Arbeitszeugnis für Geschäftsführer: Wie kommen CEOs an den Leistungsnachweis?
Von wem bekommt eigentlich ein Geschäftsführer ein Zwischenzeugnis? Stellt er es sich einfach selbst aus? Heiko Mell hat die Antwort.
Frage: Wie erhalte ich als Geschäftsführer nach einem Gesellschafterwechsel einen nachhaltigen, qualifizierten Leistungsnachweis?
Da ich weiterhin als Geschäftsführer tätig bin, kommt für mich ein Zwischenzeugnis infrage. Das wäre entweder von der neuen Mutterfirma oder von den Altgesellschaftern zu unterschreiben. Die Unterschrift des neuen Inhabers würde die Aussagekraft der Aussagen bei späteren Empfängern immer reduzieren, da dieser neue Inhaber über meine damaligen Aufgabengebiete und Verantwortlichkeiten (und meinen enormen persönlichen Einsatz) nicht informiert gewesen sein kann.
Lasse ich mir hingegen ein Zwischenzeugnis von den Altgesellschaftern ausstellen, kann ein späteres Endzeugnis (unterschrieben vom neuen Inhaber) nach meinem Austritt aus der Firma davon abweichen. Dadurch könnte das Zwischenzeugnis an Wert verlieren.
Ich tendiere dazu, mir von den Altgesellschaftern ein Referenzschreiben ausstellen zu lassen, welches zeitlich auch nach dem Verkaufstag datiert sein kann. Ist es strategisch sinnvoll, meine erfolgreichen Bemühungen zur Abwendung der Insolvenz aufzuführen?
Antwort:
Lassen Sie mich mit einer pauschalen Warnung beginnen: In der statistischen Betrachtung solcher Firmenübernahmen überleben Geschäftsführer den Machtwechsel nur selten besonders lange. Man hat als Investor dort, wo man sein Geld angelegt hat, gern einen Interessenvertreter, der das uneingeschränkte eigene Vertrauen genießt. Das ist in der Regel jemand aus dem bewährten Managementteam des Investors oder ein von ihm selbst ausgewählter externer Kandidat. Als Trost: Ausnahmen kommen vor.
Zur sachlichen Klarstellung: Jedes Zeugnis ist eine vom Tag des Ausstellungsdatums nach rückwärts gerichtete Bescheinigung von Fakten (Aufgaben + Zuständigkeiten) und Beurteilungen (Bewertung von Eigenschaften, Fähigkeiten und Leistungen). Als Verantwortlicher für die Formulierungen (dokumentiert durch die Unterschrift) kommt nur jemand infrage, der diese zurückliegende Zeit des bewerteten Mitarbeiters auch beurteilen kann. Damit fällt der neue Gesellschafter aus.
Arbeitszeugnis: Welche Rechte haben Sie?
Geschäftsführer, die formal ja „Organ“, aber kein Mitarbeiter des Unternehmens sind, erhalten gerade im Bereich mittelständischer Firmen Zeugnisse wie die Mitarbeiter auch.
Ein späteres Endzeugnis könnte bei Ihnen, aber auch in anderen Fällen, durchaus vom Zwischenzeugnis abweichen, teilweise um eine ganze Note. Es ist das Risiko jedes angestellten Mitarbeiters, dass ein neuer Vorgesetzter zu einem anderen Urteil kommt – oder dass andere Umstände zu anderen Zeiten auch tatsächlich zu anderen Leistungen des Beurteilten führen.
Aber: Grundsätzlich werden Zwischen- und Endzeugnisse aus einem fortlaufenden Arbeitsverhältnis so gut wie nie zusammen vorgelegt, man präsentiert immer nur das eine oder das andere Dokument.
Liegt noch kein Endzeugnis vor (Sie bewerben sich aus ungekündigter Position), ist die Situation klar. Sind Sie jedoch bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden, haben Sie ein Endzeugnis. Dann lässt man in der Regel das Zwischenzeugnis weg.
Zwei Tipps dazu:
1. Vermeiden Sie bei Bewerbungen die gemeinsame Vorlage eines sehr guten Zwischen- und eines mäßigen Endzeugnisses. Daraus erkennt man eine negative Tendenz und schließt auf Leistungsabfall.
2. Achten Sie später auf ein Endzeugnis, das bei der Einstellung beginnt, Ihre früheren Positionen und Aufgaben kurz mit anführt und hinten eine (!) zentrale Bewertung enthält, die unausgesprochen für die gesamte Dienstzeit dort gilt. Dann gibt es wenigstens keinen Beurteilungsabfall. Weniger schön: Ein Endzeugnis, das „mittendrin“ in der Dienstzeit dort anfängt und sagt, über die fehlende Zeit gebe es ein Zwischenzeugnis.
Ihre Frage nach der Bescheinigung Ihrer Leistungen in der Insolvenzvermeidung hat Tücken: Waren Sie zu jenem Zeitpunkt schon Geschäftsführer? Eine Insolvenz ist nach allgemeiner Auffassung durchaus auf schwache Leistungen oder Fehler der Geschäftsführung zurückzuführen. Also reden Sie in Ihrem GF-Zeugnis besser nicht von Insolvenzen, die gedroht haben.
Ich halte in Ihrem Fall ein schönes, positives und warmherzig formuliertes Zwischenzeugnis der Altgesellschafter für die beste Lösung. Dieses Dokument liegt dann auch in Ihrer Personalakte und bindet in den nächsten zwei bis drei Jahren Ihre neuen Inhaber bei der Formulierung eines eventuellen Endzeugnisses etwas. Eine bloße Referenz würde diese Wirkung nicht haben, sie würde aber künftige Bewerbungen erst einmal ebenso gut stützen.
Als Trost: Wenn ein Geschäftsführer ausscheidet (auch unfreiwillig), kommt man ihm im Normalfall mit einem guten, problemlosen Zeugnis entgegen. Es geht ein wenig in die Richtung: Er, der alle internen Daten und Vorgänge kennt, soll später nicht schlecht über das Unternehmen reden. Und das wiederum hat natürlich nie einen schlechten GF gehabt. Es kann ja gar nicht anders sein: Man arrangiert sich, wie so oft …
Erschienen in VDI nachrichten 27/28-2021
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