dann egal, für welches Gehalt der Mitarbeiter eingestellt wird. Die Personalabteilungen versuchen dann, den Kandidaten möglichst günstig einzustellen. Die Personalabteilung ist nach meiner bisherigen Berufserfahrung nicht der Freund des Bewerbers. Sie versucht, Geld zu sparen.

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Antwort 1: Dass die (suchende) Fachabteilung die entscheidende Stimme bei der Einstellung eines Bewerbers hat, ist pauschal nahezu in der ganzen Industrie so geregelt. Gleichgültig ist den Fachabteilungen das Gehalt des neuen Mitarbeiters nicht, die daraus resultierenden Personalkosten werden ihnen belastet, sie müssen vorher ein Budget dafür beantragen. Es gibt Zeiten, in denen kämpfen sie um jeden Euro (es gab übrigens während meiner bisherigen beruflichen Tätigkeit schon Phasen, da fuhren frisch promovierte Einser-Ingenieure Taxi, einfach weil genau jene Top-Firmen absoluten Einstellstopp hatten).Die Personalabteilungen müssen die Bewerbergehälter also nicht bezahlen. Sie versuchen hingegen verzweifelt, ihre Gehaltsgefüge in Ordnung zu halten und diese nicht durch zu teure Neueinstellungen durcheinander zu bringen. So dürfen Berufseinsteiger nicht zu nahe an Mitarbeiter mit vergleichbarer Ausbildung herankommen, die schon drei Berufsjahre haben. Und Einsteigergehälter der Dr.-Ingenieure in Abteilung A dürfen nicht mehr als X % von den Vergleichspersonen in Abteilung B abweichen. Gehälter bleiben nicht geheim (Kantine, Toilette, Projektgruppe etc.) – wenn den Personalleuten das System entgleitet, gibt es großen Ärger. Und es drohen plötzliche Kostensteigerungen – weil z. B. inzwischen die Jungingenieure ebenso viel verdienen wie altgediente Teamleiter der nächsten Ebene, woraufhin man diese pauschal anheben muss. Bringen Sie so etwas einmal dem Vorstand bei.Und dann: Sind Personalabteilungen die Freunde des Bewerbers? Die Frage geht an der Realität vorbei. Diese Personalleute sind zunächst einmal ein Instrument des Arbeitgebers mit klar umrissenem Auftrag (in dem die Worte „zum Wohle und in Erfüllung der Interessen des Unternehmens“ vorkommen).Im Tagesgeschäft sind sie Serviceerbringer für die Fachabteilungen, Wächter über die Einhaltung von Gesetz, Tarif- und Individualarbeits-Verträgen, Beschaffer neuer und Entsorger alter Mitarbeiter. Nicht zu vergessen: Partner und (manchmal) Kontrahenten der Betriebsräte und der Gewerkschaften. Und dann auch noch „der Freund des Bewerbers“? Dafür ist tatsächlich kaum noch Platz. Aber „Partner bereits eingestellter Mitarbeiter“ – das ginge.Es ist kein leichter Job, der den Personalleuten abverlangt wird. Das entschuldigt nichts, muss aber auch einmal gesagt sein.

Frage 2: Erst durch harte Verhandlungen, Drohen mit Alternativangeboten der Konkurrenz oder auch manchmal Bluffen lässt sich die Personalabteilung zu einem höheren Einstiegsgehalt bewegen. Deshalb lautet meine Empfehlung an meine Doktoranden immer: Breit bewerben, um eine möglichst große Auswahl zu haben. Dann hart verhandeln, um das bestmögliche Einstiegsgehalt zu erzielen. Natürlich kann man nicht das Angebot beliebig hochtreiben, aber 10 % sind häufig schon möglich. Und dem niedrigeren Einstiegsgehalt läuft man dann die ersten fünf bis zehn Jahre des Berufslebens hinterher.

Antwort 2: Wir müssen aufpassen, damit hier kein falsches Bild entsteht: „Breit bewerben …, dann hart verhandeln, um das bestmögliche Einstiegsgehalt zu erzielen“ – da läuft ganz sicher der eine oder andere Leser Gefahr zu glauben, es ginge bei der ganzen Aktion darum, sich für das Angebot mit dem höchsten Einstiegsgehalt zu entscheiden. Und das wäre unverantwortlich!Schnell das Vertrauen seines Chefs erringen zu können (was nicht bei jedem Vorgesetztentyp funktioniert), von ihm gezielt gefördert zu werden, bald mit „spannenden“, herausfordernden Aufgaben betraut zu werden, schneller als andere aufsteigen zu dürfen, auf seinem internen Weg vom Wohlwollen des Chefs begleitet zu werden – darauf kommt es in den vierzig Jahren zwischen 28 und 68 vorrangig an.Ich will es einmal so ausdrücken: Kaum ein Vorstandsmitglied wird später sagen, entscheidend für seine Karriere sei damals das besonders hohe Einstiegsgehalt gewesen.Vergessen wir auch nicht: Gestandene Abteilungsleiter, die sich bewerben, bringen schon etwas mit, das sie verkaufen können, gern auch möglichst teuer. Berufseinsteiger hingegen arbeiten, sieht man es sehr streng, die ersten ein bis zwei Jahre „auf Kredit“ – ihr Einstiegsgehalt wird nicht für die Leistung in den ersten Halbjahren bezahlt, sondern für die Hoffnung, aus ihnen könnte danach etwas werden, was diesen Preis wert ist.Frisch promovierte Einsteiger in einem Angestelltenverhältnis in der Industrie liegen irgendwo dazwischen, es kommt auch auf die Art und Weise an, wie die Promotionszeit verbracht wurde (Lehrstuhl, industrienahes Institut, Industrie).Den Fehler, nach Vertragsunterschrift die Einstellgehälter zu vergleichen und möglichst hohe Summen als „Sieg“ zu feiern, hat schon mein damaliger Abschlussjahrgang gemacht. Ich weiß noch heute, wie enttäuscht ich war, das niedrigste Gehalt von allen vorweisen zu müssen. Fünf Jahre später war ich jüngster Abteilungsleiter meines Konzerns (und gebe gern zu, dass viel Glück, zufällige Gegebenheiten und der Instinkt, zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle gewesen zu sein, entscheidend dazu beigetragen haben).Ich warne Anfänger vor dem Wettbewerb um das höchste Gehalt unter Kommilitonen und ich warne Professoren vor dem Bemühen um Spitzenwerte für ihre Doktoranden. Anderes ist wichtiger.

Frage-Nr.: 2889
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 24
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2017-06-15

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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