Ausführende und führende Tätigkeiten liegen mir nicht
Frage:
Ich bin nach meinem vor fast zehn Jahren abgeschlossenen dualen Studium nun beim dritten Arbeitgeber. Hier fühle ich mich – gemessen an den Arbeitsbedingungen – recht wohl (zuvor war ich in deutlich kleineren Betrieben).
Bisher hatte ich entweder reine Sachbearbeiter-Tätigkeiten, die mich nach jeweils mehr als zwei Jahren mehr oder weniger gelangweilt und mich nicht vollständig gefordert haben oder dann Stellen mit Personalverantwortung (stv. Abteilungsleiter mit acht Mitarbeitern und Lagerleiter mit drei Mitarbeitern).
Dies hat mir gezeigt, dass mir Personalverantwortung nicht liegt, eine reine Sachbearbeiter-Stelle aber zu wenig ist.
Wie kann ich mich hier aufstellen bzw. was für verantwortungsvolle Stellen ohne Personalverantwortung gibt es im Bereich Supply Chain? Dabei sprechen mich besonders Auswertungen, Analysen und Prozesse an.
Antwort:
Sie lassen nicht viel Spielraum für die Gestaltung Ihrer beruflichen Zukunft: Die beiden von Ihnen nicht mehr gewollten Positionen „Sachbearbeiter im ausführenden Bereich“ und „Führungskraft“ liegen eng beieinander. Da bleibt kein sehr breites Spektrum dazwischen für Sie.
Jeder von uns hat innerhalb seiner Tätigkeit einzelne Bausteine, die ihm weniger liegen. Auch mich macht nicht jeder Aspekt meines Tuns restlos glücklich, aber das gehört für die meisten Menschen zum Berufsleben nun einmal dazu.
Mein erster Rat an Sie lautet daher: Ziehen Sie die Grenzen nach oben und nach unten nicht zu eng, sonst haben Sie ständig Grund zur Unzufriedenheit. Der Angestellte ist abhängig beschäftigt, das ist schon von der Definition her kein Zuckerschlecken – und es ist zwangsläufig mit Anpassungsbereitschaft und der Forderung nach einer gewissen Frustrationstoleranz verbunden!
Führung, die Sie für sich in Zukunft ablehnen, ist nicht nur eine Frage des Wollens und der Begabung, sie ist auch eine nie endende Herausforderung, erfordert Einsatzbereitschaft und immer wieder neue Anstrengungen. Wer bei diesen Anforderungen zu früh aufgibt, könnte (!) auf Dauer auch in anspruchsvollen nichtführenden Positionen an Grenzen stoßen.
Ich will nur verhindern, dass Sie vielleicht zu schnell etwas aufgeben, was ja durchaus auch seine Vorteile hat. Führungspositionen sind mit deutlich höherem Gehalt verbunden, und sie erhöhen ebenso deutlich im fortgeschrittenen Alter die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Stellen, wie Sie sie jetzt anstreben, gibt es. Sie sind vorzugsweise in größeren Unternehmen zu finden. Bei der Ausschreibung solcher Positionen wird schon in der Stellenanzeige, oft schon in der Positionsbezeichnung, deutlich, dass es um Stabsfunktionen, um einen Schwerpunkt im konzeptionellen Bereich, um Prozessoptimierung etc. geht. Da Internet-Stellenmärkte frei zugänglich sind, haben Sie hier viele Möglichkeiten zur Recherche.
Es gibt sogar noch zwei nahezu ideal aussehende, sehr spezielle Lösungen für ein Problem wie Sie es aufwerfen:
- a) Manche sehr große Unternehmen haben eine eigene Fachlaufbahn für einige Bereiche. Dort könnten Sie eines Tages „wie ein Abteilungsleiter“ eingeordnet und bezahlt werden, ohne eine Abteilung führen zu müssen (oder zu dürfen).
- b) Viele Beratungsunternehmen bieten anspruchsvolle Fachaufgaben an, die in den ersten Beschäftigungsjahren dort noch nicht mit Führung verbunden sind.
Aber: Alle diese speziellen Positionen in der von Ihnen angestrebten Richtung haben auch spezielle Anforderungen. Pauschal sieht das etwa so aus:
- eine ausgezeichnete Qualifikation im fachlichen Bereich (u.a. sehr gutes Examen),
- die nachweisbare Fähigkeit, in Konzeptionen zu denken und zu handeln,
- als Beweis für diese Fähigkeiten sollte eine vorhandene Berufspraxis unbedingt in die in der Anzeige deutlich gemachte konzeptionelle Richtung zielen.
Der ideale Bewerber war in namhaften größeren Unternehmen tätig, die dem suchenden Arbeitgeber „imponieren“. Und: Dieser brillante Kopf von Bewerber hat nicht zehn Jahre gebraucht, um erst einmal herauszufinden, was er alles nicht will. Auch war er eher nicht Lagerleiter mit drei Mitarbeitern.
Ich habe von Ihnen nur die hier abgedruckten Informationen, kenne z. B. Lebenslauf und Zeugnisse nicht. Daher kann ich nur pauschal sagen: ganz leicht wird das nicht.
Frage-Nr.: 3.050
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 51
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2019-12-20
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