Hochqualifizierte: Wie stark ist die Bedrohung durch automatisierte Arbeit?
Die Automatisierung von Expertentätigkeiten wirft Fragen über die potenzielle Ersetzbarkeit hochqualifizierter Arbeitskräfte durch Computer auf.
In der Realität verschwinden Berufe nur selten komplett, doch sie unterliegen einem Wandel: Während einige Aufgaben automatisiert werden, bleiben andere weiterhin in menschlicher Hand, obwohl sie potenziell automatisiert werden könnten. Darüber hinaus entstehen neue Tätigkeiten, vor allem um die Nutzung neuer Technologien zu ermöglichen.
Der Anteil der Aufgaben, die in Expertenberufen potenziell von Computern übernommen werden könnten, ist zwischen 2019 und 2022 um 10 Prozentpunkte stark gestiegen und beträgt nun fast 36 Prozent. Dies geht aus einer neuen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Expertenberufe sind typischerweise von hochqualifizierten Personen ausgeübte Berufe. Dennoch bleibt der Anteil automatisierbarer Tätigkeiten in Helfer- und Fachkraftberufen auch im Jahr 2022 weiterhin am höchsten.
Potenzial für Automatisierung
In den Expertenberufen kann mittlerweile etwa die Hälfte der anfallenden Aufgaben automatisiert werden. Das Potenzial für Automatisierung in diesen Berufen, in denen Mitarbeiter in der Regel über einen Meister-, Techniker- oder Bachelorabschluss verfügen, ist seit 2019 um 5 Prozent gestiegen. „Insgesamt lässt sich feststellen: Je höher das Anforderungsniveau, desto stärker nehmen Substituierbarkeitspotenziale zu“, fasst Britta Matthes, Leiterin der Forschungsgruppe „Berufe in der Transformation“ am IAB, die Ergebnisse zusammen. „Aber gerade in Berufen, für deren Ausübung typischerweise ein weiterführender oder Hochschulabschluss vorausgesetzt wird, ist der Anteil der substituierbaren Tätigkeiten noch immer geringer als bei anderen Anforderungsniveaus.“
In Fachkraftberufen hat sich der Anteil der automatisierbaren Tätigkeiten seit 2019 um 3,5 Prozentpunkte erhöht. Mit durchschnittlich 62 Prozent liegt das Potenzial für Substituierbarkeit hier nun auf dem höchsten Stand. In den Helferberufen ist das Potenzial mit rund 57 Prozent im Jahr 2022 etwa gleich geblieben. Das Potenzial für Substituierung gibt Aufschluss darüber, in welchem Umfang berufliche Tätigkeiten vollständig durch Computer oder computergesteuerte Maschinen automatisiert werden könnten.
Veränderungen in den Tätigkeitsprofilen
Die Möglichkeiten, dass berufliche Aufgaben vollständig von Computern oder computergesteuerten Maschinen übernommen werden können, variieren mit dem Auftreten neuer Technologien auf dem Markt. Bei der Neuberechnung der Potenziale für Substituierung werden nicht nur diese Entwicklungen berücksichtigt, sondern auch Veränderungen in den Tätigkeitsprofilen innerhalb der Berufe, das Entstehen neuer Berufe und Aufgaben sowie die Möglichkeit, dass Beschäftigte ihren Beruf wechseln.
Vor allem der aktuelle Einsatz generativer KI hat dazu geführt, dass zwischen 2019 und 2022 eine Vielzahl von Aufgaben substituierbar wurde, die zuvor als nicht automatisierbar galten. Bereits im letzten IAB-Kurzbericht wurde festgestellt, dass auch komplexere Tätigkeiten zunehmend automatisiert werden könnten.
„Dennoch können durch den Einsatz von KI-Programmier-Generatoren in keinem Beruf alle typischen Tätigkeiten vollumfänglich automatisch erledigt werden. Wichtiger wird in diesen Berufen jedoch, präzise zu formulieren, was genau erreicht werden soll. Denn der Schlüssel zu guten Ergebnissen sind die Textbefehle, die der KI erteilt werden“, so IAB-Forscherin Katharina Grienberger.
Insgesamt wurde berichtet, dass der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Berufen, in denen mindestens 70 Prozent der Tätigkeiten potenziell substituierbar sind, deutschlandweit durchschnittlich von 34 Prozent im Jahr 2019 auf 38 Prozent im Jahr 2022 gestiegen sei. Wiebke Paulus, Mitautorin der Studie, erklärte, dass die Möglichkeiten der Automatisierung und deren potenzielle Umsetzung von verschiedenen Faktoren abhingen. Sie fügte hinzu, dass Tätigkeiten eher nicht substituiert würden, wenn menschliche Arbeit wirtschaftlicher, flexibler oder von besserer Qualität sei. Weiterhin könnten rechtliche oder ethische Hindernisse die Nutzung beschränken, und neue Technologien könnten ebenfalls Arbeitsplätze schaffen, so Paulus.
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