Jobwechsel: Nicht zu schnell und zu oft
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sollte ein Jobwechsel gut überlegt sein. Der vermeintliche Karrieresprung kann leicht daneben gehen. Ohne wirklichen Anlass sollte ein sicherer Arbeitsplatz bei einem guten Arbeitgeber nicht geräumt werden.
Besonders sollten Menschen, die eine hohe soziale Verantwortung gegenüber der Familie oder sonstigen Personen tragen, auf riskante Jobwechsel verzichten. Dort, wo heute die Geduld für den Verbleib beim aktuellen Arbeitgeber oder für die Suche eines passenden neuen Arbeitgebers fehlt, ist der Fehltritt vorprogrammiert. Oftmals wird ein Stellenwechsel aus falscher Eitelkeit vollzogen. Da kehrt der General Manager eines deutschen Unternehmens in Asien nach good old Germany zurück. Die Enttäuschung des promovierten Ingenieurs ist grenzenlos. Gestern war er noch für eine große Mannschaft und umfangreiche Budgets verantwortlich. Heute sitzt er in einer Stabstelle in Deutschland und hat auf das Unternehmensgeschehen wenig Einfluss.
Wer kann es ihm da verdenken, dass er mit den Gedanken an einen Jobwechsel spielt. Dennoch sollten Abwanderungsentscheidungen nicht zu schnell getroffen, Leistungen und Ambitionen beim aktuellen Arbeitgeber nicht zu früh eingefroren werden. Jeder Rückkehrer muss sich im Klaren sein, dass er sich in der heimischen Zentrale erst wieder eine verantwortliche Stelle erkämpfen muss. Niemand hat auf ihn gewartet und die Organisation konnte in der Vergangenheit auch ohne ihn überleben. Also muss sich der Rückkehrer zunächst wieder mit dem heimischen Parkett vertraut machen und danach ganz nüchtern seine Chancen bewerten. Das braucht mindestens ein Jahr Zeit. Erst danach sollte eine so weitreichende Entscheidung wie die eines Arbeitgeberwechsels getroffen werden.
Zu viele Illusionen beim Jobwechsel
Andere, insbesondere jüngere Ingenieure, treten häufig mit der großen Illusion einen Jobwechsel an, dass die Welt bei einem anderen Arbeitgeber viel besser aussieht. Die Enttäuschung ist jedoch meist groß. Erfahrene Berufspraktiker wissen: Die Menschen und Spielregeln sind in (fast) allen Unternehmen gleich, die fachlichen und zwischenmenschlichen Probleme ähneln sich stark. Mit dieser Intention sollte daher nur dann ein Stellenwechsel angetreten werden, wenn die Situation beim aktuellen Arbeitgeber unerträglich ist, mentale und physische Probleme oder der Arbeitsplatzverlust durch Kündigung zu befürchten sind.
Manchmal fühlen sich Ingenieure auch auf Grund falsch interpretierter Karriereregeln zum Jobwechsel gezwungen. Niemand muss nach fünf Jahren Verweilzeit den Arbeitgeber wechseln, wenn dieser einen sicheren Arbeitsplatz bietet, der möglicherweise noch Entwicklungspotenzial zeigt. Aufgeschnappte angebliche „Karriereregeln“ sollten in diesem Fall einfach nicht beachtet werden.
Altersgrenzen sind kein Grund für einen Jobwechsel
Gleiches gilt bei Erreichung der kritischen Altersgrenzen von 40 bzw. 50 Jahren. Wer kurz vor dieser Grenze steht, kann sie zwar als gute Begründung für einen Stellenwechsel im Vorstellungsgespräch anbringen. Anlass für einen Jobwechsel sollten die Altersgrenzen aber nicht sein. Schon werden die Stimmen der Kritiker laut. Zu langes Verharren bei einem Arbeitgeber und auf einer Stelle bedeute „Stillstand“. Es gehe weder mit der Bezahlung noch mit den Verantwortlichkeiten so recht aufwärts. Zweifel am Karrierebiss des Kandidaten kommen auf.
Die Reaktion darauf sollte sein: Na und? Ein Fehlgriff in diesen Zeiten, der mit der Hoffnung auf eine schnelle und steile Karriere verbunden ist, stellt keine Seltenheit dar. Die Konjunkturkrise hinterlässt bereits tiefe Spuren in vielen Lebensläufen. Es reihen sich kurze Stationen aneinander, gefolgt von mehr oder weniger glücklichen selbstständigen Engagements oder viel versprechenden Weiterbildungsaktivitäten, die dann doch nichts brachten. Andere Lebensläufe führen nach einem falschen Jobwechsel in die Arbeitslosigkeit.
Jobwechsel: Alle Auswirkungen bedenken
Selbstverständlich sind nicht alle Ingenieure für ihren flatterhaften Lebenslauf in den letzten Jahren verantwortlich. Betriebsschließungen, Restrukturierungen, Rationalisierungsvorhaben oder die Unternehmenspolitik der Gewinnoptimierung sind in vielen Fällen die Hauptverursacher. Umso mehr gilt: Wer bei stürmischer See im sicheren Hafen liegt, sollte abwarten, bis sich die Wogen glätten, um dann bei glatter Fahrt mühelos ans Ziel zu gelangen. Wer bislang die unruhigen Zeiten aus beruflicher Sicht gut überstanden hat, sollte sich noch etwas in Geduld üben und einen Jobwechsel in allen ihren Auswirkungen gründlich überlegen. Die Zeit arbeitet in der heutigen Situation nicht gegen, sondern für den geduldigen Karrieremacher.
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