Nach dem Studium erst ins Ausland?
Frage:
Ich bin Maschinenbaustudent kurz vor dem Masterabschluss. Nach früher Einschulung und Abitur nach zwölf Jahren werde ich bei Studienabschluss 22 Jahre alt sein. Während des Studiums konnte ich erste Praxiserfahrungen in Form von Praktika und Werkstudententätigkeiten sammeln, aber alles im Inland. In vielen Stellenausschreibungen wird jedoch ein „Auslandsaufenthalt im Rahmen des Studiums für mindestens drei Monate“ zumindest als „wünschenswert“ bezeichnet und für Trainee‧programme ist er erst recht Einstellungsvoraussetzung (und ich kenne sogar große Unternehmen, in denen der Aufstieg in Führungsebenen ab Abteilungsleiter aufwärts nur möglich ist, wenn etwa zwei Jahre Auslandspraxis vorliegen; H. Mell).
1. Nach dem Prinzip „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ überlege ich, für eine befristete Zeit ins Ausland zu gehen.
2. Ich suche nach dem richtigen Weg. Das Studium künstlich zu verlängern, nur um noch als Student ein „Partysemester abroad“ zu machen, halte ich für verkehrt. Ist man aber bereits exmatrikuliert, stellen die meisten Firmen solche Bewerber auch nicht mehr als Praktikanten ein. Auch möchte ich als fertig ausgebildeter Akademiker nicht mehr für einen Mindestlohn ein Praktikum absolvieren.
3. Eine weitere Möglichkeit ist es, sich direkt im Ausland um einen Einstieg zu bewerben. Nun soll man seine erste Stelle, wie Sie schreiben, für mindestens zwei Jahre innehaben. Aber dann müsste ich mich dort um eine unbefristete Stelle bewerben, wobei ich selbst eine Befristung im Kopf hätte, das gleicht doch einer „inneren Kündigung“ vom ersten Tag an.
4. Oder sollte ich zunächst hier den Einstieg in ein global aufgestelltes Unternehmen wagen und dann, wenn ich dort fest im Sattel sitze, Ausschau nach Möglichkeiten für Auslandsprojekte halten?
Antwort:
Ich arbeite Ihre Varianten einmal von hinten her ab:
Zu 4.: Das ist den Unternehmen oft die liebste Lösung: Der junge Anfänger kommt, stellt keine zusätzlichen Bedingungen (die man ohnehin nicht erfüllen würde) und geht gern sowie vor allem dann ins Ausland, wenn der Arbeitgeber dafür einen Bedarf hat. Also eventuell auch nie oder kurz nach dem Hausbau oder der Einschulung der Kinder. Dieser Weg ist ungewiss und führt nur selten zu einer für Sie idealen Lösung.
Zu 3.: Das kann in Ihrem Falle eine Lösung sein. Aber Ihre Bedenken hinsichtlich „unmoralischen Verhaltens, innerer Kündigung“ etc. sollten und können Sie vergessen. Eine gewisse Schlitzohrigkeit ist im kapitalistischen System erforderlich, wird von der jeweils „anderen Seite“ ohnehin unterstellt – und auch selbst praktiziert. Solange Sie sich im Rahmen Ihrer jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen bewegen, ist alles in Ordnung. Nachteil: Am Schluss Ihrer Zeit dort müssen Sie sich über Ländergrenzen hinweg in Deutschland bewerben, was nicht immer einfach ist.
Empfehlung: Bei etwa zwei Auslandsjahren direkt nach dem Studium dominiert „Ich sammle Auslandspraxis“ vor „Wie genau passt meine Tätigkeit dort zu meinen späteren beruflichen Zielen?“. Lassen Sie sich vorher über eventuelle Konsequenzen in Sachen Rentenanwartschaft und Krankenversicherung beraten.
Zu 2.: Künstliche Studienverlängerung ist sicher nicht ratsam.
Zu 1.: Sie haben altersbedingt wirklich noch Spielraum. Ich war beim Berufseintritt 21 und bin heute noch den damaligen Chefs und vor allem den Kollegen dankbar, die mich nachsichtig ertragen haben.
Fazit: Wählen Sie zwischen 3 und 4.
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