Heiko Mell 22.03.2025, 16:00 Uhr

Ist Ihr Job gefährdet? Es gibt Warnsignale!

Heiko Mell warnt vor den Gefahren, die den Arbeitsplatz bedrohen, und betont, wie wichtig es ist, frühzeitig auf Warnsignale zu reagieren, um nicht unvorbereitet in eine berufliche Krise zu geraten.

Job gefährdet

Warnsignale rechtzeitig erkennen und aktiv handeln: So schützen Sie Ihren Job vor unerwarteten Krisen.

Foto: PantherMedia / Audtakorn Sutarmjam

Ich muss hier direkt mit Einschränkungen anfangen: Nicht jede Katastrophe hätte man als Angestellter rechtzeitig erkennen können – und nicht nach jeder Warnung ist auch etwas passiert. Aber viele Signale sind so offensichtlich, dass Sie sie keinesfalls ignorieren dürfen. Die angemessene Reaktion darauf ist dabei nicht der unüberlegte Entschluss zum Wechsel, sondern Sie sollen erst einmal misstrauisch werden, nach weiteren Informationen streben, sich auf Eventualitäten vorbereiten. Schließlich geht es um die Sicherung Ihrer Existenz.

Und es geht um taktische Vorteile: Wenn Sie rechtzeitig gehen, sind Sie – mit einer noch ungekündigten Anstellung im Rücken – „Herr“ der Situation, können weitgehend souverän entscheiden, handeln und eben ohne akuten Druck auf dem Arbeitsmarkt suchen. Wenn Sie sich jedoch überraschen lassen und dann in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erst einmal arbeitslos werden, sind Ihre Chancen, eine wirklich passende und befriedigende Position zu finden, ungleich schlechter.

Heiko Mell

Karriereberater Heiko Mell.

Gefahr für den Job: Welche Signale gibt es?

  1. Bedenkliche Konstellationen bzw. Entwicklungen im Unternehmen: 
- Im inhabergeführten mittelständischen Unternehmen wird die Gesellschafter-Nachfolge zwar akut, sie ist aber gar nicht oder aus Ihrer Sicht unbefriedigend geregelt.
    Oft ist der Inhaber in einem Alter, das zur Besorgnis Anlass gibt, er blockiert aber eine befriedigende Nachfolge-Regelung. Im Ernstfall können die Erben schlicht verkaufen – mit völlig ungewissem Ausgang für die weitere Entwicklung des Unternehmens. Oder ein Familienmitglied der Gesellschafter ist als Nachfolger benannt, dem Sie zutiefst misstrauen oder mit dem Sie bereits massiv aneinandergeraten sind.
    – Sie sind in einer Konzerngesellschaft / Tochter tätig, die extrem klein ist im Verhältnis zur Gruppe, die nicht wächst oder gar Verluste erwirtschaftet oder deren Produktprogramm nicht (mehr) zur Kernkompetenz des Konzerns passt oder deren technische Ausrichtung von Veränderungen an den Märkten abgehängt zu werden droht oder in der es Verkaufsgerüchte gibt.
    – Sie arbeiten in einem Unternehmen oder in einer Unternehmensgruppe, die unter dem „Verdacht“ steht, von einem anderen Unternehmen oder einem Finanzinvestor übernommen zu werden.
    – Ihr Arbeitgeber ist in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten, ggf. droht sogar die Insolvenz.
    – Sie sind in einer erfolgreichen Konzerntochter tätig, aber die Muttergesellschaft erwirtschaftet massive Verluste.
  2. Bedenkliche Konstellationen bzw. Entwicklungen, die direkt Ihre Person betreffen: 
- Ihre Leistungen und/oder Ihr Verhalten werden unterdurchschnittlich bewertet, Sie erfahren immer wieder Kritik durch Ihren Chef. 
- Ihr Verhältnis zu Ihrem Chef ist über eine längere Zeit hinweg stark angespannt, eine Besserung ist nicht in Sicht.
    – Sie sind in einer Position oder Hierarchieebene tätig, die zur Disposition steht (es gibt ernsthafte Gerüchte, die auf eine Abschaffung hinauslaufen).
    – Sie sind weiterhin ehrgeizig und an einem Aufstieg interessiert, arbeiten nun aber schon deutlich mehr als fünf Jahre in derselben Funktion, ein Fortschritt in Ihrer persönlichen Entwicklung ist nicht absehbar.
    – Sie haben sich intern mehrfach um interessante weiterführende Positionen beworben, sind aber stets abgelehnt worden.
  3. Empfohlene Reaktionen auf entsprechende Warnsignale:
    – Allgemeine Empfehlung: 
Verfolgen Sie aufmerksam die weitere Entwicklung, bemühen Sie sich um Informationen sowohl über interne Konstellationen als auch über Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt (Stellenanzeigen). Bereiten Sie Ihre Bewerbungsunterlagen vor, kümmern Sie sich ggf. um ein Zwischenzeugnis.
    – Einbeziehung Ihrer speziellen Situation 
Je ranghöher Sie in der Hierarchie stehen und je älter Sie sind, desto sensibler sollten Sie auf die Warnsignale reagieren. Insbesondere Zeit, um die weitere Entwicklung in Ruhe abwarten zu können, ist außerordentlich kostbar, wenn Sie die 50 bereits deutlich überschritten haben.
    Je mehr „Leichen im Keller“ Ihr Werdegang bis heute ausweist (zu häufige Wechsel von Arbeitgebern und/oder Fachgebieten, schlechte Zeugnisse, längere Zeiten der Arbeitslosigkeit etc.), desto intensiver sollten Sie bemüht sein, eine weitere „Katastrophe“ wie etwa eine arbeitgeberseitige Entlassung (ggf. mit anschließender Arbeitslosigkeit) zu vermeiden, die in Ihrem Lebenslauf erkennbar sein würde.
  4. Pauschale Vorsorge für Situationen dieser Art:
    Warnsignale wie oben geschildert können jederzeit und in jedem Beschäftigungsverhältnis auftreten. Wer bis dahin einen Lebenslauf aufgebaut hat, der weitgehend den hier immer wieder angesprochenen Regeln entspricht, hat ein entsprechendes Polster für Notfälle aller Art. Das bedeutet ggf. auch, mancher noch so lockenden Versuchung nicht nachzugeben oder sich rechtzeitig zu Aktivitäten aufzuraffen, auch wenn „gerade alles so harmonisch läuft“. Wenn dabei dann aber zwölf Jahre ohne Aufstieg im selben Job herauskommen – so ist das zwar erlaubt, kostet Sie aber Glaubwürdigkeit, wenn Sie später doch noch anspruchsvollen Karrierezielen hinterherhecheln.

Die anderen kochen auch nur mit Wasser

Denken Sie auch daran: Im Ernstfall, in dem Sie also eines Tages von der Entwicklung überrollt und zum Wechsel gezwungen sein würden, prüfen nicht etwa sozial engagierte, freundliche und tolerante Bewerbungsempfänger sehr, sehr sorgfältig und mit großer Offenheit für „Erklärungen“ (sprich Ausreden) aller Art in großer Ruhe Ihre Unterlagen und zeigen dabei auch noch viel Verständnis für Menschen in Schwierigkeiten. Sondern eine gestresste, unter Zeit- und anderem Druck stehende Führungskraft, die in ihrem Verantwortungsbereich eine personelle Lücke so schließen muss, dass sie damit ihre Vorgaben möglichst gut erfüllen kann, bekommt von HR zehn Bewerbungen vorgelegt, von denen sie fünf zur Vorstellung bittet und eine zur Einstellung auswählt. Und: Für die wichtige Erstauswahl aus dem vorliegenden Bewerberfeld hat der zuständige Mitarbeiter i. d. R. maximal eine Minute Zeit pro Zuschrift! Für welche davon mit welchen Details im Lebenslauf entscheidet er sich wohl?
Wenn Sie eine Antwort gefunden haben, versuchen Sie mit Ihrem Lebenslauf diesem denkbaren Ideal möglichst nahe zu kommen.
Bevor Sie dabei verzweifeln, bleibt Ihnen ein kleiner Trost: Die anderen (die Mitbewerber) kochen auch nur mit Wasser. Aber verlassen sollten Sie sich darauf lieber nicht – es könnte „heißer“ sein als Ihres.

Ein Beitrag von:

  • Heiko Mell

    Heiko Mell ist Karriereberater, Buchautor und freier Mitarbeiter der VDI nachrichten. Er verantwortet die Serie Karriereberatung innerhalb der VDI nachrichten.  Hier auf ingenieur.de haben wir ihm eine eigene Kategorie gewidmet.

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