Heiko Mell 10.05.2019, 10:20 Uhr

Ist ein Branchenwechsel ein Karrierekiller?

Seit einigen Jahren arbeite ich als technischer Projektleiter bei einem größeren international engagierten mittelständischen Automobilzulieferer. Im Rahmen einer Umstrukturierung wurde einem erheblichen Teil der Belegschaft betriebsbedingt gekündigt. Da ich relativ lange unsicher war, ob ich auch betroffen sein würde, habe ich nach neuen Herausforderungen gesucht. Bereits vorher hatte ich geplant, nach zwei Jahren nach einem neuen Job zu suchen, um mich zum einen als Projektleiter weiterzuentwickeln und zum anderen meine Familie näher an eine Autobahn zu bringen.

Antwort 1:

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Da denkt man immer, man habe schon alles gesehen, gelesen, gehört – und dann das mit der Familie, die unbedingt näher an eine Autobahn heran will. Sie haben sicher gute Gründe dafür, aber ich erlaube mir doch den Hinweis, dass sich Ihre Formulierung irgendwie gewöhnungsbedürftig anhört. Da gibt es zahlreiche Menschen, die sehr viel dafür geben würden, könnten sie viele Kilometer zwischen sich und die allzu nahe Schnellstraße legen. Auch nützt eine Autobahn vor der Haustür wenig, wenn man keine passende Auf- und Abfahrt (es gibt z. B. vor meiner Haustür eine unpassende, weil nur für eine Fahrtrichtung vorgesehene) zur Verfügung hat.

Empfehlen kann ich bei dieser Interessenlage Köln und Umgebung. Hier wären Sie von Autobahnen geradezu umringt.

Frage 2:

Fast ausschließlich habe ich mich auf Stellen als Projektleiter/-manager in meiner Branche beworben, wobei auch die fachlichen Details recht gut passten. Dabei habe ich darauf geachtet, dass die Unternehmensgröße mindestens meiner jetzigen entsprach, bevorzugt jedoch größer. Direkt bei OEMs habe ich mich nicht beworben, da ich hier meine Chancen als zu gering einschätze.

Antwort 2:

Kern der ganzen Thematik ist die von mir immer wieder herausgestellte Haltung der Bewerbungsempfänger: Sie bevorzugen Kandidaten, die möglichst das, was dort getan werden soll, in den letzten Jahren weitgehend deckungsgleich getan haben bzw. heute noch tun. Das umfasst die Branche, den Unternehmenstyp, die Tätigkeit bis hin zur Positionsbezeichnung. Der Kandidat darf sich beim Wechsel verbessern, Fortschritte beim Gehalt, beim Verantwortungsumfang und – bei Vorliegen aller Voraussetzungen – bei der hierarchischen Einordnung sind „erlaubt“ (werden zugestanden).

Eine Aussage von Ihnen geht in die falsche Richtung: Unproblematisch ist stets der Wechsel in ein Unternehmen vergleichbarer Größe („der Kandidat kennt Strukturen wie unsere“). Der Bewerbung förderlich ist ein Wechsel zum neuen Unternehmen der nächst kleineren (!) Größenordnung (die größere Firma, von der Sie dann kommen, „imponiert“ dem kleineren Bewerbungsempfänger). Besonders gut passt diese Standardstrategie des Wechsels zum nächstkleineren Haus, wenn man bei der Gelegenheit aufsteigen will.

Der Wechsel in ein größeres Unternehmen ist demgegenüber schwieriger! Gelingt er, ist schon der neue Arbeitgeber an sich Fortschritt genug für den Bewerber. Ein Mehr an Verantwortung oder gar ein hierarchischer Aufstieg sind dabei fast unmöglich.

Hintergrund ist eine nicht einmal böse gemeinte „Arroganz der Größe“. Das Unternehmen mit 10 000 Mitarbeitern arbeitet mit Strukturen und nach Prozessen, die der von 300 Mitarbeitern geprägte Bewerber gar nicht kennt, so das gängige (Vor-)Urteil: „Wer von einem größeren Haus kommt, bringt uns Know-how und Imagegewinn, wer von unten her zu uns stößt, wird vielleicht ein brauchbarer Mitarbeiter – wenn wir ihn mit viel Einarbeitungsmühe auf unseren Arbeitsstandard gehoben haben.“

Frage 3:

Mit einer Bewerbung habe ich der Mell’schen Prioritätenliste getrotzt und mich auf eine privat günstige Stelle (räumliche Lage) als Projektmanager in einer fremden Branche beworben. Der Konzern macht auf mich einen innovativen und nachhaltigen Eindruck, sodass ich mir eine Anstellung dort gut vorstellen kann.

Dem steht in dem schon weit fortgeschrittenen Bewerbungsprozess eine Anstellung als Projektmanager in der Automobilbranche gegenüber. Ebenfalls ein innovatives Unternehmen, bei dem ich mir eine Anstellung gut vorstellen kann.

Ich tendiere zur Anstellung in der fremden Branche, insbesondere aufgrund der passenden regionalen Lage und der Tatsache, dass es sich um einen Konzern handelt.

In den nächsten fünf Jahren strebe ich eine Stelle als Abteilungsleiter an und möchte zu gegebener Zeit wieder zurück in die Automobilindustrie. Denken Sie, ein Branchenwechsel schadet meiner beruflichen Entwicklung langfristig? Oder sehen Entscheider Branchenwechsel auch als Chance?

Antwort 3:

Klarstellung 1: Die Mell’sche Prioritätenliste sagt, Sie müssen sich entscheiden und dürfen auf jede Rangstufe dieser Liste von eins bis zehn jeweils nur einen (!) Begriff schreiben (z. B. „Ich will Abteilungsleiter werden“ oder „privat geht vor“ – aber nicht beides zusammen). Mell sagt hingegen nicht (!), welche Prioritäten Sie setzen sollen. Er sagt nur an anderer Stelle: Keine berufliche Veränderung aus privaten Gründen, so etwas rächt sich fast immer. Meist sind die dadurch neu entstehenden Probleme im beruflichen Bereich größer als diejenigen, die Sie vorher im privaten Umfeld hatten.

Klarstellung 2: Ihre Wechselchancen scheinen meinen obigen Ausführungen (Wechsel vom kleineren Mittelständler zum großen Unternehmen ist schwierig) zu widersprechen. Das liegt u. a. an der jetzt langsam auslaufenden Hochkonjunktur auf dem Arbeitsmarkt – wenn Personal schwer zu finden ist, werfen Unternehmen durchaus vorübergehend Prinzipien über Bord. Und: Ihr (mir gegenüber benannter) Konzern ist eine Branche für sich allein. Er findet so gut wie nie Bewerber aus seinem Metier, es gibt nichts anderes in dieser Art „da draußen“. Und: Auch Sie werden bei einem späteren Wechsel kaum ein neues Unternehmen dieser Branche finden!

Wer aufsteigen will (Abteilungsleiter), muss entsprechend zielorientiert denken. Arbeitgeberwechsel aus persönlichen Gründen sind dabei ebenso kritisch wie Branchenwechsel – die Sie später auch noch wieder rückgängig machen wollen.

Gerade die Automobilbranche gilt als relativ eng denkend: Sie neigt besonders zu der Anforderung: „sollte aus unserer Branche kommen.“ Und noch etwas: Der Automotive-Bereich rechnet sich unbedingt zur industriellen Elite. Und ich versichere Ihnen: ausgerechnet Ihren branchenfremden Konzern zählt er insgeheim nicht dazu. Und er ist sicher, dafür gute Gründe zu haben

Also: Wenn Sie Ihrem Ziel „demnächst Abteilungsleiter in der Automobilindustrie“ Priorität einräumen, dann nehmen Sie vorrangig den Projektmanager in dieser vertrauten Branche.

 

Frage-Nr.: 3.007
Nummer der VDI nachrichten Ausgabe: 19
Datum der VDI nachrichten Ausgabe: 2019-05-10

 

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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