Ist Fortbildung zwingend notwendig?
Die Forderung nach Fortbildung wird von den Unternehmen und der Weiterbildungsbranche nicht ohne Absicht gerne in die Diskussion gebracht. Gerade im Zuge von unternehmensnotwendigen „Personalverschiebungen“ versuchen Unternehmen gerne, einen Arbeitnehmer in eine Berufsrichtung zu drängen, die der Betroffene möglicherweise wenig priorisiert.
Unter dem Deckmantel des lebenslangen Lernens bekommt er eine Fortbildung als großen beruflichen Fortschritt verkauft. Die Weiterbildungsbranche setzt zum Teil auf die Verunsicherung der Arbeitnehmer hinsichtlich der Erhaltung der Arbeitsplätze. Andere Anbieter schüren hochfliegende Karrierefantasien, deren Realisierung mit einer entsprechenden Weiterbildung leichter falle. Immer innovativere und teuere Weiterbildungsmaßnahmen werden kreiert, häufig unabhängig davon, ob das Gelernte in der Praxis verwendet oder umgesetzt werden kann oder gar die versprochenen Vorteile bringt.
In der ganzen Weiterbildungsdiskussion ist wichtig, dass der Einzelne den Überblick behält, seine Fortbildung systematisch, nüchtern und wenig emotional angeht. Schließlich geht es darum, viel Geld und Zeit zu investieren. Am besten ist die Verknüpfung von Standortbestimmung (Karrierestatus) und Karriere- und Weiterbildungsplanung. Am Anfang steht die Analyse der eigenen Qualifikationen und Erfahrungen. Sie werden den Karrierezielen gegenübergestellt, von denen Weiterbildungsmaßnahmen abgeleitet werden.
Weiterbildung: selbstverständlich und hoffentlich gut geplant
Eigene Vorschläge zur Fortbildung machen
Wer über eine klare Karriereplanung verfügt, kann zudem leicht Maßnahmen zur Fortbildung beurteilen, die z.B. von der Personalabteilung vorgeschlagen werden. Außerdem können eigene Vorschläge gut begründet an die Personalabteilung heran getragen werden. Sieht ein junger Ingenieur seine berufliche Zukunft im Produktmanagement, müssen eben daran die Weiterbildungsmöglichkeiten festgemacht werden.
Die umfangreiche Analyse von Stellenanzeigen und der gründliche Einblick in Branchen und Funktionsbereiche fördern die gefragten Qualifikationen zu Tage. Daraus können Defizite und eine zielgerichtete Fortbildung abgeleitet werden. Was der Arbeitsmarkt nicht nachfragt ist „nice to have“, nicht mehr und nicht weniger. Nur ein Anhäufen von Qualifikationen bringt nichts, wenn dadurch der „Rote Faden“ im Lebenslauf verloren geht. Gerade Ingenieure sollten darauf achten, dass nicht zuviel Management- oder Betriebswirtschaftsweiterbildung ihren Lebenslauf verwässert. Um nicht den Anstrich des Theoretikers zu bekommen, sollte die Weiterbildung in einem gesunden Verhältnis zur Berufspraxis stehen. „Lernen und Anwenden!“ lautet die Erfolgsformel.
Das Budget für die Fortbildung
Um über die konkrete Fortbildung (Inhalt, Dauer, Bildungsträger, Form der Weiterbildung) zu entscheiden, muss das Weiterbildungsbudget feststehen. Es muss klar sein, wie viel Geld privat in das Thema Weiterbildung investiert werden kann oder soll. Zudem ist im Fördergespräch zu prüfen, wie viel Geld der Arbeitgeber für die persönliche Weiterbildung bereitstellt und ob die Gelder an bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen geknüpft sind. Daneben ist Weiterbildung auch eine Frage der Zeit.
Wie viel Zeit kann wirklich für die Fortbildung bereitgestellt werden, um Job, Privatleben und Weiterbildung sinnvoll zu kombinieren? Weiterbildungsmaßnahmen müssen nicht immer groß und teuer sein. Man muss eben nicht gleich das MBA-Programm in Harvard oder Yale buchen, um zu verstehen, wie Marketing funktioniert. Ohnehin ist es häufig sinnvoller, gezielten und intensiven Einzelmaßnahmen den Vorzug vor großen Programmen zu geben, die häufig mit unnötigem Ballast aufgebläht sind.
Fortbildung: Den Arbeitgeber einweihen
Letztlich heißt die Frage, wann und wie der eigene Arbeitgeber in die Absichten zur Fortbildung eingeweiht werden soll. Es kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der gleiche Arbeitgeber, der lebenslanges Lernen von seiner Belegschaft fordert, beabsichtigten Weiterbildungsmaßnahmen der Mitarbeiter offen gegenübersteht. Schnell werden Befürchtungen laut, der Betroffene könne sich nicht mehr mit 100%-iger Kraft um seinen Job kümmern, oder er würde aus einer abgeschlossenen Weiterbildung dann Karriereambitionen anmelden, die im Unternehmen nicht erfüllt werden können.
Findige Personalabteilungen unterstellen eine tiefergehende Unzufriedenheit am Arbeitsplatz und manch ein Chef fürchtet, zukünftig in seinen Kompetenzen angegriffen zu werden. Inwiefern der eigene Arbeitgeber in die Pläne zur Fortbildung eingeweiht wird, hängt davon ab, was sich der Einzelne davon verspricht. Sicherlich ist es optimal, wenn der Arbeitgeber die Weiterbildung mit Geld oder Zeit unterstützt. Häufig ist es aber besser zu schweigen, die Maßnahme durchzuziehen und sie beim nächsten internen oder externen Stellenwechsel in die Waagschale zu werfen.
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