Universität und Karriere 06.07.2012, 00:00 Uhr

Ingenieurswissenschaften als Karriereweg

Nach einem Studium der Ingenieurswissenschaften an der Universität zu arbeiten: Dabei wird meist an eine Promotion in einem möglichst „zukunftsfähigen“ Forschungsgebiet gedacht. Hier werden – und das insbesondere im Rahmen der fünfjährigen Assistenzpromotion, die für Deutschlands Ingenieure nach wie vor kennzeichnend ist – nicht nur fachliche Qualifikationen erworben, sondern auch umfassend überfachliche, die für die weitere Karriere entscheidend sind. Ziel einer Promotion in den Ingenieurwissenschaften ist mehrheitlich, sich durch diese Weiterqualifizierung möglichst optimal für Führungspositionen in Industrie und Wirtschaft zu positionieren.

Ingenieurswissenschaften als Karriere-Option.

Ingenieurswissenschaften als Karriere-Option.

Foto: panthermedia.net/AndreyPopov

Mit der Promotion endet für die meisten Ingenieure die Karriere an der Universität. Angesichts der großen Zahl von Ingenieuren, die die Universitäten ausbilden, und dem hohen Bedarf der Industrie, wird eine Karriere an der Universität auch immer eher die Ausnahme bleiben. Dabei bleibt jedoch etwas im Schatten, dass Universitäten ein hoch attraktives Arbeitsumfeld in den Ingenieurswissenschaften bieten – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Professorenlaufbahn.

Anders als in den meisten Disziplinen führt der Weg zur Professur in den Ingenieurwissenschaften mehrheitlich über eine Karriere in Industrie und Wirtschaft, nur ein kleinerer Teil wählt den Weg über die Habilitation oder habilitationsäquivalente Strukturen wie die Juniorprofessur. Wer sich um eine Professur bewirbt, kennt deshalb in der Regel die Verdienstmöglichkeiten der freien Wirtschaft.

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Professur in den Ingenieurswissenschaften

Die Gehälter an der Universität, in der Regel eine Beamtenbesoldung, sind kein Geheimnis (z. B. oeffentlicher-dienst.info). Die heute gültige W-Besoldung enthält anders als die frühere C-Besoldung keine automatischen Alterssteigerungen. Auch ist die Erstberufung heute in vielen Bundesländern befristet. Für die Junior-Professur (W1) in Ingenieurswissenschaften ist damit bereits alles gesagt, bei der Vollprofessur (W2, W3) kommt es auf das Verhandlungsgeschick des Einzelnen an, denn hier können erhebliche Leistungszulagen ausgehandelt werden.

Sogenannte „Bleibeverhandlungen“ (bei Vorliegen eines externen Rufes) sind ebenfalls möglich und bieten weiteren Spielraum für Einkommenssteigerungen. Die Bezüge erreichen dadurch zwar sicher nie die Höhen eines Vorstandsvorsitzenden eines DAX-Unternehmens, das sei hier klar formuliert, dennoch können für die Ingenieurswissenschaften durchaus attraktive Gehälter verhandelt werden, und hinzu kommen die bekannten finanziellen Vorteile der Verbeamtung.

Wer sich für eine Professorenkarriere und für die Universität entscheidet, bringt zum einen das Interesse mit, die nächsten Generationen in Ingenieurswissenschaften auszubilden. Darüber hinaus sind die Gestaltungsmöglichkeiten, eigene Forschungsgebiete zu entwickeln, außerordentlich attraktiv und vielfältig. Die damit verbundene Verantwortung ist gleichermaßen groß, zumal die Finanzierung eines ingenieurwissenschaftlichen Lehrstuhl heute überwiegend aus – immer wieder neu einzuwerbenden – Drittmitteln erfolgt, und die Leitung eines großen ingenieurwissenschaftlichen Lehrstuhls damit absolut mit der eines mittelständischen Unternehmen zu vergleichen ist.

Lehrstuhlinhaber für Ingenieurswissenschaften

Lehrstuhlinhaber der Ingenieurswissenschaften sind darüber hinaus oft an Firmen beteiligt: Über diese werden zum einen Industrieaufträge durchgeführt, die z. B. wegen Geheimhaltungsanforderungen von Industriepartnern nicht immer innerhalb universitärer Strukturen durchgeführt werden können. Zum anderen dienen diese Unternehmen häufig der Verstetigung von Ergebnissen bis hin zur Serienreife oder Consulting-Aufgaben.

Das hier entstehende Know-how fließt rückwärts wieder in die Lehrstühle ein, Kooperationen mit der Universität werden angebahnt, und für Studierende und Absolventen der Ingenieurswissenschaften bieten sich interessante Optionen. Solche Konstruktionen werden daher an vielen Universitäten unterstützt und gefördert – ebenso wie Ausgründungen aus Lehrstühlen. Da Professoren bis zu 20 Prozent ihrer Arbeitszeit zusätzlich in Nebentätigkeiten wie Beratung, Aufsichtsratstätigkeiten und Tätigkeiten in angeschlossenen Firmen investieren dürfen, kann durch diese „assoziierten Unternehmen“ auch das Gesamteinkommen über die Besoldung hinaus deutlich gesteigert werden.

Ingenieurswissenschaften: Oberingenieure an der Uni

Aus dieser Skizze moderner Großinstitute für Ingenieurswissenschaften ergibt sich unmittelbar ein zweites Tätigkeitsfeld von Ingenieuren an der Universität: Große Lehrstühle sind nicht nur von der Größe mit mittelständischen Unternehmen vergleichbar, sie müssen auch entsprechend professionell geführt werden, wenn sie erfolgreich bleiben wollen. Lehrstuhlinhaber brauchen deshalb einen (oder mehrere) Stellvertreter, etwa vergleichbar mit einem stellvertretenden Geschäftsführer in der Industrie. Hierfür kommen in der Regel promovierte Ingenieure in Betracht, die nicht notwendigerweise über eine längere Industriekarriere verfügen müssen – wenngleich eine solche natürlich nie schadet.

Positionen als Oberingenieur in den Ingenieurswissenschaften werden üblicherweise nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in der Entgeltstufe E14 oder E15 entlohnt. Es ist in Einzelfällen – und standortabhängig! – auch eine Verbeamtung möglich, die nach etwa zwei bis drei Jahren auf Lebenszeit erfolgen kann. Hierbei gibt es interessanterweise eine automatische Erhöhung der Bezüge mit dem Alter. Als rechte Hand des Chefs besteht außerdem die Möglichkeit, durch Nebentätigkeiten insbesondere in am Institut angeschlossenen Unternehmen weitere Einkommenserhöhungen zu erzielen.

Ingenieurswissenschaften: Vielleicht sogar die Hochschulleitung?

Als drittes Tätigkeitsfeld für Absolventen der Ingenieurswissenschaften an der Universität sind Leitungspositionen in der zentralen Verwaltung und schließlich der Leitungsebene selbst zu nennen. Hier sind etwa im Controlling oder im Büro des Präsidiums/Rektorats Führungspersönlichkeiten anzutreffen, die auf eine lange Universitätserfahrung zurückblicken und sich daher umfassend mit universitären Strukturen auskennen. Die Promotion wird dabei in der Regel erwartet, die Entlohnung nach TV-L erfolgt üblicherweise nach Entgeltstufe E14 oder E15, die Arbeitsverträge sind unbefristet, auch hier ist wieder eine Verbeamtung in Einzelfällen möglich.

Auch Karrieren als Kanzler oder Vizepräsident für Finanzen sind denkbar – hier waren in der Vergangenheit vorwiegend Juristen anzutreffen, derzeit gibt es klare Hinweise auf Veränderungen in diesen Strukturen – auch Absolventen der Ingenieurswissenschaften kommen infrage. Für diese Positionen kommen Verbeamtungen in Betracht, in der Regel nach höheren Kategorien der B-Besoldung. Leitungstätigkeiten in der zentralen Verwaltung einer Hochschule dienen außerdem als Sprungbrett für die weitere Karriere im außeruniversitären, jedoch wissenschaftsnahen Umfeld – so ist etwa der amtierende Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz ein promovierter Wirtschaftsingenieur mit Schwerpunkt Maschinenbau; Zwischenstationen dieser Karriere waren „Leitung Controlling“ und „Leitung Präsidialamt“ einer großen technischen Universität.

Fazit zur Karriere in den Ingenieurswissenschaften an der Uni

Universitäten bieten insgesamt ein attraktives Arbeitsfeld für Ingenieure weit über die Promotionszeit hinaus. Auch wenn die Anzahl der Stellen in den Ingenieurswissenschaften  an der Universität vergleichsweise klein ist, brauchen die Universitäten hinsichtlich der Entlohnung den Vergleich mit Industrie und Wirtschaft nicht zu scheuen. Große Gestaltungsmöglichkeiten machen den Wissenschaftsbereich außerordentlich attraktiv – ein hoch quirliges Umfeld und der ständige Austausch mit Kollegen, Nachwuchswissenschaftlern und Studierenden machen Universitäten zu einem Zentrum hoher Faszination, Kreativität und Innovation am Puls der Zeit.

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. Sabina Jeschke

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