Heiko Mell 17.03.2022, 05:27 Uhr

Mit Bachelorabschluss aus Ägypten, keinen Job in Deutschland – woran liegt’s?

Wenn die weichen Angaben fehlen, reichen die „harten“ Fakten oft nicht aus.

Heiko Mell

Karriereberater Heiko Mell.

3.179. Frage:

Ich frage mit dieser E-Mail um eine Beratung nach. Ich komme aus Ägypten, bin 28 Jahre alt und seit drei Jahren in Deutschland. In Ägypten habe ich ca. elf Semester bis zum Bachelor Bauingenieurwesen studiert (General grade: good) und danach in Kairo 1,5 Jahre als Bauleiter im Schlüsselfertigbau gearbeitet. Seit 2,5 Jahren studiere ich an einer deutschen Universität Bauingenieurwesen mit dem Ziel Master.

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Seitdem versuche ich, einen Job als Bauingenieur oder eine Stelle als Werkstudent zu finden, war aber bisher leider erfolglos. Ich lege meine Unterlagen bei und wünsche mir, Sie hätten Zeit, um einen Blick darauf zu werfen.

Antwort:

Die „harten Fakten“, die sich aus den Unterlagen ergeben, sind weitgehend klar. Schön, das Bachelor-Studium hat für unsere Maßstäbe extrem lange gedauert, ist aber hier immerhin anerkannt worden. Die kurze Berufspraxis ist nicht belegt, aber wir wissen nicht, ob Zeugnisse in Ägypten üblich sind – und falls ja, was da drinstehen müsste. Es war sicher richtig, dass Sie hier in Deutschland ein weiterführendes Studium angefangen haben – Ihre heimatliche Ausbildung allein kann sicher nur jemand beurteilen, der zufällig eingehende Landeskenntnisse hat. Kenntnisse des beruflichen Systems in Ägypten dürfen Sie hier nicht erwarten.

In Deutschland neigt man dazu, im Zweifel gegen den Bewerber zu entscheiden

Also sind Sie aus der Sicht des deutschen Arbeitsmarktes ein von einem fremden Kulturkreis geprägter junger Mann, der noch Student ist und bisher keinen Kontakt mit dem deutschen Arbeitsleben hatte. Es kann sein, dass Sie sich hervorragend in die deutsche Arbeitswelt einfügen, es kann aber auch nicht sein. In Deutschland neigt man dazu, „im Zweifel gegen den Bewerber“ zu entscheiden.

Und: Der Kandidat muss beweisen oder doch zumindest Indizien dafür liefern, dass er geeignet ist. Das jeweils mit der Bewerbung angeschriebene Unternehmen muss hingegen nicht beweisen, dass Sie nicht geeignet sind.

Den von Ihnen zu erbringenden „Beweis“, geeignet zu sein, können Sie derzeit nicht erbringen. Das ergibt sich einfach aus Ihrer Gesamtsituation. Ginge ich trotz meiner enormen Erfahrungsbasis jetzt nach Ägypten oder nach Brasilien, stünde ich dort vor einem ähnlichen Problem.

Keine Anstellung während des Studiums

Was auch noch zur Wertung der harten Fakten zählt: Solange Sie noch studieren, wird man Ihnen keine Anstellung als Bachelor geben. Einmal wäre das eine Frage des Interessen- bzw. Zeitkonflikts zwischen Job und Studium; dann stellt Sie jetzt niemand auf einer Bachelor-Stelle ein, wo Sie doch dabei sind, Master zu werden (dann würde Ihnen die Bachelor-Stelle vermutlich nicht mehr reichen; Sie wären entweder unzufrieden oder würden kündigen).

Ich gehe also davon aus, dass sich Ihre Situation auf Basis der harten Fakten deutlich verbessern würde, wenn Sie den Master-Abschluss in der Tasche hätten (möglichst mit einer guten Note).

Lücken im Lebenslauf

Ich sehe aber gerade auch im Bereich der „weichen Angaben“ diverse gravierende Lücken, die bei Bewerbungsempfängern viele Fragen aufwerfen, statt Antworten zu liefern. Ich bin kein Spezialist für die Beschäftigung von Nicht-EU-Ausländern, sehe aber folgende Informationslücken in Ihren Unterlagen:

  • Welche Staatsangehörigkeit haben Sie, welches Langfristziel beruflicher Art verfolgen Sie (z. B. „dauerhafter Aufenthalt in Deutschland mit Aufbau einer beruflichen Existenz und deutscher Staatsangehörigkeit wird angestrebt“); man erfährt aus dem Lebenslauf nicht, in welchem Land Ihr Bachelor-Studium stattgefunden hat (vermutlich Ägypten) und – vor allem – zu welchem Datum mit dem Abschluss des deutschen Master-Studiums zu rechnen ist.
  • Benötigen Sie eine Arbeitserlaubnis und haben Sie diese?

Was Sie aus meiner Sicht besonders dringend brauchen, ist eine Bewährung auf dem deutschen – für Sie fremden und ungewohnten – Arbeitsmarkt. Noch sind Sie Student, da ist in dieser Hinsicht nahezu „alles erlaubt“, es gibt keine Vorbehalte, ob ein bestimmter Job, den Sie neben dem Studium ausüben, Ihnen etwa zumutbar oder Ihrer Qualifikation angemessen wäre. Überlegen Sie einmal, hier jetzt einfach „auf dem Bau“ zu arbeiten, egal in welcher Funktion. Selbst branchenfremde Tätigkeiten wären ggf. geeignet, Ihnen nach Masterabschluss den Einstieg in den – für Ausländer schwierigen – deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Niemand hat hier etwas gegen Ihre Herkunft, da bin ich ganz sicher. Aber der durchschnittliche Entscheider in Personalfragen (also bei Bewerbungen) weiß weder etwas über die Qualität des Bachelor-Studiums in Ägypten, noch etwas über die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Mann mit Ihrer Herkunft hier problemlos oder besser in das Arbeitsleben einfügt.

Sie haben einen großen Vorteil: Sie haben gefragt, haben die Initiative ergriffen, haben sich um eine Lösung gekümmert. Bleiben Sie auf dieser Linie. Und wenn Sie mit meinem Rat nicht ans Ziel kommen, versuchen Sie es weiter, suchen Sie sich neue Ansprechpartner. Für Fälle wie den Ihren gibt es keine Standardlösung, bleiben Sie dran! Aller Anfang ist schwer, sagt man hier – und hat unbedingt recht damit. Ich wünsche Ihnen Glück und Erfolg!

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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