Interdisziplinarität in Unternehmen
Die Unternehmen versprechen sich viel von Interdisziplinarität. Erst durch die Zusammenführung vieler verschiedener linearer Denkweisen, unter Nutzung von Synergieeffekten, ergibt sich eine hohe Innovationskraft und der entscheidende Wettbewerbsvorteil. Schließlich ist aus der Kunst hinlänglich bekannt, dass der Prozess zur Schaffung eines Kunstwerkes nicht linear verläuft.
Kein Wunder also, dass Ingenieure auf ihre Fähigkeiten in Interdisziplinarität und Managementaspiranten auf ihre Schnittstellenqualitäten im Bewerbungsprozess und der Probezeit gecheckt werden. Im Lebenslauf gibt es verschiedene Stellen, an denen auf Interdisziplinarität und Schnittstellenqualitäten eingegangen werden kann. Das kann schon bei den Studienstationen passieren. Hochschulen bemühen sich verstärkt fachübergreifendes Denken und Arbeiten zu vermitteln.
Da gibt es ein breites Angebot an Nebenfächern zum eigentlichen Studienfach, die interdisziplinären Studienfächer wie Mechatronik und Optoelektronik oder Praktika, in denen Studenten unterschiedlicher Fachrichtung an innovativen Lösungen zu einer Problemstellung aus der Industrie arbeiten. Auf diese Tatsache kann im Lebenslauf im Telegrammstil hingewiesen werden, etwa durch Anmerkungen wie „Interdisziplinarität im Studium“, oder „Mitarbeit in interdisziplinären Projektteams“. Diplomarbeiten, Promotionen usw. können gleichfalls interdisziplinär angelegt sein und sollten entsprechend im Lebenslauf gewürdigt werden.
Erfahrungen in Interdisziplinarität dokumentieren
Zudem können zu Berufsstationen Tätigkeitsschwerpunkte wie Interdisziplinarität dokumentiert werden. Ein Projektmanager bemerkt: „Schnittstellenmanagement von internen Bereichen, Kunden und Lieferanten“. Ein Entwicklungsleiter führt explizit zu jeder seiner Berufsstationen das Stichwort „Schnittstelle“ auf und dokumentiert dazu einzelne Aktivitäten wie: „Entwicklung neuer Produktkonzepte mit Kunden, Zusammenarbeit mit dem Vertrieb in allen Marketingprozessen, Steuerung der interdisziplinären Entwicklungsteams“ usw.
Interdisziplinarität und Schnittstellenqualitäten werden im Vorstellungsgespräch, je nach Tendenz des Anforderungsprofils, mehr oder weniger stark abgeklopft. Unabhängig davon sollte der Ingenieur von sich aus diese Themen ansprechen, wenn die Vermutung nahe liegt, dass sie eine Schlüsselrolle spielen, wie etwa im Produktmanagement, Produktionsengineering, Qualitätsmanagement, im Arbeitsschutzmanagement usw. Der Ingenieur kann zudem in den eigenen Fragen und Antworten diesbezügliche Fähigkeiten, Qualifikationen und Erfahrungen abbilden.
Interdisziplinarität: Beispiele aus der Praxis vorstellen
Hilfreicher als theoretische Abhandlungen sind Beispiele aus der Berufspraxis: „Ich kann mir gut vorstellen, als Product-Engineer die Produktionsprozesse im Team zu gestalten und zu optimieren. Aus meinem Studium der Mechatronik bringe ich Interdisziplinarität für Fragen zu Elektromechanik, Mikroelektronik, System- und Steuerungstheorie sowie der Informatik mit. Während meiner aktuellen Tätigkeit ergeben sich einige Schnittstellen zu Entwicklung und Vertrieb. Um Projekte erfolgreich abzuschließen, kooperiere und kommuniziere ich stark mit Führungskräften des Hauptwerkes, inländischen und ausländischen Gesellschaften.“
Mangelnde Interdisziplinarität und Schnittstellenqualitäten fallen in der Probezeit schnell auf, zumindest in Jobs, in denen sehr stark fachübergreifend mit Kollegen aus anderen Funktionsbereichen oder Disziplinen zusammengearbeitet werden muss. Stellt sich heraus, dass dem betreffenden Kandidaten diese Art zu arbeiten fremd ist, wird er sich wahrscheinlich schon in der Probezeit disqualifizieren.
Interdisziplinarität: Keine Schnittmengen übersehen
Die Bereitschaft der anderen Mitglieder, sich mit dem wenig kooperativen Neuling einzulassen, wird schnell sinken. Aber auch mangelndes Verständnis für Interdisziplinarität fällt auf. Wenn ein Projektingenieur, ein Projekt- oder Linienmanager entscheidende übergreifende Aspekte bei seiner Arbeit übersieht, sein Koordinations- und Kommunikationsvermögen nur schwach ausgeprägt sind oder ihm die Integrationskraft fehlt, kann ihn das schnell Kopf und Kragen kosten.
Gerade in stark funktionsorientierten Unternehmen existieren zahlreiche Schnittstellen mit hoher Intensität. Dadurch wird das Abteilungsdenken gefördert und es entstehen vielerlei Reibungspunkte zwischen den Abteilungen. Hier das Schnittstellenmanagement auszufüllen und Interdisziplinarität an den Tag zu legen, fällt schwer. Das Risiko, bereits an dieser Aufgabe in der Probezeit zu scheitern, ist hoch. Anders sieht es in prozessorientierten Unternehmen aus. Es existieren meist flache Hierarchien und Netzstrukturen, die die Interdisziplinarität fördern und Schnittstellen reduzieren. Diese Aufbauorganisation kommt jedem Neuling in der Regel entgegen.
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